Menü öffnen

Serie PV-Recycling Teil7Exkurs zum Gebrauchtmarkt für Module

Zwei Solarmodule lehnen an einer Steinmauer, sind bereits von Gräsern eingewachsen.
Lohnt sich ein Gebrauchtmarkt für Solarmodule innerhalb Europas? Andernfalls droht der massenhafte Export von alten Modulen nach außerhalb der EU. (Foto: energiezukunft / Petra Franke)

Nicht nur defekte Solarmodule werden demontiert. Mit dem Repowering von Großanlagen stellt sich die Frage, was mit noch funktionstüchtigen Modulen geschehen soll. Einen florierenden Gebrauchtmarkt gibt es in Europa derzeit nicht.

14.03.2023 – In den Müll beziehungsweise Schrott gehören nur Module (und andere Elektroaltgeräte), die nicht mehr funktionstüchtig sind. Um die Spreu vom Weizen zu trennen, muss strenggenommen tatsächlich jedes demontierte Modul geprüft werden. Das bedeutet Aufwand, denn nicht nur die Leistungswerte des Moduls sind von Interesse, sondern auch die elektrische Sicherheit. Lautet die Diagnose Isolationsfehler oder mangelhafte Anschlussdosen, ist das ein Sicherheitsrisiko. Das Modul gehört dann nicht mehr in eine Solaranlage.

Der Aufwand kann sich lohnen, wie Martin Wilke von 2ndlifesolar aus Hamburg berichtet. Das Unternehmen gehört zur Hamburger Müllentsorgung Rohstoffverwertungsgesellschaft, die Teil der familiengeführten Buhck-Gruppe ist, zu der wiederum auch der Full-Service-Anbieter rund um die Registrierung und Entsorgung WEEE und Elektrogeräte Take-e-way gehört. Seit 2016 hat sich 2ndlifesolar auf die Rücknahme, das Prüfen und den Weiterverkauf von Altmodulen spezialisiert. Was tatsächlich Schrott ist, wird ordnungsgemäß entsorgt.

50 bis 70 Prozent der Module sind noch brauchbar

Mit einem mobilen Prüflabor haben Wilke und sein Team in den letzten zwei Jahren 70.000 Module geprüft. Ende letzten Jahres installierten sie eine feste Prüfstraße am Firmensitz, was den Aufwand und damit die Kosten beträchtlich senkt sowie mehr Durchsatz ermöglicht. Wilke berichtet: „Bevor ein Modul geprüft wird, gibt es zunächst eine Sichtprüfung. Bei erkennbaren Schäden wie Glasbruch, abgeschnittenen Kabeln oder rissigen Rückseitenfolien landet das Modul sofort auf dem Stapel zur Entsorgung. Von den elektrisch geprüften Modulen sind immerhin 50 bis 70 Prozent noch so brauchbar, dass wir sie als Gebrauchtmodule in neue Anwendungen bringen.“ Diese Erfolgsquoten gibt es aber nur bei Modulen, die sorgsam demontiert und transportiert wurden. Alles, was schon mal auf einem Recyclinghof in einen Container geworfen wurde, ist, auch wenn es dort heil ankam, nach der Sammlung nicht mehr zu gebrauchen. Deshalb akquiriert das Team von 2ndlifesolar auch selbst ganz aktiv Altmodule bei Solarparkbetreibern, die ihre Anlagen modernisieren.

Für die funktionstüchtigen Module gibt es tatsächlich viele Interessenten. Zum einen ist da die Buhck-Gruppe selbst: Sie baut gerade ihre vierte große Anlage aus Gebrauchtmodulen, wobei der erzeugte Strom ausschließlich zur Eigenversorgung genutzt wird. Große Mengen von geprüften Solarmodulen älterer Bauart gehen an Partner wie Solisolar Hamburg oder People for Future in Kiel, um daraus Balkonkraftwerke zu errichten. Die Nachfrage ist seit der Energiekrise enorm gestiegen.

Der Wattpreis der Altmodule liegt je nach Qualität bei 40 bis 60 Prozent unter dem eines Neumoduls. „Das ruft auch andere Interessenten auf den Plan, zum Teil mit ganz wilden Ideen“, erzählt Wilke. Außerdem betont er den Nutzen auf beiden Seiten: Der Anlagenbesitzer kann sicher sein, dass seine Module fachgerecht behandelt und nötigenfalls vorschriftsmäßig entsorgt werden. Zugleich muss er weniger bezahlen, als wenn er die Module komplett ins Recycling gibt. 2ndlifsolar kann die gebrauchten Module gut vermarkten und ebenfalls Geld verdienen. Nicht zuletzt schon das Ressourcen, denn solange neuere Recyclingverfahren noch nicht in großer Breite am Markt bereitstehen, gehen viele wertvolle Rohstoffe unwiederbringlich verloren.

Niedriger Preis wird Zweitmarkt wachsen lassen

Geschäftsführer Stefan Wippich von Secondsol handelt seit mittlerweile mehr als zehn Jahren mit gebrauchten Modulen. Das Unternehmen aus Meiningen bietet zum einen über den Marktplatz SecondSol.de Verkäufern und Käufern von Modulen und PV-Zubehör die Chance zueinander zu finden. Secondsol kauft und verkauft aber auch selbst Neuware, von der immer ein Teil eingelagert wird. Die eingelagerten Module dienen später als Ersatzteile, wenn einzelne Module bestimmter Modultypen gebraucht werden, um eine bestehende Anlage ohne großen Umbauaufwand wieder fit zu machen.

Beim Aufkauf von gebrauchten Modulen aus dem Repowering schaut Wippich vor allem auf die Qualität, z.B. durch die Prüfung von Monitoring-Daten und schickt bei unklaren Daten einen Experten zur Anlage. „Wenn der überwiegende Teil der Module Schrott ist, kaufen wir das nicht. Die Gefahr ist einfach zu groß, dass die Module eine Gefahr für Leib und Leben sind“, erzählt Wippich. Stattdessen greift er zu bei Chargen, wo klar ist, dass die Altmodule technisch in Ordnung sind. Er pickt Rosinen, wie er selbst sagt. Verkauft wird an Händler, die die Module häufig nach Osteuropa oder teilweise Afrika exportieren. Wippich schätzt, dass derzeit jährlich mehr als 750.000 Module Europa verlassen und in anderen Märkten zum Einsatz kommen.

Wippich sieht ähnlich wie Wilke einen wachsenden Gebrauchtmarkt auch innerhalb Europas: „Ein Do-it-yourself-Markt, in Gärten oder auf anderen privaten Flächen, auf Festivals oder in anderen Nischen ohne Garantien und Gewährleistung wird entstehen, wo der niedrigere Preis der gebrauchten Module die Anwendung überhaupt erst möglich macht.“ Zurzeit fallen viele Module in Frankreich und Italien an, weil dort das Repowering schon länger erlaubt ist (man müsste genauer sagen vergütungsseitig nicht bestraft wird). In Deutschland wird es jetzt mit der Neuregelung im EEG 2023 interessant. Für einen wirklich florierenden großen Zweitmarkt fehlt es seiner Meinung nach aber noch an allgemein gültigen Qualitätsstandards. Hier könnte die Richtlinie des IEC Abhilfe schaffen, die derzeit erarbeitet wird. Und noch etwas betont Wippich: „Die Digitalisierung ist mindestens ebenso wichtig. Zum Zeitpunkt des Verkaufs bessere Daten zu Modulen und ihrer Performance zu haben bzw. auch um ihre Schwachstellen zu wissen, ist unabdingbar.“

Martin Schachinger von pvXchange verweist auf die notwendige Wirtschaftlichkeit, die einerseits von der Logistik und notwendigen Qualitätsprüfung bestimmt wird und andererseits von den Preisen für Neuware. „Abbau, Transport und Prüfung von gebrauchten Modulen kostet in etwa 20 Cent pro Wattpeak. Wenn die Preise für neue Module wie jetzt gerade wieder auf 20 bis 22 Cent pro Wattpeak für große Abnahmemengen runter gehen, ist das Geschäft mit gebrauchten Modulen wenig lukrativ“, ist seine Erfahrung. Er sieht den Schlüssel im effektiven Recycling – auch wenn die Module vielleicht noch etwas Leistung bringen, könnte es nachhaltiger sein, sie zu recyceln und die enthaltenen Rohstoffe wiederzugewinnen. 

Fazit

In dieser Artikel-Serie wurde beschrieben, warum das Modulrecycling noch kein boomender Markt ist: die Unsicherheit über Altmodulaufkommen lässt Investoren zögern, die „Abwanderung“ von nennenswerten Mengen nach außerhalb der EU verringert das Recyclingvolumen und damit die Wirtschaftlichkeit von Recyclingprozessen. Gesetzliche Vorgaben lassen Lücken und werden nicht streng genug kontrolliert, die Recycling-Quoten sind leicht zu erfüllen, wertvolle Rohstoffe gehen verloren, Primärrohstoffe sind preiswert verfügbar und es fehlt ein transparenter Zweitmarkt mit klaren Regeln innerhalb der EU.

Die Regelwerke sind in Ausarbeitung – beim VDE eine Anwendungsregel für all die Schritte, die bei der Demontage von Modulen in Richtung Recycling oder Zweitmarkt zu gehen sind. Und auch das IEC in Genf arbeitet an einer Direktive zur Wiederverwendung von gebrauchten Modulen.

Verschiedene Unternehmen und Forschungseinrichtungen arbeiten an variantenreichen Technologien für das Recycling. Es scheint realistisch, dass die zukünftigen Altmodulmengen so recycelt werden können, dass mehr wertvolle Rohstoffe als heute zurückgewonnen und in anderen Anwendungen wiederverwertet werden können.

Was fehlt? Zur Photovoltaik gehören nicht nur Solarmodule, sondern auch Wechselrichter, Steuerungsgeräte, Batteriespeicher und einiges mehr. Zu diesen Komponenten und zu den in großen Mengen anfallenden Verpackungsmaterialien wurde in dieser Serie nichts gesagt. Zumindest für die Wechselrichter soll im Laufe des Jahres eine Ergänzung folgen. Petra Franke

Die energiezukunft-Serie zum PV-Recycling im Überblick

Teil 1: Globale PV-Recycling-Märkte

Teil2: PV-Recycling in Europa

Teil3: Nachhaltigkeit beginnt in der Herstellung

Teil4: Recycling-Technologien und Forschung

Teil5: Flaxres – Blick auf ein spezielles Verfahren zum Modulrecycling

Teil6: Sammelsystem und rechtliche Rahmenbedingungen in Europa

Teil 7: Exkurs zum Gebrauchtmarkt für Solarmodule


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft