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Energiewende SchweizSeilbahn nutzt Solar- und Bremsenergie

240 Quadratmeter Solaranlage auf der Bergstation der Standseilbahn Magglingen (Foto: ©Verkehrsbetriebe Biel)

Dank der Nutzung von Bremsenergie und Photovoltaik fährt die Standseilbahn Biel-Magglingen in der Schweiz zu einem guten Teil mit vor Ort erzeugtem Ökostrom. Die Energiekosten konnten damit um 30 Prozent gesenkt werden.

15.06.2021 – Seit 1887 führt eine Standseilbahn von der Stadt Biel auf die Juraanhöhe bei Magglingen. Die Bahn befördert nicht nur Ausflügler, sie ist Teil des öffentlichen Verkehrs mit einem dichten Fahrplan. 2019 wurde die Bahn grundlegend überholt und seit kurzem ist auf dem Dach der Bergstation eine 42 Kilowatt starke PV-Anlage in Betrieb.

Sie ist der Schlussstein eines neuartigen Energiesystems, das am Departement Technik & Architektur der Hochschule Luzern entwickelt wurde und sich in den letzten Monaten im Alltagsbetrieb bewährt hat.

Bremsenergie für nächste Bergfahrt nutzen

Die Standseilbahn besteht aus zwei Waggons für jeweils 120 Fahrgäste, die durch ein Zugseil verbunden sind. Fährt der eine Waggon in der Talstation los, braucht er Antriebsenergie, um Höhe zu gewinnen. Hat er gut die Hälfte der 1700 m langen Strecke zurückgelegt, ist keine Energie mehr nötig, denn die talwärts fahrende Bahn und das zugehörige Zugseil sind nun so schwer, dass sie den ersten Waggon hochziehen.

Der talwärts fahrende Waggon muss jetzt sogar abgebremst werden. Die dabei freiwerdende Energie kann zurückgewonnen (rekuperiert) werden. So herrscht bei der Standseilbahn ein ständiger Wechsel zwischen Energiebezug und -abgabe.

Ein Forscherteam des Departements Technik & Architektur der Hochschule Luzern hat ein innovatives Energiemanagementsystem entwickelt, das die komplexen Energieströme steuert. Die Bremsenergie wird in einer Batterie gespeichert, um wenig später für den Antrieb der nächsten Bergfahrt und die Hilfsbetriebe (Pumpen, Lüfter, Heizung) genutzt zu werden.

Die Batterie dient zudem als Zwischenspeicher für den Solarstrom. „Dank PV-Anlage und Bremsenergie kann die Standseilbahn mehr als 30 Prozent ihres gesamten Energiebedarfs selbst decken“, sagt Projektleiter Olivier Duvanel, der als Elektroingenieur am Departement Technik & Architektur der Hochschule Luzern tätig ist.

Innovative Steuerung der Energieflüsse

Duvanels Idee für das Energiekonzept reicht in das Jahr 2015 zurück. Auf der Grundlage umfangreicher Messungen erstellte er eine Machbarkeitsstudie zu technischer Umsetzung und Wirtschaftlichkeit. Anschließend entstand am Kompetenzzentrum Digital Energy and Electric Power (Deep) der Hochschule Luzern das Herzstück der Anlage: das Energiemanagementsystem, das sämtliche Energieflüsse der Bahn einschließlich PV-Anlage und Batteriespeicher steuert. In den vergangenen zwei Jahren wurde das System im Zuge der Gesamtsanierung der Standseilbahn eingebaut und optimal eingeregelt.

„Das von der Hochschule Luzern entwickelte Energiesystem funktioniert im Dauerbetrieb zuverlässig; es hat unsere Stromkosten um 30 Prozent reduziert“, sagt Raphaël Schlup, Leiter Technik/Betrieb Seilbahnen bei den Verkehrsbetrieben Biel, die die Standseilbahn Biel-Magglingen betreiben.

80 Prozent der Energie vor Ort genutzt

Die Einsparung fällt ins Gewicht, denn Strom macht die Hälfte der Betriebskosten aus. Die Investitionen in die Pilotanlage werden innerhalb von 15 Jahren amortisiert sein. Bei künftigen kommerziellen Anlagen sind Amortisationszeiten von zehn Jahren realistisch.

Neben der PV-Anlage ist die Batterie mit 68 Kilowattstunden Speicherkapazität die zentrale Komponente des Energiesystems. Sie speichert die rekuperierte Bremsenergie, bis sie bei der nächsten Bergfahrt eingesetzt werden kann, und überschüssigen Solarstrom aus der PV-Anlage. Auf diesem Weg können mehr als 80 Prozent der selbst erzeugten Energie für die Standseilbahn genutzt werden.

Ein Teil der gespeicherten Energie soll künftig in Reserve gehalten werden, um die beiden Waggons im Fall eines Netzausfalls in die Stationen zurückführen zu können. Das bisher zu diesem Zweck eingesetzte Dieselaggregat wird damit überflüssig. hcn


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