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Belgische Pannen-AKWs: Deutschland ist machtlos

Nach ihrem Besuch in Belgien musste Umweltministerin Barbara Hendricks zugeben: Deutschland kann den belgischen Behörden bei der Aufsicht der Atomreaktoren nicht reinreden. Dennoch wurde eine Kooperation vereinbart. Die Region Aachen will klagen.

03.02.2016 – Neben Umweltschützern, Anwohnern und Oppositionspolitikern hält auch die Bundesregierung die belgischen Pannen-Reaktoren Tihange 2 und Doel 3 für nicht sicher. Bereits seit Jahren machen diese immer wieder Schlagzeilen wegen Tausender feiner Risse in den Reaktordruckbehältern, wegen Bränden in den Atomanlagen oder undichten Kühlwasserbehältern. In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz schauen die Menschen schon lange besorgt nach Westen, die Bundesregierung hatte stets betont, sie sei machtlos. Nun war Umweltministerin Barbara Hendricks zu Besuch bei den Nachbarn und sprach mit dem zuständigen belgischen Innenminister Jan Jambon sowie Energieministerin Marie-Christine Marghem.

Hendricks Fazit: Deutschland sei machtlos und könne Belgien nichts vorschreiben. Sie habe ohnehin nicht erwartet, dass die Belgier nun die Reaktoren nach dem Treffen stilllegen, so Hendricks. Es gehe darum, die Sorgen vorzutragen und in Dialog zu treten. Die belgische Atomaufsichtsbehörde Federaal Agentschap voor Nucleaire Controle (FANC) betonte erneut, sie halte den Betrieb der Atomreaktoren für sicher. Dennoch soll es eine grenzübergreifende Zusammenarbeit zum Thema Reaktorsicherheit geben. Eine Liste mit Fragen zur Sicherheit von Tihange 2 und Doel 3 sollen die Belgier zunächst beantworten, anschließend kommt im März eine gemeinsame Arbeitsgruppe auf Fachebene zusammen. Auch gegenseitige, grenzübergreifende Kraftwerkinspektionen sind geplant.

Bis 2025 will Belgien ohnehin aus der Atomkraft aussteigen, doch Doel 3 und Tihange 2 sollen noch bis 2022 und 2023 weiterlaufen, daran hält die belgische Regierung fest. Unterdessen wurde bekannt, dass die beiden Reaktoren offenbar sogar zu marode für das Kühlwasser sind. Weil die übliche Kühlwassertemperatur von unter 10 Grad Celsius die Reaktordruckbehälter schädigen könnte, wird es seit 2012 auf 30 Grad Celsius hochgeheizt. Hintergrund sind die Tausenden feinen Risse im Behälter. Die Aufsichtsbehörden fürchten, dass es beim Füllen der riesigen unter großem Druck stehenden Stahlbehälter mit kaltem Wasser zu einem thermischen Schock kommen könnte, der die Behälter beschädigt oder zerstört.

Region Aachen will gleich mehrfach klagen

Eine drastische Folge des Verlusts von Kühlwasser könnte wie in Fukushima eine Kernschmelze sein, berichtet der WDR. Für den Reaktor Doel kündigte die Aufsichtsbehörde FANC sogar eine Erhitzung auf 45 Grad an. Ab 50 Grad wäre das Wasser zu warm zum Kühlen eines abgeschalteten Atomreaktors. Experten der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Köln bestätigten dem WDR, dass das Vorheizen von Notkühl-Wasser ein Verfahren sei, das bereits angewandt wird. Allerdings nur in Atomreaktoren in Russland und osteuropäischen Staaten, die als wenig sicher gelten.

Die Städteregion Aachen, bestehend aus zehn Kommunen, will zwei Klagen gegen den 70 Kilometer von Aachen entfernt stehenden Reaktor Tihange 2 einreichen. Die erste Klage vor einem Brüsseler Gericht soll sich gegen den Betrieb im Allgemeinen richten. Die Klage vor dem höchsten Verwaltungsgericht richtet sich dagegen gegen die Wiederaufnahme des Betriebs Ende 2015. Darüber hinaus erwägt die Region, einer Klage der Umweltschutzorganisation Greenpeace gegen den Betrieb von Tihange 1 beizutreten. Auch NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) prüft derzeit eine Unterstützung der Klage Aachens gegen Tihange 2. cw


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