Menü öffnen

Einen Schritt vorwärts, zwei zurückEin Kohleausstieg sieht anders aus

Greenpeace-Protest gegen das neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4
Greenpeace-Protest während der Uniper-Hauptversammlung am neuen Steinkohlekraftwerk Datteln 4, das bald vollständig ans Netz angeschlossen wird. (Foto: © Julius Schrank/Greenpeace)

Eigentlich will Deutschland aus der Kohle aussteigen. Eigentlich. Der Braunkohle-Tagebau Garzweiler wird unnötigerweise erweitert, ein neues Kohlekraftwerk ans Netz angeschlossen. Die Proteste gegen das neue Kohlekraftwerk Datteln 4 verschärfen sich.

25.05.2020 – Im nordrhein-westfälischen Braunkohlerevier soll allen aktuellen energiewirtschaftlichen Entwicklungen zum Trotz die Kohleförderung erweitert und weitere Dörfer zerstört werden. Damit Deutschland sein Treibhausgasbudget einhält, dürften in den Tagebauen Hambach und Garzweiler II ab Januar 2020 eigentlich nur noch maximal 280 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert werden. Dies entspricht einer Beschränkung der globalen Erhitzung auf maximal 1,75 Grad, wie eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und seiner Expertengruppe Coalexit im Auftrag von Greenpeace zeigt.

„Ministerpräsident Laschet darf sich nicht vor den Karren von RWE spannen lassen. Er muss die Leitentscheidung für die Tagebaue anpassen“, sagt Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid. „Die sinnlose Zerstörung der Dörfer für Kohle muss endlich aufhören.“

Aus dem CO2-Budget, das der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) angepasst an die Pariser Klimaziele errechnet hat, haben die Wissenschaftler eine Höchstfördermenge an Braunkohle bestimmt. Demnach müsste eigentlich kein einziges weiteres Dorf den Baggern weichen. Je nach angenommen Abbau-Szenario werden die klimapolitisch noch vertretbaren Fördermengen teilweise um ein Dreifaches überschritten.

Kohlestrom verliert an Bedeutung

Angesichts der aktuellen energiewirtschaftlichen Lage ist das nicht mehr zu rechtfertigen, die Nachfrage nach Braunkohle sinkt immer weiter. Eine hohe Einspeisung der Erneuerbaren Energien sorgt mit niedrigen Gaspreisen derzeit dafür, dass der Kohlestrom immer mehr gedrosselt werden muss. Gegenüber dem Vorjahr ging die Strommenge des besonders klimaschädlichen Energieträgers um 37,2 Prozent zurück. Dementsprechend müsste nun auch die Förderung von Braunkohle zurückgefahren werden.

Derzeit beträgt der Braunkohleanteil an der Nettostromerzeugung in Deutschland im Jahr 2020 nur 13,5 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt noch etwa 20 Prozent. „Die von RWE geplanten Kohleabbaumengen sind maßlos überhöht und ignorieren die beschlossenen Klimaziele. Hier muss die Politik einschreiten und die Profitgier des Energiekonzerns bremsen“, fordert Smid daher.

Widerstand gegen neues Kohlkraftwerk wächst

Und während auch weiterhin kräftig Braunkohle abgebaut werden soll, obwohl dessen Anteil an der Stromerzeugung im Sinkflug ist, soll noch in diesem Jahr ein neues Steinkohlekraftwerk in Deutschland ans Netz gehen. Mit einer Leistung von 1.100 Megawatt ist Datteln IV ein gigantisches Kraftwerk. Unter anderem hatte sich auch die Kohlekommission dafür ausgesprochen, den Kohlemeiler nicht ans Netz zu nehmen.

In der vergangenen Woche protestierten deshalb Aktivisten von Greenpeace, Ende Gelände, Fridays for Future und weiteren Organisationen zusammen gegen Datteln IV – parallel zur Hauptversammlung des zuständigen Energiekonzerns Uniper. Sie forderten ein Aus für die Anlage. „Dass man in 2020 – nach 1,5 Jahren Klimastreik, in Mitten der Klimakrise, trotz beschlossener Energiewende – auf die Idee kommt ein neues Kohlekraftwerk anzuschalten, ist an Absurdität kaum zu schlagen. Eine in Zement und Stahl gegossene Verantwortungslosigkeit“, schreibt Klimaaktivistin Luisa Neubauer auf Twitter.

Zusätzliche 40 Millionen Tonnen CO2

Etwa 82 Prozent des Stroms, der im Kraftwerk Datteln IV produziert wird, kann Uniper an die Deutsche Bahn und RWE verkaufen – dank alter Verträge aus dem Jahr 2007 zu viel zu hohen Preisen. Obwohl Uniper ältere Kohlemeiler vom Netz nehmen wird, rechnet die Bundesregierung mit zusätzlichen CO2-Emissionen in Höhe von 10 Millionen Tonnen, das DIW kam bei eigenen Berechnungen sogar auf 40 Millionen Tonnen CO2.

Mit Datteln 4 steigt der Ausstoß an Treibhausgasen„Mit Datteln 4 steigt der Ausstoß an Treibhausgasen,“ sagt Lisa Göldner, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace. „Mitten in einer sich beschleunigenden Klimakrise wäre es katastrophal, Datteln 4 in Betrieb zu nehmen. Statt eines weiteren Kohlekraftwerkes brauchen wir einen massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien“.

Bis Datteln IV dann im Sommer endgültig ans Netz gehen soll, läuft das Kohlekraftwerk weiter im Probebetrieb. Bereits im April erreichte es unter den Steinkohlemeilern die höchste Stromerzeugung in Deutschland. Ein fragwürdiger Rekord. jk


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Denkender Bürger 26.05.2020, 20:32:34

Solange es keine ausreichenden Speicher zur Überbrückung von Dunkelflauten bei der Energieerzeugung aus Wind und Sonne gibt, werden wir von den fossilen Energieträgern nicht loskommen.

Und in der Zeit, bis die entsprechenden alternativen Energieanlagen nebst Speichern errichtet sind, mußt die benötigte Energie irgendwo herkommen.

Das können oder wollen zwar einige Leute nicht verstehen, es kommt aber keiner um diese simplen technologischen Fakt herum.

sonnenstromer 31.05.2020, 13:13:28

+66 Gut

Darf ich Sie an diesen Kommentar errinnern? Gerade so wie es Ihnen passt:

 

"Denkender Bürger 12.05.2020, 09:30:11

 

Haben Sie sich mal mit ..... insbesondere mit der Methode Power to Gas beschäftigt?

 

Da wird aus Sonnenenergie oder Windkraft künstlich Methan erzeugt.

 

Dieses hat erdgasähnliche EIgenschaften.

 

Man könnte man also problemlos in Speicher stecken und sich bei der Energieerzeugung bedarfsweise daraus bedienen - insbesondere bei sog. Dunkelflauten, wo Sonne und Wind nicht in der Lage sind, den Ernergiebedarf zu decken. Einfach ab damit ins Gaskraftwerk - und schon hat man genügend Elektro-Energie.

 

Zudem könnte man das so erzeugte Methan auch für Heizungsanlagen nutzen - man müßte diese nur entsprechend umrüsten. Sogar eine Nutzung für Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor ist technisch möglich - eine einfache Umrüstung würde genügen!

 

Das Leitungsnetz für den Transport des Methans wäre schon weitgehend vorhanden - einfach ab in die vorhandenen Gasleitungen damit. "


Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft