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Turów500.000 Euro Strafe täglich und der Kohleabbau geht weiter

Braunkohlebagger im Tagebau Turów
Der Braunkohletagebau Turów mitsamt Abraumhalde umfasst ein Gebiet von rund 50 Quadratkilometer. (Bild: MEDIA WNET, flickr, CC BY-SA 2.0)  

Weil Polen trotz eines gerichtlich angeordneten Abbaustopps von Braunkohle in Turów den Tagebau weiter betreibt, verhängte der Europäische Gerichtshof eine Strafe von 500.000 Euro täglich. Doch noch immer verweigert Polen die Schließung des Tagebaus.

22.09.2021 – Seit drei Monaten widersetzt sich Polen dem gerichtlich angeordneten Abbaustopp von Braunkohle im Tagebau Turów. Angeordnet hatte diese einstweilige Verfügung der Europäische Gerichtshof. Die polnischen Behörden müssten den Tagebau stoppen, bis das EuGH ein Urteil bezüglich einer Klage Tschechiens gegen den Braunkohletagebau auf polnischem Gebiet gefällt hat. Da sich Polen der einstweiligen Verfügung widersetzt, verhängte das EuGH am Dienstag eine Geldstrafe von 500.000 Euro jeden Tag, an dem der Kohleabbau fortgeführt wird.

Doch Polen lehnt eine Schließung des Tagebaus weiterhin ab. „Sie könnte die Stabilität des polnischen Energiesystems gefährden“, zitierte euractiv den polnischen Regierungssprecher Piotr Muller nach Verkündung der Geldstrafe. Keine Entscheidung des Gerichtshofs dürfe die Bereiche verletzen, die mit der grundlegenden Sicherheit der Mitgliedsstaaten zusammenhängen. Und zu denen gehöre die Energiesicherheit, so Muller. die vom Gerichtshof beschlossene Geldstrafe sei daher „unverhältnismäßig zur Situation“ und „nicht durch die Fakten gerechtfertigt“.

Trinkwasserversorgung gefährdet

Für Tschechien geht es jedoch um die Trinkwasserversorgung der Region Liberec, die an Polen und den Tagebau angrenzt. Tschechien hatte im Februar Klage vor dem EuGH gegen Polen und deren Genehmigung für den Weiterbetrieb des Tagebaus bis 2026 eingereicht. Untersuchungen hatten ergeben, dass die für den Tagebau nötige Absenkung des Grundwasserspiegels zu Verlust von Trinkwasser in Liberec führt. Auch die Luftverschmutzung ist in der Grenzregion ein Problem.

Eine nach EU-Recht erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung in Zusammenarbeit mit betroffenen Nachbarstaaten, sei laut tschechischer Anklage nicht vorhanden. Für den EuGH waren die Argumente stichhaltig genug, den sofortigen Stopp zum Schutz der Umwelt zu veranlassen, bis ein finales Urteil gefällt wird. Tschechien erklärte sich wiederholt bereit Verhandlungen mit Polen bezüglich des Weiterbetriebs von Turów zu führen. Dafür aber müsste Polen den gerichtlich verfügten Abbaustopp erst einmal akzeptieren, hieß es aus dem tschechischen Umweltministerium.

Auch nach Verhängung der Geldstrafe sagte der tschechische Umweltminister Richard Brabec gegenüber euractiv: „Wir wollen – und ich hoffe, dass Polen dasselbe will – eine Einigung erzielen. Dabei geht es nicht nur um Geld und Entschädigungen, sondern auch um technische Bedingungen, die vor einer Fortsetzung des Bergbaus erfüllt werden müssen.“ Tschechien fordert von Polen unter anderem die Finanzierung neuer Trinkwasserquellen auf tschechischer Seite sowie alle verfügbaren Informationen über Auswirkungen des Tagebaus und regelmäßige Kontrollen.

Geldstrafe zu gering

Petra Urbanová, Rechtsanwältin der Frank Bold Society, die den Menschen in der Region Liberec in rechtlichen Fragen beisteht, befürchtet jedoch, dass die nun verhängte Geldstrafe zu gering ist. „Die polnische Regierung hat bereits vor Wochen signalisiert, dass sie bereit ist Strafen zu zahlen, die bis zu zehn Mal höher sind und sie die Gerichtsentscheidung nicht respektieren werden“, so Urbanová. Für die Bürger Tschechiens und Deutschlands, sowie dem Klimaschutz steht jedoch viel auf dem Spiel.

Und auch aus Polen gibt es kritische Stimmen. Katarzyna Kubiczek von der polnischen Umweltorganisation EKO-UNIA Ecological Association sagte: „Das Geld, dass die polnische Regierung für die Bezahlung dieser Geldstrafe verschwenden wird, könnte viel besser eingesetzt werden, den Menschen in der Zgorzelec Region zu helfen, im Zuge der nötigen Transformation in neue Jobs zu kommen.“ Die Zgorzelec Region umfasst auch das Gebiet, in dem der Braunkohletagebau Turów und das dazugehörige Kohlekraftwerk liegen.

Anna Cavazzini, Europaabgeordnete für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen, kündigte nach der Verhängung der Geldstrafe an, dass alle europäischen Institutionen den Druck erhöhen werden, Polen zur Einkehr und Stopp des Tagebaus zu bewegen. Die erste Anhörung zur Klage Tschechiens gegen Polen wird derweil am 9. November stattfinden. Im Frühjahr 2022 könnte ein Urteil fallen. Bis dahin scheint Polen bereit zu sein, 500.000 Euro täglich zu zahlen. Urbanová wies daraufhin, dass die EU-Kommission Polen zusätzlich bestrafen könne, indem sie EU-Mittel zurückhält. Auch weitere rechtliche Mittel und Sanktionsmöglichkeiten sollten laut Urbanová in Betracht gezogen werden. mf


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