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Die Meinung
27. März 2020

Bund und Länder müssen in der Krise kooperieren

Zur Bewältigung der Klima- und Artenkrise ist die naturverträgliche Energiewende notwendig. Der NABU schlägt Lösungen vor, bei denen Bund und Länder beim Klima- und Artenschutz an einem Strang ziehen können und müssen. Dies erhöht nicht nur die Qualität der räumlichen Steuerung und Genehmigung, sondern auch die Akzeptanz für die Energiewende.

Inga Römer, NABU Referentin

Inga Römer, NABU Referentin
Foto: Sevens + Maltry - NABU

27.03.2020 – Die Wissenschaft ist eindeutig, wir befinden uns inmitten einer menschengemachten Megakrise. Klima- und Artenkrise bedingen und verstärken sich gegenseitig mit unwiderruflichen Folgen, wenn wir nicht schnell handeln. Die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen und der Schutz und Wiederherstellung intakter Ökosysteme muss oberste Priorität haben.

Für die Praxis bedeutet das: Man muss sorgfältig entscheiden, welche Eingriffe zu Gunsten des Klimaschutzes akzeptabel sind und gleichzeitig Arten und Ökosysteme nicht gefährden. Außerdem benötigen wir eine vollständige Deckung unseres Stromverbrauchs durch Erneuerbare Energien und den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Gelingen wird dies nur, wenn unser Energie- und Ressourcenverbrauch gleichzeitig stark sinkt. Ein gesellschaftliches Umdenken, weniger statt mehr, und eine politische Agenda für mehr Suffizienz, Effizienz und geschlossener Kreislaufwirtschaft sind notwendig.

Warum der Ausbau der Windenergie ins Stocken geraten ist

Im Stromsektor trägt die Windenergie den Löwen-Anteil der Erneuerbaren Energien. Aktuell ist der Ausbau der Windenergie unter anderem wegen schlechter räumlicher Steuerung, rechtlichen Unsicherheiten und qualitativer Mängel bei Planung und Genehmigung ins Stocken geraten. Das führt oft entweder zu keiner oder zu einer naturschutzfachlich falschen Genehmigung und zu viel zu langen und komplizierten Verfahren. Gleichzeitig gelingt es nicht, den Ausbau mit besserer Beteiligung von Kommunen und Bürgern zu erleichtern und Akzeptanz zu schaffen. Das EEG-Ausschreibungsdesign trägt zu diesen Hemmnissen deutlich bei.

Gute Planung ist notwendig

Nach aktuellen Szenarien ist ein Zubau von ungefähr 4 Gigawatt Onshore-Windenergie jährlich nötig, um die Ausbauziele der Bundesregierung zu erreichen. Wir brauchen also dringend mehr geeignete Standorte. Die können wir nur dann identifizieren, wenn flächendeckend und in allen Bundesländern eine gute Regionalplanung mit Ausschlusswirkung etabliert wird. Dann herrscht Klarheit, wo Windenergieanlagen gebaut werden dürfen und wo nicht. Über die Regionalplanung müssen die Länder nach bundeseinheitlichen Kriterien Dichtezentren gefährdeter Arten für die Nutzung von Windenergie ausschließen und konkrete Standorte für die Windenergie zur Verfügung stellen. So können frühzeitig Fragen des Artenschutzes in Windeignungsgebiete geklärt werden.

Die Regionalplanung muss Teil eines Gesamtkonzeptes sein, mit dem länderspezifische Strommengenzielen für Erneuerbare Energien und die dafür benötigten Flächen definiert werden, gemeinsam und im Austausch zwischen dem Bund und den Ländern.

Artenhilfsprogramme stützen die Energiewende

Neben dem Schutz der Individuen einer Art ist es notwendig, dass wir uns mit dem langfristigen Schutz von Populationen auseinandersetzen. Denn entscheidend ist, dass der Erhaltungszustand der Population einer Art nachweislich stabil bleibt. Ist dies der Fall (und nur dann!) kann die auch jetzt schon bestehende Möglichkeit der artenschutzrechtlichen Ausnahme nach §45 (7) BNatschG zur Genehmigung einer Windenergieanlage erfolgen. Ein praktikabler Vorschlag ist die Kombination aus Artenhilfsprogrammen und einem staatlichen Monitoring der jeweiligen Arten, um die Wirksamkeit der Programme auch kontrollieren zu können.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme müssen aber über einen klaren behördenverbindlichen Leitfaden eindeutig geklärt werden, um eine rechts- und planungssichere Anwendung zu ermöglichen, die europarechtlich konform ist und den Schutz der Art nachweislich garantieren. Die Nutzung der Ausnahme muss aber immer mit einer Regionalplanung, also mit klarer Ausweisung von Windeignungsgebieten mit Ausschlusswirkung einhergehen. Artenhilfsprogramme müssen geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustandes enthalten – dabei muss auch dringend die Praxis der intensiven Landwirtschaft auf den Prüfstand. Eine Erteilung von Ausnahmen gekoppelt an Artenhilfsprogramme könnte auch das Repowering von Windenergieanlagen erleichtern, wenn eine naturschutzfachliche Neugenehmigung des Standorts nach heutigen Standards ansonsten keine Chance hätte.

Klimaschutz durch Windenergie und Artenschutz muss kein Gegensatz sein. Die notwendigen Vorschläge liegen vor, jetzt müssen Bund und Länder endlich die richtigen Weichen stellen: Ziele für den Ausbau auf Länderebene beschließen, eine flächendeckende Regionalplanung einführen und den Artenschutz zielführend durch Artenhilfsprogramme gestalten.




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