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Rheinisches RevierMahnmal und Welterbe

Lützerath von Süden
Der Hof von Eckhardt Heukamp in Lützerath soll Welterbe werden. (Bild: AchimStump / CC BY-SA 4.0)

Ein Hof in Lützerath soll UNESCO-Welterbe werden. Das Dorf wehrt sich seit Jahren gegen den Abriss für den Braunkohletagebau Garzweiler II. Nun soll es Denk- und Mahnmal einer industriellen Energieproduktion werden, die nicht mehr zeitgemäß ist.

16.12.2021 – Ein denkmalgeschützter Hof in Lützerath könnte UNESCO-Welterbe werden. In dem Dorf im Rheinischen Revier wird seit Jahren Widerstand gegen den Abriss für den Braunkohletagebau Garzweiler II geleistet. Unterstützt werden die Bewohner und Aktivisten im Ort von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis. Denn wissenschaftliche Analysen belegen, dass die Mengen an Braunkohle, die RWE im Rheinischen Revier vor dem Kohleausstieg noch fördern will, nicht mit den Pariser Klimazielen vereinbar sind.

Eine historische Form der Energiegewinnung

Bastian Brinkmann, Mitinitiator des Zusammenschlusses Parents for Future Bielefeld, stieß das Projekt Welterbe in Lützerath an. Die Idee kam ihm auf der erfolgreichen Großdemo in Lützerath am 31. Oktober, bei der Künstler Thomas Baumgärtel den denkmalgeschützten Hof von Landwirt und Tagebau-Widerständler Eckhardt Heukamp als Kulturort bezeichnete. Der Hof und Lützerath seien in der Tat ein Kulturort, so Brinkmann, und zwar ein industrieller. Sein Ziel ist, den Hof Heukamps auf die Liste des UNESCO-Welterbe zu setzen und so eine Art Schutzglocke über Lützerath zu stülpen.

Ähnlich sieht das auch der prominente nachhaltige Filmemacher Carl A. Fechner. Er ist Mitbegründer des gemeinnützigen Vereins Protect the Planet, der sich auch für Lützerath stark macht. Das Dorf stehe beispielhaft für einen couragierten Kampf gegen eine Energiegewinnung aus dem Zeitalter der industriellen Revolution, die lange vorbei sei. Dies mache Lützerath zum industriellen Kulturerbe – und zum Mahnmal einer historischen Form der Energiegewinnung.

Ein Antrag für die Aufnahme des Hofs im weiterhin vom vollständigen Abriss bedrohten Dorf Lützerath in die Liste der UNESCO-Welterbe wurde bei den zuständigen Behörden eingereicht. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen sowie das Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz werden den Antrag nun einer ersten Prüfung unterziehen.

Nicht leise gehen

Wenn es nach dem Energiekonzern RWE geht, soll Lützerath hingegen bald dem Erdboden gleich gemacht werden. Für den Abriss des Hofs von Heukamp und des ganzen Dorfes hat RWE eine gerichtliche Genehmigung, aber es gibt auch mehrere anhängige Verfahren. Während viele Lützerather bereits weggezogen sind, wollen nicht alle leise gehen.

Der Lützerather Landwirt Eckhardt Heukamp klagt gegen seine Enteignung. Er bewirtschaftet den heute denkmalgeschützten Hof bereits in vierter Generation und will sich nicht vertreiben lassen. Aktivisten verteidigen Häuser, Straßen und Bäume gegen die vorrückenden Bagger. Einige melden sich inzwischen auch neu im Ort an, um zu verhindern, dass das Dorf als verlassen definiert wird. Ende Oktober besuchten die Klimaaktivistinnen Luisa Neubauer und Greta Thunberg den Lützerather Widerstand.

RWE darf laut Bergrecht dann, aber auch nur dann Menschen enteignen, wenn es für die Sicherung der Energieversorgung notwendig ist. Es wird angenommen, dass die Enteignung in diesem Fall dem Gemeinwohl dient. Auch bei der jüngsten Reform des Bergrechts wurde dies nicht geändert. RWE beruft sich deshalb immer wieder auf das Argument der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit, und zuletzt auch wiederholt auf den Kohleausstiegsplan der Bundesregierung.

Energiewirtschaftlich nicht notwendig

Die Abrissgegner und Heukamp bekommen hingegen Rückendeckung von zahlreichen wissenschaftlichen Studien. So wurde die im Kohleausstiegsgesetz festgeschriebene Fördermenge von vielen Seiten als zu hoch kritisiert. Sowohl für die Versorgungssicherheit als auch für das Einhalten der Klimaziele seien deutlich geringere Mengen an Kohle sinnvoll.

RWE darf laut Kohleausstiegsgesetz bis 2038 noch ca. 645 Millionen Tonnen Braunkohle in Garzweiler II und 180 Millionen Tonnen im Tagebau Hambach fördern, und hat das Recht, alle Dörfer abzureißen. Denn im Gesetz wurden die Berechnungen des Konzerns festgeschrieben, die deutlich höher lagen als die empfohlenen Mengen der Kohlekommission. Zusätzlich soll RWE 2,6 Milliarden an Entschädigungszahlungen erhalten, wenn die Kraftwerke abgeschaltet werden. Da Kohle bereits jetzt immer unrentabler wird, erscheint das Festhalten an derart hohen Fördermengen vielen Experten ebenso unsinnig wie die hohen Entschädigungszahlungen.

Analysen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung belegen, dass im Tagebau Garzweiler II noch mindestens 338,3 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert werden können, ohne weitere Dörfer zu vernichten. Für eine 50-prozentige Chance, die Klimaziele noch zu erreichen, dürften ab dem kommenden Jahr im Rheinischen Revier sogar nur noch maximal 200 Millionen Tonnen gefördert werden. Heukamps Hof könnte also bleiben. jb


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