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KohleausstiegsgesetzEU-Kommission rechnet mit früherem Kohleausstieg Deutschlands

Kohlebagger am Braunkohleabbaufeld Schleenhain
Wann werden die Kohlebagger in Deutschland in den Ruhestand geschickt? (Foto: OnkelP / Pixabay)

Laut dem gerade erst beschlossenen Kohleausstiegsgesetz soll Deutschland bis 2038 aus der Kohle aussteigen – viel zu spät, sagen Wissenschaftler und Klimaschützer. Die EU-Kommission erwartet schon jetzt einen früheren Ausstieg der Bundesrepublik.

08.07.2020 – Seit letzter Woche ist es beschlossene Sache: Deutschland steigt spätestens 2038 aus der Kohleverstromung aus. Am Freitag hatte der Bundestag für das stark diskutierte Kohleausstiegsgesetz gestimmt. Und damit nicht nur für einen verbindlichen Kohleausstieg, sondern auch für das sogenannte „Strukturstärkungsgesetz“, das den Kohleregionen Milliardenhilfen sichert. Ungeachtet der Kritik, die in den letzten Wochen immer lauter wurde. Und ungeachtet der vielen Gutachten und Analysen, die zeigen, dass Deutschland schon viel früher aus der Kohle aussteigen könnte.

Ich glaube, wir können einen beschleunigten Wandel sehenAuch wenn das Kohleausstiegsdatum derzeit auf das Jahr 2038 festgelegt ist, erwartet die EU-Kommission schon jetzt, dass Deutschland schneller aussteigen wird. „Ich glaube, wir können einen beschleunigten Wandel sehen“, sagte Vizekommissionspräsident Frans Timmermans am Montag bei der BloombergNEF-Veranstaltung „Investing in the transition of Europe’s coal regions“. Er sei fest davon überzeugt, dass die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien dank dramatisch sinkender Kosten die Braun- und Steinkohlekraftwerke schneller aus dem Netz drängen werden, als Experten es vor einigen Jahren noch prognostiziert hatten.

Kohlestrom ist unwirtschaftlich

Schon heute werden unrentable Kohlekraftwerke nur noch künstlich am Leben gehalten. Der Europäische Emissionshandel treibt die Kosten der Braunkohleverstromung in die Höhe und Finanzinstitute ziehen ihr Geld zunehmend aus dem Kohlegeschäft raus. Bau und Betrieb regenerativer Anlagen sind dagegen meist günstiger als der Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken – die ökologischen Folgekosten noch nicht einmal mit einberechnet.

Diese Entwicklung zeigt sich auch bei der deutschen Stromerzeugung, wo fossile Kraftwerke immer öfter aus dem Netz gedrängt werden. In der ersten Jahreshälfte dieses Jahres ließen die Erneuerbaren-Anlagen Kohlekraftwerke alt aussehen, ihr Anteil sank auf unter 20 Prozent an der gesamten Nettostromerzeugung. Großbritannien macht schon seit einigen Jahren vor, wie schnell ein Ausstieg aus der Kohleverstromung gehen kann. Im Juni vermeldete die einstige Kohlenation, bereits seit zwei Monaten gänzlich auf seine Kohlekraftwerke verzichten zu können. Es war ein historischer Wendepunkt für das Vereinigte Königreich.

Ein weiteres europäisches Beispiel: Ende Juni machte Spanien die Hälfte aller verbliebenen Kohlekraftwerke dicht, die anderen werden bald folgen. Der Grund: Seit staatliche Förderungen wegfallen sind und der Emissionshandel angezogen hat, macht Kohlestrom rein wirtschaftlich keinen Sinn mehr. Hatten die Kohlekraftwerke 2018 an Spaniens Stromkonsum noch einen Anteil von 15 Prozent, sank dieser im Mai auf nur noch 1,4 Prozent.

Wir müssen das Kohle-Kapitel umblättern„Um der erste klimaneutrale Kontinent der Welt zu werden, müssen wir das Kohle-Kapitel umblättern“, so Timmermans. Das Loslassen einer Branche, die seit vielen Jahrzehnten viele Arbeitsplätze gestellt hat, sei natürlich kein einfacher Prozess. Europa wäre aber bereit, die Länder dabei zu unterstützen.

„Wirtschaftswachstum und Bekämpfung des Klimawandels gehen Hand in Hand“, sagt Michael Bloomberg, Gründer von Bloomberg LP. Der jüngste Bericht von Bloomberg Philanthropies and BloombergNEF (BNEF) zeige, dass es für die EU-Länder, die noch immer auf Kohle angewiesen sind, einen klugen wirtschaftlichen Weg aus dem klimaschädlichen Energieträger gebe.

Welchen Weg Deutschland beim Thema Kohleausstieg einschlägt, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Bleibt das Kohleausstiegsgesetz in seiner jetzigen Form bestehen, deutet alles darauf hin, dass die Kohlemeiler krampfhaft am Netz gehalten werden – auch wenn das aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht Unsinn ist. jk


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