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Klimaschutz-SofortprogrammSchutz und Beteiligung der Bürger im Blick

Annalena Baerbock in schwarzem Kleid bei einer Rede
Für Annalena Baerbock und die Grünen geht es jetzt darum mit Inhalten zu punkten. (Bild: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN NRW, flickr, CC BY-SA 2.0)  

Mit ihrem Klimaschutz-Sofortprogramm wenden sich die Grünen wieder verstärkt den Bürgern zu. Und das könnte gelingen. Vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen sollen besser unterstützt werden, ebenso wie Tagebaubetroffene und die Bürgerenergie.

05.08.2021 – Nachdem die Grünen wochenlang mit möglichen Plagiaten im Buch ihrer Spitzenkandidatin Annalena Baerbock und Zwist im saarländischen Landesverband zu kämpfen hatten, wollen sie mit dem diese Woche vorgestellten Klimaschutz-Sofortprogramm den Fokus wieder stärker auf Inhalte legen.

 „Wir werden im Kabinett das größte Klimaschutzpaket beschließen, das es jemals gegeben hat“, kündigten die Grünen im Falle einer Regierungsbeteiligung an. Mit der Forderung nach einem Klimaschutzministerium mit Veto-Recht gegenüber anderen Ministerien zogen sie sogleich Kritik anderer Parteien auf sich. Die Umsetzung eines solchen Ministeriums in Koalitionsverhandlungen könnte schwierig werden. Doch wie sieht es mit den Forderungen nach sozial gerechtem Klimaschutz sowie Beteiligung der Bürger aus?

Energiegeld und Mindestlohn

Zur Abfederung eines steigenden CO2-Preises – der für Wärme und Verkehr 60 Euro ab 2023 betragen soll – weisen die Grünen schon länger daraufhin, dass sie die Einnahmen daraus in Form eines Energiegeldes und Absenkung der EEG-Umlage vollständig an die Bürger zurückgeben wollen. Wer das Klima dann überdurchschnittlich belaste, solle dafür zahlen. Wer das Klima hingegen schone, habe am Ende mehr in der Tasche. Dabei haben Besserverdienende im Durchschnitt einen höheren CO2-Ausstoß zu verantworten. Menschen mit geringerem Einkommen würden also im Durchschnitt stärker profitieren.

Mit der Vorstellung des Sofortprogramms verbinden die Grünen auch ihre Forderung nach einem Mindestlohn von 12 Euro mit sozial gerechtem Klimaschutz. Dies helfe, dass „gerade Menschen mit niedrigen Einkommen nicht durch steigende Preise bei einzelnen Gütern im Klimaschutz überfordert werden“, so die Grünen in ihrem Sofortprogramm. Unter anderem für Pendler und Eigenheimbesitzer mit niedrigeren Einkommen wollen die Grünen darüber hinaus einen Klimabonus-Fonds auflegen, der diese etwa beim Kauf einer Wärmepumpe, einem emissionsfreien Fahrzeug oder Umstieg auf Bus und Bahn unterstützt.

Mieter entlasten

Auch Mieter sollen nach dem Willen der Grünen durch den Anfang des Jahres eingeführten CO2-Preis für Wärme nicht stärker belastet werden. Aktuell tragen die Mieter die zusätzlichen Kosten für Wärme allein. Ein Beschluss der Großen Koalition, nach der sich Mieter und Vermieter die zusätzlichen CO2-Kosten teilen müssen, war am Widerstand einiger Unionsabgeordneter gescheitert.

Die Grünen fordern, ebenso wie SPD und Linke, eine vollständige Entlastung der Mieter und Belastung der Vermieter. Denn es sind die Hauseigentümer, die über Sanierungsmaßnahmen entscheiden. Und mit einer kompletten Umlegung der Kosten, könnte für diese der Druck steigen klimarelevante Sanierungen durchzuführen.

In ihrem Klimaschutz-Sofortprogramm verweisen die Grünen auch auf ihre Forderung nach einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld. Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaftsweise müssen Unternehmen umgebaut werden und Beschäftigte zusätzliche Qualifikationen erlangen.. In Phasen des Umbaus könnten Betriebe ihre Beschäftigten mit dem neuen Kurzarbeitergeld im Betrieb halten und nachhaltig qualifizieren, so die Grünen.

Bürgerenergie stärken

Um die Akzeptanz für die Energiewende zu steigern, wollen die Grünen vor allem die Bürgerenergie stärken. Im Wahlprogramm der Grünen findet sich bereits die Forderung Bürger-Projekte bei Wind- und Solarparks besonders zu fördern und alle europarechtlich garantierten Möglichkeiten für Energiegemeinschaften auszuschöpfen. Auch Mieterstrom solle entbürokratisiert und so weiterentwickelt werden, dass Mieter stärker vom Ausbau der Erneuerbaren profitieren.

Mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm bringen die Grünen darüber hinaus einen “Bürger*innenenergiewende-Fonds“ ins Spiel, worüber anfängliche Kosten für kleinere Akteure abgesichert werden sollen. Finanzstarke Akteure investieren verstärkt in Erneuerbare Energien und verdrängen zunehmend Bürgerenergieprojekte. Dabei sorgt eine bessere Beteiligung der Bürger für eine höhere Akzeptanz der Energiewende. Der von den Grünen angedachte Fonds soll helfen, dass Bürgerenergieprojekte sich wieder stärker am Aufbau von Wind- und Solaranlagen beteiligen können.

Wie die Pressestelle des Bundesvorstands der Grünen auf Anfrage der energiezukunft mitteilt, können sich Bürger mit ihren Ideen um Förderung bewerben, denn bevor ein konkretes Vorhaben überhaupt an den Start gehe müssten unter anderem Pläne gemacht und Gutachten eingeholt werden. Das koste alles Geld - ohne dass schon klar ist, dass das Projekt überhaupt verwirklicht werden kann. Erst wenn das Projekt bewilligt ist und umgesetzt wird, müsse das Geld zurückgezahlt werden, so die Pressestelle. 

Tagebaubetroffene schützen

Ebenfalls neu ist das Versprechen der Grünen, das Bundesberggesetz so zu reformieren, dass keine Dörfer mehr für die Erweiterung von Braunkohle-Tagebauen abgebaggert werden dürfen. Bislang ist in dem Gesetz die Regelung enthalten, dass die Enteignung von Grundstücken zur Erweiterung des Braunkohleabbaus grundsätzlich möglich ist, wenn die Enteignung im Zuge einer gesicherten Energieversorgung im allgemeinen Interesse liegt.

Aktuell geht es dabei vor allem um die bedrohten Dörfer am Tagebau Garzweiler. Die Bundesregierung schrieb im Kohleausstiegsgesetz für die Erweiterung des Tagebaus eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit fest. Diese Festlegung wollen die Grünen streichen.

Das Bundesberggesetz soll derweil klar an den Klimazielen von Paris ausgerichtet und Umweltschäden stärker eingepreist werden. Auch eine Option zur Erteilung länger laufender Genehmigungen soll gestrichen werden. Dies geht aus einem entsprechenden Antrag der Grünen Bundestagsfraktion vom Mai vor, der der energiezukunft vorliegt.

Mit wem koalieren?

Es stellt sich die Frage, mit welchen Koalitionspartnern sich die Forderungen aus dem Grünen-Sofortprogramm umsetzen ließen. Vor allem die Union bremste in der Vergangenheit in fast allen Bereichen entsprechende Bestrebungen. Christian Lindner erklärte das Sofortprogramm auf Twitter pauschal zu linken Vorstellungen des Gesellschaftsumbaus, die er ablehne. Der Spitzenkandidat der SPD und Finanzminister Olaf Scholz stellte sich lediglich gegen die Pläne für ein eigenes Klimaschutzministerium.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion sagte gegenüber Phoenix: „Niemand nimmt den Grünen ab, dass sie in einem Kabinett mit den lobbyhörigen Profiteuren und Neoliberalen von Union oder sogar FDP das größte Klimaschutzpaket beschließen könnten, das es jemals gegeben hat.“ Korte forderte, dass sich die Grünen jetzt glaubwürdig zu einem Mitte-Links-Bündnis bekennen müssen. mf 


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