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Globale Ernährung sichernDer Fleisch- und Milchkonsum muss sinken

Kühe vor Kohlekraftwerk
Um Emissionen aus der Landwirtschaft zu senken und die globale Ernährung zu sichern, müssen Menschen in Industrieländern weniger Fleisch und Milch konsumieren. (Bild: Peggychoucair / pixabay)

Emissionen aus der Fleischproduktion tragen erheblich zur Klimakrise bei. Dabei ist klar, dass weniger Fleisch konsumiert werden muss, um Menschen nachhaltig zu ernähren. Absoluter Vegetarismus funktioniert allerdings nicht für alle.

23.05.2022 – Die Landwirtschaft verursachte 2020 rund 14,4 Gigatonnen an CO₂-Emissionen. Rund die Hälfte des weltweit produzierten Getreides wird dabei an Tiere verfüttert. Die Fleischproduktion verursacht im Vergleich zu vegetarischer Kost deutlich mehr CO2 und verbraucht auch mehr Landflächen. Trotzdem ist der Sektor bisher von einer CO2-Bepreisung in der EU und Deutschland ausgenommen. Studien belegen, dass der Fleisch- und Milchkonsum sinken muss, um die Klimaziele einzuhalten und Ernährungssicherheit zu schaffen.

Weniger Fleisch und Milch konsumieren

Bereits seit langem ist klar, dass die Ernährungsweise der westlichen Industrienationen nicht nachhaltig ist. „Würden alle Menschen so viel Fleisch verzehren wie die Europäer oder die Nordamerikaner, würden wir die Klimaziele weit verfehlen, und viele Ökosysteme würden kollabieren“, so Matin Qaim vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn, der kürzlich eine Studie zur Nachhaltigkeit des Fleischkonsums veröffentlichte.

Die Studie belegt, dass Fleisch einerseits nachhaltiger produziert werden, doch auch der Verbrauch sinken muss. Das gilt besonders für Länder mit hohem Einkommen, welches auch mit einem hohen durchschnittlichen Konsum von Fleisch einhergeht. Die Studie der Universität Bonn kommt dabei zu dem Schluss, dass der Fleischkonsum der Industrienationen um 75 Prozent sinken sollte, um die globale Ernährung sicherzustellen.

Eine ausschließlich vegetarische Ernährung wäre allerdings nicht für Menschen aller Länder ideal. In ärmeren Regionen sind pflanzliche Lebensmittel nicht immer zu jeder Jahreszeit verfügbar oder für die Menschen bezahlbar erhältlich. Die Viehzucht ist für viele zudem noch immer eine wichtige Einkommensquelle und Grasflächen teilweise auch nicht anders nutzbar. Menschen in ärmeren Ländern konsumieren ohnehin nur einen geringen Anteil der globalen Fleischproduktion. Der Umschwung muss in den Industrienationen stattfinden. Für diese schlagen die Autoren der Studie eine Steuer auf Fleisch vor, um Umwelt- und Klimakosten zumindest teilweise einzupreisen. Auch Fleischersatzprodukte könnten in den Industrienationen dazu beitragen, den Konsum und dessen Folgen zu reduzieren.

Big Meat and Dairy heizen das Klima auf

Dass die Emissionen der Fleischproduktion erheblich sind, zeigt auch eine Studie des Institute for Agriculture and Trade Policy. Sie belegt, dass die 35 größten Fleisch- und Molkereikonzerne für fast 7 Prozent der Gesamtemissionen der EU im Jahr 2018 verantwortlich waren. Dabei produzierten allein die 20 größten Fleisch- und Molkereiunternehmen fast ein Drittel mehr Treibhausgasemissionen als die Niederlande, die immerhin die sechstgrößte Volkswirtschaft Europas ist. Und nur 10 von ihnen haben Klimapläne vorgelegt, die aufzeigen, wie sie CO2-neutral werden können.

In der EU wird eine Bepreisung der Emissionen aus dem Agrarsektor zwar als Teil des European Green Deal diskutiert, doch es drohen Schlupflöcher. Die Fleisch- und Milchindustrie versucht bereits jetzt, sich durch unbeständige und unzuverlässige Kompensationsprogramme einen grünen Anstrich zu geben. So besteht die Gefahr, dass Klimaschutzmaßnahmen weiter verzögert und Emissionen vertuscht werden. Zurzeit macht laut der Studie kein einziges Land Europas Unternehmen für ihre gesamten Emissionen verantwortlich. Und dass, obwohl die Emissionen der Landwirtschaft in den letzten zehn Jahren angestiegen sind.

Wald- und Landflächen schützen

Schon eine anteilige Reduzierung des Fleischkonsums könnte dabei drastische Auswirkungen haben. Eine Analyse des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zeigt, dass die globale Entwaldung halbiert werden könnte, wenn bis 2050 nur ein Fünftel des Rindfleischkonsums durch bereits existierende Fleischalternativen aus mikrobiellem Protein ersetzt würde.

Dies ist auch deshalb wichtig, weil der Klimawandel sowie intensive Bodennutzung, besonders unter Einsatz großer Mengen an Pestiziden, zu geringeren Ernteerträgen führt. So müssten weitere Flächen erschlossen werden, um Menschen weiterhin wie bisher ernähren zu können.

Die Autoren der Studie weisen allerdings darauf hin, dass auch hier Fallstricke bestehen. Zwar verbraucht die Produktion von mikrobiellen Fleischalternativen weniger Land, doch dafür erhebliche Mengen an Strom. Dieser muss aus Erneuerbaren Quellen stammen, damit die Rechnung aufgeht.

Agrarwirtschaft auf Mensch und Umwelt ausrichten

Welche Maßnahmen die globale Ernährungslage nachhaltiger und trotzdem sozial gerecht sichern könnte, bleibt also umstritten. Einem alternativen Lösungsansatz ging eine weitere Studie des PIK nach: Sie untersucht, ob die Emissionen des Landwirtschaftssektors sinken würden, wenn die Nahrungsmittelproduktion nicht mehr auf Wachstum und Profit ausgerichtet wird. Das Degrowth-Modell sieht eine nachhaltige und sozial gerechte Wirtschaftsweise vor, bei der ökologische Aspekte und das menschliche Wohlergehen im Mittelpunkt stehen. Das Modell wird häufig als Gegenentwurf zum derzeitigen Wirtschaften vorgebracht, das Ressourcen maximal ausnutzt.

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass eine Änderung der Wirtschaftsweise allein die Emissionen der Landwirtschaft nur geringfügig reduzieren würden. Eine globale Umverteilung von Einkommen zugunsten ärmerer Länder führe dort stattdessen zu mehr Fleisch- und Milchkonsum. Dies wäre den Autoren der Studie zufolge zumindest dann der Fall, wenn es keinen grundsätzlichen, weltweiten Paradigmenwechsel in der Lebensmittelproduktion gibt.

Die Studie empfiehlt deshalb, das Lebensmittelsystem strukturell zu transformieren, um eine nachhaltige, ausreichende und gesunde Lebensmittelwirtschaft zu erreichen. Dabei sollen zwar ebenfalls Ressourcen geschont und Einkommen umverteilt werden. Doch auch diese Studie kommt vor allem zu dem Schluss, dass der globale Konsum von Fleisch und Käse sinken und CO2-Emissionen des Sektors bepreist werden müssen. jb


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Kommentare

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Jürgen Kruse 23.05.2022, 10:07:06

Waldschutz ist Klimaschutz!: Der Artikel zum Waldverlust im Münsterland bzw. zur notwendigen Ökologisierung der Naturschutz- und Waldgesetze (Vollzugsdefizit aus Art. 20 a GG) :

"Naturnahe Waldwirtschaft in Zeiten der Klimaerhitzung? Ein Beispiel aus dem Münsterland zeigt die Notwendigkeit des Umdenkens in der Waldwirtschaft auf."

https://www.bundesbuergerinitiative-waldschutz.de/2022/05/01/naturnahe-waldwirtschaft-in-zeiten-der-klimaerhitzung/


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