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Australiens Kampf für die Kohle

Umweltschützer konnten im März 2014 für kurze Zeit die Arbeiten in der größten im Bau befindlichen Kohlemine Australiens in Maules Creek im Bundesstaat New South Wales stoppen. Die Mine steht stark in der Kritik, weil sie tief in den nun nicht mehr
Umweltschützer konnten im März 2014 für kurze Zeit die Arbeiten in der größten im Bau befindlichen Kohlemine Australiens in Maules Creek im Bundesstaat New South Wales stoppen. Die Mine steht stark in der Kritik, weil sie tief in den nun nicht mehr öffentlich zugänglichen Leard State Forest gebaut wurde und das sensible Ökosystem zerstört. (Foto: ©Greenpeace/LEARD FOREST ALLIANCE, flickr.com, CC BY 2.0)

Australiens konservativer Premierminister Tony Abbott gilt als wehrhafter Klimawandelleugner und will die Kohleförderung in Down Under weiter ausbauen. Seine Koalition mit der Bergbauindustrie spaltet die australische Gesellschaft und gefährdet Naturschutzgebiete und das Great Barrier Reef.

24.07.2015 – Die einflussreiche australische Rohstoffindustrie kann sich der Unterstützung des mächtigsten Mannes des Landes sicher sein. Seit seinem Amtsantritt 2013 setzt Premierminister Tony Abbott radikal seine Ansichten durch. Denn: „Kohle ist gut für die Menschheit.“ Zumindest in den Augen des umstrittenen Regierungschefs. Mit diesen Worten weihte er im Herbst letzten Jahres die Kohlemine Caval Ridge im Bundesstaat Queensland ein. Für die australische Regierung ist Kohle ein essenzieller Bestandteil für die Zukunft der heimischen Wirtschaft und die der ganzen Welt.

Dabei stehen Abbotts Minister ihrem Chef offenbar in nichts nach. Schon seinen Wahlkampf legte der Premierminister auf die Leugnung des Klimawandels und die Förderung der australischen Rohstoffindustrie aus. Eine der ersten Maßnahmen als Regierungschef war dann auch die Rücknahme sämtlicher Klimaschutzmaßnahmen seiner Vorgängerregierung, inklusive Abschaffung der CO2-Steuer. Tatkräftige Unterstützung erhielt er dabei von der Kohleindustrie, u.a. von Clive Palmer, milliardenschwerer Bergbauunternehmer und Chef seiner eigenen Partei „Palmer United Party“ (PUP).

Im australischen Oberhaus ist die PUP oft das Zünglein an der Waage, denn Premierminister Abbott verfügt über keine eigene Mehrheit. So wurden nicht nur gemeinsam Klimaschutzmaßnahmen und die CO2-Steuer sondern auch die erst 2012 eingeführte Erhöhung der Besteuerung auf Bergbauerträge abgeschafft. Nur drei Monate nach dem Amtsantritt Tony Abbotts genehmigte die Regierung ein stark umstrittenes Kohleprojekt von Palmers Firma Mineralogy.

Kohle-Projekt zerstört Naturschutzgebiet und gefährdet Great Barrier Reef

Das Projekt, das wohl am deutlichsten den Kohle-Wahn der australischen Regierung und der Bergbauunternehmen zeigt, ist die geplante Ausbeutung eines der größten Steinkohlevorkommen der Welt im Galilee Basin im Bundesstaat Queensland. Gleich mehrere Bergbaufirmen planen dort im Nordosten Australiens insgesamt neun Kohleminen, unter anderem auch das Unternehmen Waratah Coal von Clive Palmer. Dass der Minenausbau das Bimblebox-Naturschutzgebiet in Zentral-Queensland zerstören würde, ist sowohl Palmer als auch den verantwortlichen Politikern offenbar gleichgültig. Das Projekt erhielt im August 2013 grünes Licht von der Regierung Queenslands und im Dezember 2013 von der Nationalregierung.

40 Millionen Tonnen Kohle sollen so pro Jahr gefördert, per Bahn an die Ostküste transportiert und dort nach China verschifft werden. Im Juli 2014 wurde das zweite Großprojekt im Galilee Basin genehmigt. Carmichael heißt das Vorhaben der indischen Firma Adani, die jährlich 60 Millionen Tonnen Kohle ebenfalls über die Ostküste nach Indien verschiffen will. Für das Projekt setzte sich die Regierung sogar über die Einschätzung des Independent Expert Scientific Committees hinweg, das als unabhängiges Beratergremium 2012 gegründet wurde, um den Staat und Behörden bei fossilen Projekten zu beraten. Die Experten hatten aus Umweltschutzgründen massive Bedenken angemeldet.

Das Carmichael-Projekt ist eines der größten Kohlevorhaben weltweit und wird zu Australiens größter Kohlemine aufsteigen. 189 Kilometer wird die Steinkohle bis an die Küste nach Abbot Point transportiert, wo ein neuer Kohlehafen gebaut werden muss. Umweltschützer, Anwohner, Oppositionspolitiker und Aktivisten aus dem In- und Ausland zeigten sich schockiert. Denn für den gigantischen Kohleabbau werden große Mengen an Grundwasser im trockenen Osten des Landes entnommen und weitläufige Vegetation zerstört, Tieren die Lebensgrundlage entzogen. Nicht zuletzt der Bau neuer Kohlehäfen mitten im Great Barrier Reef gefährden das weltbekannte einzigartige Ökosystem und die sensiblen Korallenriffe.

Höchster Pro-Kopf-CO2-Ausstoß der Welt

Dabei ist Down Under süchtig nach Kohle, 80 Prozent des australischen Energiebedarfs wird durch Kohlekraftwerke gedeckt. Der Export von Kohle, aber auch Uran und anderen Rohstoffen ist für die Wirtschaft des Landes von enormer Bedeutung. Es sind gerade die energieintensiven Industriezweige, die eine wichtige Rolle für den Wohlstand des Landes einnehmen. Und gerade deshalb muss die Politik anfangen, Veränderungen einzuleiten und einen Wandel herbeizuführen. Denn Australien hat den größten Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 weltweit.

Doch die Politik von Premierminister Tony Abbott macht derzeit alle Hoffnungen zunichte. Zu den Klimaverhandlungen im Dezember 2013 in Warschau schickte der Premier kein einziges Mitglied seiner Regierung. Ein Jahr später versuchte er das Thema Klimawandel von der Agenda des G20-Gipfeltreffens in Brisbane zu verbannen. Dabei ist es gerade sein Land, das allen Klimaprognosen zufolge stark vom Klimawandel betroffen sein wird. Der Südosten, in dem die meisten Australier leben, wird noch trockener als er ohnehin schon ist. Hitzewellen, Dürre und extreme Trockenheit werden den Klimamodellen nach zu urteilen zunehmen. Den Norden des Landes erwarten mehr tropische Stürme und Überflutungen.

Der Premierminister spaltet die Gesellschaft

Dabei hat Australien nahezu perfekte Bedingungen für Erneuerbare Energien. Der Kontinent ist größtenteils trocken und sonnig sowie sehr windig. Doch die Politik Abbotts macht die Erfolge der letzten Jahre im Bereich der Erneuerbaren Energien bereits teilweise zunichte. Auch wenn die Regierung bislang am Widerstand des Parlaments gescheitert ist, die Erneuerbaren-Ziele komplett abzuschaffen, ist der Industriezweig fast zum Erliegen gekommen. Niemand errichtet mehr Wind- oder Solarparks, heißt es aus der Branche. Denn es sei vollkommen unsicher, wie es weitergehe.

Experten warnen, dass Firmen sich bereits im Ausland umsähen und die Gefahr bestehe, die über viele Jahre aufgebaute Industrie und Expertise zu verlieren. Auch Forscher verlassen Australien, nachdem die Regierung Forschungsgelder für Erneuerbare Energien radikal gekürzt hat. Mit seinem radikalen Kurs spaltet die Regierung zunehmend die australische Gesellschaft. Auf der einen Seite stehen die verantwortlichen Politiker der National- und Regionalregierungen, sowie Kohle- und Bergbauindustrie, die Wohlstand und Arbeit mit neuen Kohleprojekten fördern wollen. Auf der anderen haben sich besorgte Bürger, Umweltaktivisten und Wissenschaftler zusammengeschlossen und kämpfen für Umwelt- und Gesundheitsschutz, gegen den Klimawandel und für Erneuerbare Energien.

Australiens Jugend kämpft für den Klimaschutz

Neue Studien deckten in diesem Jahr auf, dass allein die fünf größten Kohlekraftwerke des Landes im Hunter Valley im Bundesstaat New South Wales Gesundheitskosten von jährlich 600 Millionen australischen Dollar (400 Millionen Euro) verursachen. Ein Bericht der Climate and Health Alliance (CAHA) vom Februar 2015 zufolge, belaufen sich die Kosten der Gesundheitsschäden durch Kohleverbrennung in Australien auf insgesamt 2,6 Milliarden australische Dollar (1,7 Milliarden Euro).

Eine der größten Kämpfer gegen die konservative Regierung und die Kohlelobby ist die Australian Youth Climate Coalition (AYCC). Mit mehr als 100.000 Mitgliedern hat sie mehr Mitglieder als alle australischen Parteien zusammen. Die Jugend setzt sich für mehr Klimaschutz ein und will den Kohleprojekten den Geldhahn zudrehen. Aktuell kämpfen die jungen Umweltschützer gegen die geplanten Kohleminen im Galilee Basin. Um dort die Kohleförderung zu verhindern, überzeugen sie Banken und Geldgeber, nicht in die neuen Kohlehäfen im Great Barrier Reef zu investieren. Können die Häfen nicht gebaut werden, wären die Kohleminen hinfällig. Mit großen Kampagnen, Online-Petitionen und Gesprächen in Firmenzentralen haben sie schon einige zur Aufgabe bewegt – darunter auch eine australische Baufirma und mehrere internationale Banken wie die Deutsche Bank. Derzeit scheint die australische Jugend die einzige Hoffnung im Kampf gegen die Kohlelobby um Premierminister Tony Abbott zu sein. Clemens Weiß


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