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Alles für die ÖlsandeKanadas schizophrene Klimastrategie

Fort McMurray im Nordosten Albertas gilt als Hauptstadt der Ölsand-Abbaus. (Foto: © eryn.rickard / flickr.com, CC BY 2.0)

Die Kanadier betreiben dieser Tage eine schizophrene Klimastrategie: Um den Abbau klimaschädlicher Ölsande weiter auszubauen, werden Kohlekraftwerke geschlossen, CO2-Preise erhöht und Erneuerbare Energien ausgebaut. Die Ölindustrie gewinnt.

27.03.2018 – Die drittgrößten Ölreserven der Welt schlummern in der Erde Albertas, der westlichsten der Prärieprovinzen und gleichzeitig die reichste Provinz Kanadas. Die großen Ölvorkommen und das viele Geld sind eng miteinander verwoben, Alberta und Kanada sind wirtschaftlich abhängig vom Abbau der Ölsande, der 2016 einen Bruttoumsatz von 36 Milliarden kanadischen Dollar (gut 22 Milliarden Euro) generierte. Deshalb verfolgt der Bundesstaat mit Rückendeckung aus der Hauptstadt Ottawa eine paradoxe Klimastrategie: CO2-intensive Aktivitäten sollen heruntergefahren und klimaschädliche Emissionen vermieden werden, gänzlich ausgenommen ist mit der Ölindustrie aber der größte Klimakiller.

Im Dezember fand Albertas erste Auktion für neue Erneuerbaren-Energien-Anlagen statt zudem laufen die Vorbereitungen zum Abschalten von sechs Kohlekraftwerken. Nachdem die CO2-Preise zum 1. Januar um 50 Prozent angehoben wurden, nimmt der Umbau der Energieversorgung weiter an Fahrt auf. Die Stromerzeugung aus Kohle rauschte um 50 Prozent in den Keller, großer Gewinner sind Erdgas und in Zukunft Erneuerbare Energien. Das zeigen Daten des Analysespezialisten Bloomberg New Energy Finance.

Kohle opfern um Öl zu fördern

Die Kanadier verfolgen damit eine ausgeklügelte Strategie: Sie opfern die für ihre Wirtschaft weniger wichtige Kohleindustrie um die finanziell starke Ölindustrie ausbauen zu können. So will Kanada die Klimaziele von Paris einhalten, zu denen es sich verpflichtet hat. Doch die Ölsand-Fördermenge soll bis 2030 weiter steigen, von 2,4 Millionen Fässern am Tag in 2016 auf 3,67 Millionen. Um die zusätzlichen Emissionen muss sich die Ölindustrie dennoch keine Sorgen machen, sie ist vom CO2-Preis ausgenommen.

Auf lange Sicht kann diese Strategie kaum funktionieren. Das Land begibt sich in noch größere finanzielle Abhängigkeit von der Ölindustrie und ist zudem den Schwankungen am Ölmarkt ausgeliefert. Dass Ottawa im Zweifel bereit ist, für die Ölindustrie aufs Klima zu pfeifen, wäre nichts Neues. Schon 2011 stieg das Land aus dem Kyoto-Abkommen, dem Vorläufer des Pariser Vertrags, aus, weil die CO2-Emissionen aus dem Ölsand-Abbau stark anstiegen.

Norwegen und Kalifornien haben ähnliche Probleme

Die Kanadier sind mit ihrem Problem allerdings nicht allein. Auch Norwegen und Kalifornien verfolgen schizophren anmutende Strategien. Während sich die Skandinavier fast ausschließlich mit Wasserkraftstrom versorgen und Weltmeister im Fahren von Elektroautos sind, versorgen sie die Welt im großen Maßstab mit schmutzigem Öl und Gas. Drittgrößter Gas-Exporteur der Welt und größter Erdöl-Produzent Westeuropas ist das in sonst vielen Bereichen vorbildliche Land.

Kalifornien fällt regelmäßig mit ambitionierter Klimapolitik auf, etwa dem 40-Prozent-CO2-Minderungsziel für 2030. Bis 2020 wird die Hälfte des Stroms aus Erneuerbaren Energien stammen und auch im Bereich der E-Mobilität sind die Kalifornier federführend. Gleichzeitig ist der Westküstenstaat nach wie vor der viertgrößte Ölproduzent der USA. cw


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