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Nordrhein-WestfalenKoalitionsverhandlungen im Zeichen Erneuerbarer Energien

Luftaufnahme eines Gebäudes, dass sich aus vielen rundlichen Teilen zusammensetzt
Blick auf den Landtag Nordrhein-Westfalens in Düsseldorf. Am 15. Mai wurden die Landtagsabgeordneten neu gewählt. (Bild: Островский Александр, Киев, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Die Verhandlungen zwischen CDU und Grünen für eine neue Regierung in NRW starten. In einem Sondierungspapier werden deutlich mehr Flächen für Erneuerbare Energien versprochen. Bei der Windenergie zeigt eine neue Studie wie das funktionieren kann.

31.05.2022 – Am Dienstag letzter Woche starteten die Sondierungen zwischen CDU und Bündnis 90/Die Grünen für ein neues Regierungsbündnis in Nordrhein-Westfalen. Am Freitag legten die möglichen Koalitionäre bereits ein zwölfseitiges Sondierungspapier vor, auf dessen Grundlage die Gremien der beiden Parteien am Sonntag für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen stimmten, die am heutigen Dienstag beginnen.

Versprochen wird in dem Sondierungspapier eine deutliche Ausweitung der Nutzbarmachung von Flächen für Erneuerbare Energien. So wolle man die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sämtliche für Photovoltaik geeignete Flächen (bebaute und versiegelte Flächen, Verkehrswege, Wasser- und schwache Agrarflächen usw.), genutzt werden können. Auch solle mittels eines Masterplans die vorhandenen Potenziale der Geothermie gehoben und durch eine Wärmepumpenoffensive in Verbindung mit der Möglichkeit kommunaler Wärmeplanung die Gasabhängigkeit deutlich reduziert werden.

Abschaffung pauschaler Abstandsregeln?

Bei der Windenergie sollen mindestens 1.000 zusätzliche Anlagen entstehen. Dafür wird die Abschaffung der pauschalen Abstandsregelung von 1.000 Metern von Windkraftanlagen zur nächsten Siedlung in Aussicht gestellt. Zudem soll das Repowering erleichtert und Forste für Windanlagen geöffnet werden. Eine neue Studie von Nefino, einem Datenanalyse-Spezialist aus Hannover, im Auftrag des Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) NRW zeigt, dass NRW für den benötigten Ausbau der Windenergie über eine nutzbare Fläche von 95.000 Hektar, das sind 2,8 Prozent der Landesfläche, verfügt, wenn die pauschalen Abstände zur Wohnbebauung wegfallen, sowie Wirtschaftsforste zur Nutzung von Windenergie geöffnet werden. Auch die geplante Reduzierung von Abständen um Flugnavigationsanlagen und Wetterradaren auf Bundesebene wurde in der Analyse einberechnet.

Zudem müsste der gesetzlich festgelegte Abstand zu seismologischen Stationen verringert werden. Diese Stationen messen mögliche Erdbeben, aber in bestimmten Bereichen auch die Schwingungen von Windenergieanlagen, weshalb Windenergieanlagen teilweise in einem mehrere Kilometer großen Umkreis zu seismologischen Stationen verboten sind. Neuere Analysen zeigen jedoch, dass diese Schwingungen gefiltert und rausgerechnet werden können, was Abstandsregelungen nichtig machen würde.

Breite Unterstützung für Öffnung von Wirtschaftsforsten

Die geplante Öffnung von Wirtschaftsforsten erhält derweil Unterstützung einer breiten Allianz, von Umweltschützern des Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) NRW, dem LEE NRW, bis hin zum Waldbauernverband NRW. In einem gemeinsamen Positionspapier erklärten BUND und Waldbauernverband im Vorfeld, dass es zwar weiterhin Tabuflächen für Windenergieanlagen geben müsse, doch in vielen Forsten, also bewirtschafteten Wäldern, sollten die Chancen für Windenergie konsequent genutzt werden.

So würde eine Windkraftanlage über bestockten Flächen keine Belastung für die unter ihr wachsenden Bäume und Sträucher darstellen. Insbesondere auf den Höhenrücken von Mittelgebirgen seien bislang viele ungenutzte Potenziale vorhanden. „Es gibt keine Gründe des Naturschutzes, Windenergieanlagen in Forsten grundsätzlich auszuschließen. Waldökosysteme müssen tabu bleiben. Aber gerade auch die Kalamitätsflächen bieten Raum für die Windenergienutzung bei zeitgleicher ökologischer Aufwertung durch eine natürliche Wiederbewaldung“, sagt Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND NRW.

Mit Kalamitätsflächen werden Waldgebiete bezeichnet, die absterben, hervorgerufen durch zunehmende Hitze und Dürren in NRW. „Die im Zeitraum der Sommerdürren von 2018 bis 2020 abgestorbenen Forste sind Keimzellen der Waldentwicklung in NRW. Insbesondere vor dem Hintergrund der kurzfristig erforderlichen Beschleunigung der Windenergieerzeugung sollen diese, neben Forsten mit Baumarten, die im Schwerpunkt jünger als 70 Jahre sind, auch für Windenergieanlagen geöffnet werden können. Unter den Anlagen bleibt in den folgenden Jahrzehnten Raum für eine Waldentwicklung.“ So steht es in dem Positionspapier.

Lützerath weiter in Gefahr

Kritik übt Jansen am Plan für den Braunkohleabbau im Sondierungspapier. „Schwarz-Grün gibt offenbar das 1,5 Grad-Ziel auf, benennt kein Datum für die angestrebte Klimaneutralität und vermeidet eine klare Bestandsgarantie für die Garzweiler-Dörfer. Und Lützerath soll offenbar ohne Not den Braunkohlenbaggern geopfert werden. Mit Klarheit und Sicherheit für die Menschen im Rheinischen Revier hat das wenig zu tun“, so Jansen.

Grüne und CDU sprechen sich für einen Kohleausstieg 2030 in NRW aus und für einen Bestand aller Dörfer im sogenannten dritten Umsiedlungsabschnitt im Rheinischen Revier. Damit werden die fünf Dörfer Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich sowie Beverath erhalten bleiben. Doch Lützerath könnte weiter für den Kohleabbau im Tagebau Garzweiler abgebaggert werden. Klimaaktivst:innen wie auch Wissenschaftler:innen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung mahnen, dass mit der Verbrennung von Kohle unter Lützerath Deutschland seine Klimaziele verfehlen würde. mf


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