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BraunkohleKohleausstieg im Rheinischen Revier bis 2030

Kohlekraftwerke im Rheinischen Revier
Der Kohleausstieg Deutschlands wird auf 2030 vorgezogen. Lützerath wird aber trotzdem abgebaggert, um den zusätzlichen Bedarf für die Winterreserve in der Gaskrise zu sichern, so RWE. Klimaschützer bezweifeln die Notwendigkeit des weiteren Kohleabbaus. (Bild: Joe / pixabay)

Der Kohleausstieg in NRW wird auf 2030 vorgezogen. Lützerath soll trotzdem weichen. Auch mehr Kohlekraftwerke bleiben bis 2024 am Netz. Fossilriese RWE hat zudem einen neuen Großaktionär: den Staatsfonds des Emirats Katar.

05.10.2022 – Die Bundesregierung beabsichtigt laut Koalitionsvertrag einen früheren Kohleausstieg. Nun einigten sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Landesministerin Mona Neubaur mit Kohlestromer RWE darauf, den Kohleausstieg auf 2030 vorzuziehen. Alle Kohlekraftwerke von RWE gehen bis Ende 2030 vom Netz. Die Braunkohleverstromung im Rheinischen Revier endet damit acht Jahre früher als geplant.

Gleichzeitig bleiben die beiden Kraftwerksblöcke Neurath D und E von RWE zwei Jahre länger am Netz als vorgesehen, nämlich bis Ende März 2024. Es besteht zudem die Option, die Anlagen bei Bedarf noch ein Jahr länger im Strommarkt zu belassen oder in eine Reserve zu überführen. So sollen Versorgungssicherheit im Winter in Deutschland gestärkt und trotzdem Emissionen eingespart werden. Durch die Einigung wird die Kohlemenge, die bis zum Ausstieg noch in Deutschland verstromt wird, um etwa die Hälfte reduziert und rund 280 Millionen Tonnen CO2 eingespart.

Kurzfristig mehr Kohle nutzen

„Putins Angriffskrieg zwingt uns, vorübergehend stärker Braunkohle zu nutzen, damit wir in der Stromerzeugung Gas sparen. Das ist schmerzhaft, aber angesichts der Gasknappheit nötig. Die Vereinbarung ist da ein guter Weg. Sie hilft, in der angespannten Energiesituation Sicherheit zu schaffen und ist gleichzeitig ein großer Schritt hin zu Klimaschutz“, so Habeck. Die Vereinbarung sei für den Braunkohleausstieg 2030 ein erster Schritt, an weiteren werde gearbeitet.

Konkret sieht die Vereinbarung vor, dass die RWE-Kohlekraftwerke Neurath F und G sowie Niederaußem K (insgesamt 3000 MW) statt 2038 bereits Ende März 2030 vom Netz gehen. RWE will stattdessen wasserstofffähige Kraftwerke bauen. Der Inhalt der Vereinbarung soll im entsprechenden Bundesgesetz (Kohleverstromungsbeendigungsgesetz oder KVBG) geregelt werden. Auch die beihilferechtliche Genehmigung der EU steht noch aus.

Dörfer dürfen bleiben – außer Lützerath

Wird der Kohleausstieg bis 2030 umgesetzt, verbleiben rund 280 Millionen Tonnen Braunkohle im Rheinischen Revierboden. Zwangsumsiedlungen soll es nicht mehr geben. Der sogenannte 3. Umsiedlungsabschnitt im Tagebau Garzweiler bliebe erhalten und die zuvor bedrohten Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich und Berverath sowie die Holzweiler Höfe (Eggeratherhof, Roitzerhof, Weyerhof) vor den Baggern bewahrt.

Anders sieht es in Lützerath aus. Das Dorf sowie der Hof von Landwirt Eckardt Heukamp sollen dem Tagebau weichen und abgebaggert werden. Bundesminister Habeck teilte mit, Lützerath sei nicht Teil der Vereinbarung mit RWE. Lützerath und Heukamps Hof gelten als Symbol für den Widerstand gegen Kohlestrom und den Braunkohleabbau im Rheinischen Revier. Klimaaktivisten organisierten wiederholt großangelegte Protestaktionen. Auch Fridays-For-Future-Gründerin Greta Thunberg protestierte in Lützerath gegen Kohle.

Die Klima-Initiative Alle Dörfer bleiben unterstützte den Landwirt. Heukamp klagte gegen RWE – und verlor. Zunächst kämpfte er weiter, musste jedoch schließlich aufgeben. Die Bagger waren bereits so nah an seinen Hof gerückt, dass die Mauern begannen einzureißen. Heukamp verkaufte seinen Hof zwangsweise an RWE. Er verließ Lützerath am vergangenen Sonntag, nur zwei Tage vor der Verkündung des vorgezogenen Kohleausstiegs. Der Konzern beabsichtigt nach eigenen Angaben weiterhin, Dorf und Hof abzubaggern. Die dort abzubauende Kohle sei notwendig, um die zusätzlichen Kohlekraftwerke über den Winter auch im Krisenfall versorgen zu können.

Das Ende der Kohle sichern

Nach Bekanntwerden des Pakets wies der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) darauf hin, dass die zum Abbau freigegebene Menge an Kohle nie mit dem Einhalten der Klimaziele vereinbar war. Ein früherer Kohleausstieg sei zwar zu begrüßen, doch Antje von Broock, Geschäftsführerin beim BUND, blieb skeptisch:

„Solange wir Kohle verbrennen, können wir unsere Klimaziele nicht einhalten. Deswegen braucht es eine gesetzliche Absicherung, dass der Klimakiller Kohle auch wirklich in der Erde bleibt und wir die Pariser Klimaziele einhalten, beispielsweise über eine Absicherung des CO2-Preises oder die Deckelung des CO2-Restbudgets für die Braunkohle.“

Die Notwendigkeit, weiterhin Kohle im Rheinischen Revier abzubauen, wird von verschiedener Seite angezweifelt. So errechnete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bereits, dass die Energieversorgung in der Krise auch ohne die Kohle unter Lützerath und der Erhalt aller Dörfer möglich sei.

RWE schlägt neue Pfade ein

Der fossile Energieriese RWE ist der größte Energieversorger Deutschlands, betreibt die Tagebauten im Rheinischen Revier sowie die meisten Kraftwerke in NRW. Doch selbst Deutschlands größter Kohlestromer expandiert seit kurzem im Bereich der Erneuerbaren Energien

Erst am Wochenende teilte das DAX-Unternehmen mit, für rund 6,8 Milliarden Dollar (6,9 Milliarden Euro) den Solaranlagen-Entwickler und -Betreiber Con Edison Clean Energy Businesses zu übernehmen. Der Kauf wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2023 vollzogen, sollte es keine behördlichen Einwände geben. Mit der Übernahme des US-amerikanischen Solarspezialisten verdoppelt RWE nach eigenen Angaben die Kapazität seiner Wind-, Solar- und Batteriespeicher-Anlagen in den USA nahezu und kommt nun auf eine installierte Leistung von 7,2 Gigawatt. Damit werde RWE in den USA zum zweitgrößten Betreiber von Solaranlagen, berichtet die Tagesschau. Der Abstand zur Nummer eins, NextEra mit einer installierten Leistung von rund 58 Gigawatt, sei allerdings noch erheblich.

Finanziert wird die Übernahme teilweise über den Einstieg des Staatsfonds von Katar, Qatar Investment Authority (QIA). Mit gut neun Prozent wird die QIA-Tochtergesellschaft Qatar Holding größter Aktionär von RWE. jb


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