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Fossiles InvestmentDie EU will weiterhin gigantische Gas-Projekte fördern

Aufsteigender Qualm aus fossiler Produktion
Fossile Energien treiben die Klimakrise voran. (Bild: Chris LeBoutillier, pexels, Public Domain)

Allen Ankündigungen auf der Weltklimakonferenz zum Trotz, legte die EU-Kommission diese Woche eine neue Liste mit Energieinfrastrukturvorhaben der Europäischen Union vor, die mehrere große Gas-Projekte enthält.

12.11.2021 – Ob beim Global Methane Pledge oder der Ankündigung die Finanzierung fossiler Brennstoffe zu beenden, die Europäische Union und seine Institutionen geben sich auf der Weltklimakonferenz in Glasgow scheinbar willens, gegen die Energiegewinnung aus Gas vorzugehen. Neben den entstehenden CO2-Emissionen machen Wissenschaftlern und Klimaschützern vor allem die zum Teil unkontrolliert entweichenden Methan-Emissionen Sorgen, die in der Wertschöpfungs- und Lieferkette von Gas entstehen. Zwar bleibt Methan kürzer in der Atmosphäre, ist aber über seine Halbwertszeit von mehr als 20 Jahren fast 90-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid.

Doch schon das Vorhaben der EU-Kommission, im Rahmen einer neuen Taxonomie-Verordnung, neben Atomkraft auch Gas unter bestimmten Bedingungen weiterhin als förderwürdig einzustufen, offenbart eine Diskrepanz zwischen den Ankündigungen der Europäischen Union auf der COP und dem tatsächlichen Vorgehen hinsichtlich neuer Gas-Projekte.

Nun hat die EU-Kommission ihre neue Liste von Energieinfrastrukturvorhaben von besonderem Interesse veröffentlicht – die sogenannte PCI-Liste, der Projects of Common Interest. Diese soll das gemeinsame europäische Interesse einer gesicherten Energieversorgung mit neuen Infrastrukturprojekten vorantreiben. Entsprechende Projekte können mit EU-Mitteln gefördert werden sowie beschleunigte Genehmigungsverfahren in Anspruch nehmen. Und wie in den vergangenen Jahren, finden sich auch in der neuen PCI-Liste Gasprojekte.

Milliarden für Gasprojekte

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kritisiert: „Während die Europäische Kommission sich bei der Klimakonferenz feiern lässt und vollmundig Klima-Versprechen abgibt, will sie jetzt Milliarden für fossile Gasprojekte freigeben. Damit macht sie sich unglaubwürdig im Einsatz gegen die Klimakrise und stellt ihre Rolle als Klimavorreiterin infrage.“

Teil der neuen PCI-Liste ist etwa eine geplante Gas-Pipeline, die unter anderem durchs Mittelmeer führen soll und mit insgesamt 1.900 Kilometern Europas längste und weltweit tiefste Pipeline werden würde. Die Kosten für dieses gigantische Projekt werden auf fünf bis zehn Milliarden Euro beziffert. Auch weitere Pipelines sowie mehrere LNG-Terminals für den Import von Flüssigerdgas sind in Planung und sollen im Rahmen der PCI-Liste von der EU gefördert werden.

Bloss weist daraufhin, dass Gas bereits jetzt in Europa für mehr CO2-Emissionen verantwortlich ist als die Kohleverstromung. Das belegen Zahlen der Internationalen Energieagentur. „Nach Angaben der Kommission muss die EU ihren Gasverbrauch bis 2030 um 36 Prozent reduzieren, aber wir werden dieses Ziel nicht durch den Bau neuer Gasinfrastrukturen erreichen. Wenn diese Liste angenommen wird, wird sie die EU davon abhalten, das Pariser Abkommen und das EU-Klimagesetz einzuhalten“, so Bloss.   

Weitere Abhängigkeit droht

Auch Jutta Paulus von den Grünen und Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments warnt: „Jeder Cent, der für die Infrastruktur fossiler Brennstoffe ausgegeben wird, ist verschwendetes Geld und behindert den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft.“ Kritik gab es ebenfalls von Umweltverbänden. "Weiter fossile Brennstoffe zu fördern passt überhaupt nicht zur Realität des Klimanotfalls", so Colin Roche von Friends of the Earth gegenüber der dpa.

Und nicht nur für den Klimaschutz scheint eine Abkehr von Gas dringend geboten. Die zuletzt stark gestiegenen Energiepreise, die vor allem auf hohe Kosten für Gas zurückzuführen sind, machen die Abhängigkeit Europas vom Gas allzu deutlich. Und das Gas kommt vor allem aus Russland, das die Lieferungen an geopolitische Interessen knüpft.

Auch die USA versucht mittels neuer LNG-Terminals, ihr Flüssigerdgas vermehrt nach Europa zu exportieren. Die EU-Kommission erklärte infolge der hohen Energiepreise nicht nur kurzfristig Geldtransfers an Bedürftige zu vergeben sowie Steuersenkungen einzuführen, sondern mittelfristig mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien Unabhängigkeit von fossilen Importen zu schaffen.

Der Vorschlag für die neue EU-Taxonomie-Verordnung sowie die PCI-Liste weichen jedoch von dieser Ankündigung ab. Die Förderung neuer Gas-Projekte noch abzuwehren, könnte indes schwierig werden. Die europäischen Mitgliedsstaaten signalisierten bereits ihre Zustimmung zur neuen Taxonomie und PCI-Liste. Auch im Europäischen Parlament wird sich voraussichtlich eine Mehrheit für die Finanzierung neuer Gas-Projekte aussprechen. Anfang 2020 scheiterte ein Antrag der Grünen im Parlament, die letzte PCI-Liste mit damals 32 Gas-Projekten zu überarbeiten. mf            


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Kommentare

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Horst Rüter 13.11.2021, 10:50:57

Inzwischen sollte doch allen Politikern und auch den Medien bekannt sein, dass wegen der Methanleckagen Gas mindestens genauso klimaschädlich ist wie Kohle. Immer mehr zeigt sich, dass der überhastete Ausstieg aus der heimischen Kohle und das Umsatteln auf importiertes Gas ein Fehler ist. Warum sind uns russische Arbeistplätze wichtiger als die eigenen, wenn das klimatechnich gar nichts bringt?


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