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Studie zu Europas EnergiewendeElektrifizierung first, Wasserstoff second

Wasserstoff-Bus im Kölner Stadtverkehr
Wasserstoff-Bus im Kölner Stadtverkehr: Ob Elektrifizierung oder wasserstoffbasierte Energie – Ziel ist die CO2-Reduktion im Verkehrssektor. (Foto: Marco Verch on Flickr / CC BY 2.0 Deed)

Elektrifizierung und Wasserstoff aus Erneuerbaren sind Bausteine, um in der EU bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Dabei sollte der Großteil des Energieverbrauchs aus Strom, und nur wo unverzichtbar aus wasserstoffbasierter Energie kommen.

27.02.2024 – Ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität in der Europäischen Union ist der rasche Umstieg von fossilen Brennstoffen auf elektrische Technologien, die mit Strom aus Erneuerbaren Energien betrieben werden. Gleichzeitig werde aber aus Strom erzeugter Wasserstoff in schwer zu elektrifizierenden Bereichen wie der Luft- und Schifffahrt sowie der Chemie unverzichtbar sein, sagen Forschende des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Bis 2050 wären Elektrifizierung und Wasserstoff die Schlüsselstrategien, um Klimaneutralität zu erreichen, heißt es in der Studie, die in der Zeitschrift One Earth publiziert wurde.

In modellierten Szenarien haben die PIK-Forscher den möglichen Weg für die künftige EU-Transformation untersucht und kommen zu dem Ergebnis, dass bis 2050 ein Anteil von 42 bis 60 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs aus Strom und 9 bis 26 Prozent aus wasserstoffbasierter Energie erforderlich wäre.

Elektrifizierung wo möglich, Wasserstoff wo nötig

„Frühere Forschungsarbeiten haben bereits gezeigt, dass unser Energiesystem kostengünstig und umweltschonend auf erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne umgestellt werden kann“, kommentiert Leitautor Felix Schreyer die Studie. Die Frage dabei wäre, wie dieser erneuerbare Strom genutzt werden kann, um die Nutzung fossiler Brennstoffe in Gebäuden, im Industrie- und im Verkehrssektor zu ersetzen. „Unsere Analyse zeigt, dass die direkte Nutzung von Strom, zum Beispiel durch Elektroautos und Wärmepumpen, für viele Sektoren ganz entscheidend ist, während die Umwandlung von Strom in Wasserstoff nur für wenige Anwendungen wichtig ist.“

Die Studie lotet das Zusammenspiel von Elektrifizierung und Wasserstoff in EU-Klimaneutralitätsszenarien in den einzelnen Sektoren erstmalig detailliert aus. Mithilfe des Energie-Ökonomie-Modells REMIND untersuchten die PIK-Forscher plausible Kombinationen beider Strategien in den Transformationspfaden des EU-Energiesystems in verschiedenen Szenarien. Die Analyse zeigt demnach höhere Potenziale für die Elektrifizierung und beschreibt einen begrenzteren Einsatzbereich für wasserstoffbasierte Energie als frühere Studien.

Über alle Szenarien hinweg ist die direkte Nutzung von Strom die dominierende Strategie etwa für Autos oder beim Heizen von Gebäuden und in der Industrie. Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe aus Strom werden vor allem für die Luftfahrt, die Schifffahrt, die chemische Industrie und als Stromspeicher benötigt. Elektrifizierung und Wasserstoff ergänzen sich im Gesamtenergiemix somit weitgehend, während sie um einen geringen Anteil von etwa 15 Prozent der Endenergie konkurrieren. Das betrifft vor allem Sektoren wie den LKW-Verkehr und die industrielle Hochtemperatur-Prozesswärme.

Eckpfeiler für eine erfolgreiche Transformation

Laut Studie ist der Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien und die Umstellung auf elektrische Technologien, wo immer dies möglich ist, der mit Abstand schnellste und billigste Weg, um die Kohlenstoffemissionen in den meisten Sektoren zu senken. „Wir gehen daher davon aus, dass der Anteil von Strom am Endenergieverbrauch von 20 Prozent auf 42 bis 60 Prozent bis 2050 steigen muss, um Klimaneutralität in der EU zu erreichen“, sagt Studienautor Gunnar Luderer, Leiter der Gruppe Energiesysteme am PIK. Ursache hierfür sei, dass elektrische Technologien zunehmend verfügbar sind und Strom sehr effizient nutzen, während die Umwandlung in Wasserstoff und synthetische Brennstoffe und deren Verbrennung mit erheblichen Energieverlusten verbunden sind.

Insgesamt steigt die Stromnachfrage in der EU in den Szenarien der Studie bis zum Jahr 2050 um 80 bis 160 Prozent – je nach Umfang der Wasserstoffimporte und der Rolle der Elektrifizierung sowie des Wasserstoffs in unsicheren Sektoren. Bis dahin müsste somit etwa doppelt so viel Strom erzeugt werden wie heute.

Politische Eckpfeiler für Europas Energiewende

Das Forscherteam diskutiert auch den aktuellen Stand der EU-Politik in Bezug auf Elektrifizierung und Wasserstoff und skizziert schließlich drei kritische Eckpfeiler für eine erfolgreiche Transformation. Die Politik sollte laut Studie der Elektrifizierung bzw. dem Wasserstoff in den Sektoren Vorrang einräumen, in denen sie in allen Szenarien bevorzugt werden, zudem Hindernisse für den Ausbau der Erneuerbaren Energien beseitigen – ein ohnehin wichtiger Baustein –  und schließlich Anreize für den Ausbau von Wasserstoffversorgungsketten schaffen.

„Unsere Studie unterstreicht, dass politische Entscheidungsträger die unterschiedlichen sektoralen Rollen beider Strategien berücksichtigen sollten, indem sie die Elektrifizierung durch elektrische Anwendungen für den Straßenverkehr und das Heizen fördern. Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe sollten hingegen für Anwendungen priorisiert werden, in denen sie unverzichtbar sind“, zieht Studienautor Falko Ueckerdt ein Fazit. na


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Holger Eschheimer 27.02.2024, 21:17:21

Schade, Artikel wie diesen kann man zu Technologien veröffentlichen, die vor Kurzem Marktreife erreichten.

Aber nicht bei einem solch bewährten Thema wie Wasserstoff und Brennstoffzelle.

Fahrzeuge, die diese Technologie erfolgreich umsetzten, gibt es seit annähernd achzig (!) Jahren.

https://de.wikipedia.org/wiki/Allis-Chalmers-Brennstoffzellentraktor

Es ist sehr langatmig, und insbesondere sehr demotivierend solche Artikel wie einen solchen online zu lesen.

Wo bleibt das Spannende, wo bleiben Informationen über tatsächlich umgesetzte Wasserstoff-/Brennstoffzellen- Technologien?

Fahrzeuge, Netzersatzanlagen, Flugzeuge, ..

Hier eilt "energiezukunft.eu" deutlich der Vergangenheit hinterher.

Schade.

Orhan Üstün 28.02.2024, 13:19:35

Wie man von einem renommierten Institut für Klimafolgenforschung gern erwarten würde, hat PIK leider nicht genügend recherchiert, weil sie bei ihrem Ergebnis bis 2050 42 bis 60 % des Gesamtenergieverbrauchs aus Strom und 9 bis 26 % auf wasserstoffbasierter Energie behaupten. Diese Behauptung würde mehr oder weniger stimmen, wenn der grüne Wasserstoff nur mit den Elektrolyseverfahren (PEM, AEL, SOEC) erzeugt würde. Technisch- wissenschaftlichen Untersuchungen zur Folge werden bei der Elektrolyse ca. 75 % der Energie, die z.B. bis zur Befüllung des Tanks eines wasserstoffbetriebenen Fahrzeug eingesetzt wird, in verschiedenen Phasen verbraucht und nur ca. die restlichen 25 % der Energie können als Kraftstoff verwendet werden! Die von einem Elektroingenieur in der Schweiz gemachte Erfindung, die bei Europäischer Patentinstitution EP mit der Nummer PTC/EP 2022/059728 in die letzte Patentierungsphase eingetreten ist, verbraucht für die gleiche Wasserstoffmenge 7,8 mal weniger Strom als die zu vergleichende PEM- Elektrolyseanlage z.B. bei den Wasserkraftwerken der IBAarau und 5,5 mal weniger als die PEM- Anlage in Gösgen (beide in der Schweiz). Dieses neue System verwendet keine schädlichen Chemikalien, Elektroden, Membranen und Katalysatoren und stösst keine Treibhausgase aus. Dieses neue Verfahren verwendet ausschliesslich Eisen oder Eisenoxide und auch Späne, Wasserdampf und Induktionsenergie als effizienteste Prozesswärme in einem beweglichen geschlossenen Reaktor zur Herstellung von Wassersstoff und Sauerstoff. Auf einer Bodenfläche von (1,5 X 3) m kann mit einer Eisenkörnermasse von 1 Tonne min. 48 kg Wasserstoff erzeugt werden. Endlich ist eine Technologie für die grüne Wasserstofferzeugung da, um den fossilen Energieträgern gegenüber konkurrenzfähig zu sein und sie mittel- und langfristig ersetzen kann.

Orhan Üstün

Orhan Üstün 28.02.2024, 13:55:25

Korrektur: min. 48 kg pro Stunde Wasserstoff


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