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BürgerenergieWann die Prospektpflicht für Genossenschaften nicht gilt

Solardach Gewerbegebäude, im Vordergrund Garten
Fallstricke für Genossenschaften lauern in der Werbung für ein konkretes Projekt. (Foto: PxHere / CC0)

Genossenschaften finanzieren Photovoltaik- und Windenergieanlagen mit Bürgerbeteiligung. In einem Flyer darf die Projektbewerbung aber nicht im Zentrum stehen. Sonst tritt die Prospektpflicht in Kraft.

25.10.2022 – Wer öffentlich über eine Million Euro Kapital einwirbt, etwa für die Errichtung einer Erneuerbaren-Energien-Anlage, unterliegt einer Reihe von Transparenz- und Informationspflichten gegenüber den Anlegern. Sie sollen helfen, die Investoren zu schützen. Dabei ist von Seiten des Gesetzgebers detailliert definiert, wie man seinen Verpflichtungen in Form eines Wertpapierprospekts nachzukommen hat. Dies gilt grundsätzlich auch für Genossenschaften.

Werben Bürgerenergiegenossenschaften etwa in einem Informationsblatt für ihre Genossenschaft und damit verbunden für eine Vermögensanlage in ein konkretes Erneuerbaren-Projekt, sieht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) das als prospektpflichtig an und will den Inhalt prüfen. Wirbt man dagegen in dem Flyer nur für die Mitgliedschaft in der Genossenschaft und fügt einen allgemeinen Hinweis hinzu, dass die aktuellen Projekte der Genossenschaft durch eine Darlehensgewährung der Genossen finanziert werden, ist dies laut BaFin nicht prospektpflichtig.

 „Die BaFin stuft eine beworbene Verbindung zwischen Beitritt zur Genossenschaft und Abschluss eines Darlehensvertrages als prospektpflichtig ein“, erklärt Klaus-Peter Sikora, Rechtsanwalt und Partner beim interdisziplinären Beratungsunternehmen Sterr-Kölln & Partner. „Wer als Genossenschaft etwa in einer Broschüre für einen Beitritt wirbt und in der gleichen Broschüre für ein konkretes Erneuerbaren-Projekt Werbung macht, das über eine Bürgerbeteiligung finanziert werden soll, dann tritt die Prospektpflicht in Kraft.“

Hinweis auf allgemeine Darlehensgewährung nicht prospektpflichtig

Wenn nur die Mitgliedschaft in der Genossenschaft angeboten und lediglich mit dem allgemeinen Hinweis versehen wird, dass die Genossen ihre Genossenschaft durch Darlehensgewährung finanzieren, so soll dies nicht prospektpflichtig sein. Dieser Umstand ist für eine Vielzahl von Genossenschaften, die die Errichtung einer Photovoltaikanlage, eines Solarparks oder einer Windenergieanlage durch Bürgerbeteiligung finanzieren wollen, interessant.

Die meisten kennen diese Differenzierung jedoch nicht und lassen sie ungenutzt. Es lohnt sich aber. „Kann man bei einer Schwarmfinanzierung auf ein Online-Portal, die Erstellung weiterer Unterlagen und die Abstimmung mit BaFin verzichten, spart das im Vergleich zur einfachen Werbung für die Genossenschaft rund 10.000 bis 15.000 EUR“, weiß Sikora. „Und man spart vor allem Zeit. Die Abstimmung mit der BaFin kann mehrere Wochen dauern und führt oft nur über mehrere Bearbeitungsschleifen zum Erfolg.“

Beteiligung an der Genossenschaft in den Vordergrund stellen

Bedacht werden sollte in diesem Zusammenhang: „Beim Erstellen eines Flyers für ein Projekt zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien muss die Beteiligung an der Genossenschaft im Vordergrund stehen“, rät Sikora. „Daher sollte die genossenschaftliche Beteiligung, etwa die Anzahl der Anteile, mit dem allgemeinen Hinweis versehen werden, dass die Genossenschaft nur Ihren Mitgliedern anbietet, sich finanziell an dem genannten Projekt zu beteiligen und an den entsprechenden Erlösen zu profitieren.“ Dann unterliegt die von der Genossenschaft angebotene Vermögensanlage nicht den BaFin-Prüfregeln.

Soll dagegen in einem Flyer auch die konkrete Vermögensanlage (Schwarmfinanzierung) mit Angaben zur Laufzeit, Verzinsung etc. beworben werden, so muss die Genossenschaft zuvor ein Vermögensinformationsblatt bei der BaFin zur Überprüfung einreichen, in dem auch die mit dieser angebotenen Vermögensanlage einhergehenden Risiken klar und eindeutig benannt sind. Erst wenn die BaFin dieses eingereichte Vermögensinformationsblatt gestattet hat, dürfen die Werbemaßnahmen für diese Vermögensanlage beginnen. Ansonsten droht den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Genossenschaft ein Bußgeld. hcn


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