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Bodenatlas 2024Der Boden auf dem wir stehen

Bodenatlas 2024
Der Schutz von Böden braucht endlich einen Rahmen. Derzeit sind Böden weltweit gefährdet. Eine nachhaltige Bewirtschaftung nutzt hingegen allen (Bild: CC BY 4.0Bodenatlas 2024, Eimermacher/STOCKMAR+WALTER Kommunikationsdesign)

Ausgelaugte Böden liefern weniger Ernten, sind anfälliger für Extremwetter und können von CO2-Speichern zu CO2-Emittenten werden. Die richtige Bewirtschaftung der knappen Ressource könnte hingegen allen nützen. Hier müssen Anreize gesetzt werden.

11.01.2024 – Gesunde Böden sind Lebensgrundlage und Lebensraum. Doch während sich Klima- und Umweltschutz zunehmend etabliert, bleibt der Schutz von Böden noch viel zu oft außen vor, obwohl sie bei richtiger Bewirtschaftung als größter CO2-Speicher an Land gelten. Der Bodenatlas 2024 der Heinrich-Böll-Stiftung bietet einen umfassenden Überblick über Situation und Zustand der Böden weltweit.

Immer weniger Leben im Boden

Rund ein Drittel der weltweit genutzten landwirtschaftlichen Flächen und ein Viertel aller Böden gelten als degradiert. In Europa sind es mehr als 60 Prozent der Böden, die als geschädigt gelten. Und in Deutschland leidet mindestens ein Fünftel der landwirtschaftlichen Flächen unter starker Erosion.

Grund sind zu intensive Bewirtschaftung in Kombination mit den Folgen der Klimakrise wie zunehmende Dürren, Hitze und Hochwasser. Während gesunde Böden unter anderem CO2 und Wasser speichern, verstärken ausgelaugte und versiegelte Böden die Effekte von Hitze und Starkregen. Sie können Wasser nicht halten und CO2 und andere Mineralien nicht aufnehmen, um sie an Pflanzen weiterzuleiten. Das liegt daran, dass die Anzahl und Vielfalt der Lebewesen, die diese Prozesse ermöglichen, in degradierten Böden deutlich verringert ist. Am Ende entsteht eine Wüste.

„Wir brauchen gesunde Böden, um uns an die Klimakrise anzupassen: Sie können bis zu 3.750 Tonnen Wasser pro Hektar speichern und dieses nach Bedarf wieder abgeben“, erklärt Imme Scholz, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. „Durch Versiegelung, aber auch industrielle Formen der Landwirtschaft geht die Fähigkeit von Böden, Wasser aufzunehmen, zurück – mit verheerenden Folgen, wie wir aktuell an der Hochwasserkatastrophe in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sehen.“  

Gesunde Böden schützen das Klima

Passende Maßnahmen dafür gibt es schon. Techniken aus der ökologischen Landwirtschaft und der regenerativen Landwirtschaft fördern sowohl Bodengesundheit und Bodenfruchtbarkeit. Langfristig vereinen sie Ernährungssicherheit und Klimaschutz.

So können beispielsweise Pilze und Bakterien im Boden, als landwirtschaftliches Produktionsmittel genutzt werden, um die Bodenbiodiversität zu verbessern. Davon profitieren die Erträge und die Biodiversität, denn Kohlenstoff- und Wasserkreisläufe sind eng daran gekoppelt, wie gesund Böden und Pflanzen sind. Weiterhin werden Betriebe so weniger unabhängig von kostspieligem fossilem Dünger.

Geringe Bodenbearbeiten und direkte Einsaat, Bodenanalysen, Zwischenfrüchte und Untersaaten in Kombination mit Strukturelementen wie Agroforstwirtschaft lassen den Boden resilienter werden und CO2 speichern.

Richtig fördern

Sinnvoll wäre zudem der Abbau klimaschädlicher Subventionen in der Landwirtschaft und eine Förderung von Maßnahmen, die dem Klimaschutz und der nachhaltigen Agrarwende dienen. In der EU gibt des derzeit nur die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) als politischen Rechtsrahmen. Eine eigenes Europäisches Bodenschutzrecht sei dringend geboten. Finanzstarke Lobbyisten, unter anderen aus der Düngemittel- und Pestizidindustrie verhinderten bisher einen gemeinsamen Schutzrahmen für Böden, wie es ihn für Wasser und Luft in der EU bereits seit Jahren gibt.   

Über die GAP werden Fördermittel für Landwirte verteilt. NGOs kritisieren bereits seit Jahren, dass trotz handfester Studien die finanzielle Förderung nicht ausreichend auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgerichtet sei. Etwa die Hälfte der Zahlung wird über die sogenannte Flächenprämie ausgeschüttet, bei der Landwirte schlicht Geld pro Hektar Land bekommen, das sie bewirtschaften. Vielen nationale Subventionen, beispielsweise für Agrardiesel, fördern genau das Falsche. Notwendig wäre konkrete Unterstützung für einen nachhaltigen Umbau der Landnutzung, eine Agrarwende.  

„Landwirt*innen sollten besser beim Bodenschutz unterstützt werden: Die Novellierung des Bundesbodenschutzgesetzes muss den vorsorgenden Bodenschutz deutlich hervorheben, die Gemeinsame Agrarpolitik als Förderinstrument der EU muss Ökosystemleistungen auch für den Boden zukünftig stärker honorieren“, bestärkt Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND, der den Bodenatlas mitherausgibt. Nachhaltige Flächennutzung komme nicht nur der Natur zu Gute, sondern schütze die Lebensgrundlage Boden und erhöhe die Resilienz gegenüber Auswirkungen der Klima- und Biodiversitätskrise.

Flächen (klima-)gerecht verteilen

Doch dafür müssen Flächen auch (klima-)gerecht verteilt werden. „Täglich gehen 55 Hektar Land für Siedlungsbau oder Verkehrsflächen verloren. Diese Flächen fehlen dann für die Landwirtschaft und den Artenschutz“, warnt Bandt. Aber auch Klimaschutzmaßnahmen wie Renaturierung, Wiedervernässung von Mooren, und Erneuerbare-Energien-Anlagen benötigen große Flächen.

In Deutschland sind deshalb unter anderem die Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Viele Bauern stehen plötzlich Investoren gegenüber, und können sich kaum noch leisten zu wirtschaften. Hier müssten passendere Gesetze die Landnutzung regeln.

Rein rechnerisch benötigten die geplanten Klimaschutzmaßnahmen aller Länder 1,2 Milliarden Hektar Land – eine Fläche dreimal so groß wie die EU, gibt Jes Weigelt zu denken. Er ist stellvertretender Geschäftsführer von TMG, ebenfalls Mitherausgeber der Studie. Im Bodenatlas wird eine politische Strategie für den Schutz und die Verteilung von Böden gefordert, um gleichzeitig Ernährungssicherheit zu schaffen, globale Menschen- und Landrechte zu wahren und das Klima zu schützen. jb


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