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JahresemissionsmengenZwischenziel mit deutlichen Mängeln erreicht

Autos stehen im Stau auf einer Autobahn. Ein Mann ist aus dem Wagen gestiegen
Im Verkehrssektor stauen sich weiterhin die Emissionen auf. Die richtigen Ausfahrten aus diesem Dilemma sind vorhanden, werden aber nicht genutzt. (Bild: Alper Çuğun, flickr, CC BY 2.0)  

Positive Ansätze sind erkennbar, doch um die Klimaziele zu erreichen, muss Deutschland deutlich mehr Emissionen einsparen. Besonders über den Verkehrssektor entlädt sich der Frust. Rechtsbrüche werden zur Anklage gebracht.

16.03.2023 – Zuerst die guten Nachrichten: In den Sektoren Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und der Industrie sanken die Treibhausgasmissionen im letzten Jahr gegenüber 2021 deutlich, wie die jährlich veröffentlichten Berechnungen des Umweltbundesamtes belegen. In der Landwirtschaft gingen die Emissionen um gut 1,5 Prozent zurück auf 62 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Die im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegte Schwelle von 67,7 Millionen Tonnen wurde damit deutlich unterschritten. Der Rückgang der Schweinezahlen, weniger Mineraldünger und ein Verbot der Deponierung organischer Abfälle, trugen laut UBA zu dem Rückgang bei. Die Emissionen des Abfallsektors sanken sogar um rund 4,5 Prozent, zurückzuführen vor allem auf das Verbot der Deponierung organischer Abfälle.

Deutlich sanken auch die Emissionen im Sektor Industrie, die bei der letzten Veröffentlichung vor einem Jahr noch einen Anstieg verzeichneten. um 19 Millionen Tonnen, bzw. 10,4 Prozent auf 164 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente, sanken die Emissionen 2022 gegenüber 2021. Hauptgrund waren die gestiegenen Energiekosten infolge multipler Energiekrisen, insbesondere des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Vor allem in der metallverarbeitenden und chemischen Industrie wurde weniger Energie eingesetzt, um Kosten zu sparen. Die Industrie konnte die im Klimaschutzgesetz festgelegte Höchstmenge an Emissionen damit einhalten, ebenso wie die Energiewirtschaft, wo die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien um 9 Prozent anstieg. Insgesamt wurden die Zielwerte des Klimaschutzgesetzgesetzes für 2022 damit knapp eingehalten.

Das war es auch schon mit den guten Nachrichten

Doch im Sektor Energiewirtschaft stiegen die Treibhausgasemissionen zugleich um 10,7 Millionen Tonnen bzw. 4,4 Prozent, auf 256 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Der gesunkene Verbrauch teuren und knappen Erdgases wurde, neben Erneuerbaren Energien, vor allem durch Kohle und Öl kompensiert. UBA-Präsident Dirk Messner mahnt: „Um die Ziele der Bundesregierung bis 2030 zu erreichen, müssen nun pro Jahr sechs Prozent Emissionen gemindert werden. Seit 2010 waren es im Schnitt nicht einmal zwei Prozent.“

Sorgenkinder sind weiterhin die Sektoren Verkehr und Gebäude. Im Gebäudebereich kam es 2022 zwar zu einer Emissionsminderung von knapp sechs Millionen Tonnen (minus 5,3 Prozent) auf rund 112 Millionen Tonnen CO-Äquivalenten. Dazu trugen gestiegene Energiepreise und einhergehende Einsparungen, sowie die milde Witterung bei. Doch wie im Vorjahr überschritt der Sektor die erlaubte Jahresemissionsmenge, die bei 107,4 Millionen Tonnen CO-Äquivalenten liegt. Zumindest liegen aus Bau- und Wirtschaftsministerium Maßnahmen vor, die den Gebäudesektor auf den richtigen Pfad zur Erreichung der Klimaziele bringen können.

Neu eingebaute Heizungen sollen ab 2024 mindestens 65 Prozent Erneuerbare Energien nutzen. Vor allem der Einbau von strombetriebenen Wärmepumpen soll vorangetrieben werden. Doch es droht eine Blockade der FDP. Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sagt: „Es ist erst ein Jahr her, da sprach Finanzminister Lindner von den Freiheitsenergien. Jetzt blockiert er die Vorgaben für neue Heizungen, die diese stärken würden.“ Angesichts der verfehlten Klimaziele im Gebäudebereich, erklärte Barbara Metz Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), man werde die Bundesregierung notfalls vor Gericht dazu zwingen, den Turbo für die Erneuerbaren im Gebäudesektor einzulegen. Dazu gehöre auch die die konsequente Sanierung der energetisch schlechtesten Gebäude.

Ziel weit verfehlt

Gegen das im letzten Jahr vorgelegte Klimaschutz-Sofortprogramm des Bundesverkehrsministeriums klagt die DUH bereits vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Denn dieses reiche, laut dem Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung, nicht aus, die Klimaziele bis 2030 einzuhalten. Trotz Sofortprogramm ergebe sich rechnerisch immer noch eine Erfüllungslücke von 261 Megatonnen bis 2030, so der Expertenrat. Ein neues Rechtsgutachten kommt sogar zu dem Ergebnis, dass das Klimaschutzgesetz dazu verpflichte, Emissionen per Maßnahmen schon für das Folgejahr zu senken, und nicht erst kumuliert bis 2030.

Doch im Vergleich zu 2021 stiegen die Emissionen im Verkehrssektor wieder einmal an, um rund 1,1 Millionen Tonnen (0,7 Prozent). Mit rund 148 Millionen Tonnen ausgestoßenen CO₂-Äquivalenten, verfehlte der Sektor sein im Klimaschutzgesetz festgelegtes Ziel um rund 9 Millionen Tonnen. Nach den Corona-Einschränkungen nahm der Pkw-Verkehr wieder leicht zu. Zudem minderte der „Tankrabatt“ die hohen Kraftstoffpreise. „Die erneute, massive Überschreitung im Verkehrsbereich ist Ergebnis der anhaltenden Ablehnung von kurz- und mittelfristig wirksamen Minderungsmaßnahmen durch das Bundesverkehrsministerium“, sagt Antje von Broock. Volker Wissing nutze weder Tempolimit noch fiskalische Maßnahmen, wie die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs oder eine Reform der Kfz-Steuer.

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch zeigt sich Hoffnungsvoll angesichts der Klimaklage: „Nachdem bereits der eigene Expertenrat der Bundesregierung das Verkehrs-Sofortprogramm als rechtswidrig bewertet, fehlt mir jede Phantasie, wie wir unsere Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verlieren können. Nach einer Verurteilung zu einem kurzfristig wirksamen Sofortprogramm ist ein Tempolimit, das sofort über 11 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen würde, alternativlos.“ Auch der BUND hatte Anfang des Jahres Klagen gegen die Bundesregierung vor dem Oberverwaltungsgericht wegen Nichteinhaltung der Emissionsminderungsziele für Verkehr und Gebäude eingereicht. mg


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