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Stand der Energiewende fünf Jahre nach Fukushima

Ein Mitarbeiter der IAEA schaut auf die mit kontaminiertem Wasser versehenen Tanks und die Baumaßnahmen an den Reaktoren. (Foto: © Susanna Loof / IAEA, flickr.com/photos/iaea_imagebank/15880433393, CC BY-NC-ND 2.0)
Ein Mitarbeiter der IAEA schaut auf die mit kontaminiertem Wasser versehenen Tanks und die Baumaßnahmen an den Reaktoren. (Foto: © Susanna Loof / IAEA, flickr.com/photos/iaea_imagebank/15880433393, CC BY-NC-ND 2.0)

Bei einer Gesprächsrunde in Berlin zogen die Teilnehmer Bilanz über die Auswirkungen der Reaktorkatastrophe auf die Energiewende. Es herrschte Konsens, dass das atomare Zeitalter zu Ende geht und den Erneuerbaren Energien der Durchbruch gelingt.

09.03.2016 – Ausgelöst durch ein schweres Seebeben kam es am 11. März 2011 im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi zu einer schwerwiegenden Nuklearkatastrophe. Es sorgte weltweit für Entsetzen, dass dies ausgerechnet in einer so hochentwickelten Industrienation stattfinden konnte. In den darauffolgenden Monaten wurde vom Deutschen Bundestag ein umfangreiches Energiewende-Gesetzespaket verabschiedet. Darin wurden unter anderem der Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 sowie der verstärkte Ausbau der Erneuerbaren Energien beschlossen.

Um fünf Jahre nach dieser Katastrophe eine erste Bilanz ziehen zu können, hat der Thinktank Agora Energiewende am Montagabend in Berlin unterschiedliche Akteure aus der Energiepolitik sowie der Energiewirtschaft zu einer Gesprächsrunde eingeladen. Zunächst wurde gelobt, wie schnell unsere Politik in den letzten Jahren reagiert hat. Merkels Vorstoß, aus der Kernenergie auszusteigen, wird als mutig eingestuft. Laut Melissa Eddy, Berliner Korrespondentin der International New York Times, trafen die hiesigen Entscheidungen im Ausland jedoch eher auf Unverständnis. Die Reaktion unserer Bundeskanzlerin auf den japanischen GAU wurde sogar als irrational eingestuft.

Menschliche Tragödie gerät in Vergessenheit

Martin Iffert, Vorstandsvorsitzender des Aluminiumherstellers Trimet Aluminium SE, ist es besonders wichtig, auf eine oft vergessene Seite der Reaktorkatastrophe hinzuweisen. „Es war ein tiefer Schmerz, dass dort 20.000 Menschen ihr Leben gelassen haben. Es wird häufig in der Diskussion auch unklar, dass es eine menschliche Tragödie war, die damit verbunden war“, so Iffert. Tatsächlich wird Fukushima vor allem mit der Kernschmelze der Reaktoren in Verbindung gebracht, jedoch weniger mit den vielen Todesopfern, die das Beben gefordert hat.

Iffert hatte damals mit dem Chef der Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) gesprochen, der selbst kurz nach dem Unglück vor Ort gewesen war. „Das technische Versagen war die eine Seite, aber was viele nicht wissen, die ganzen Ingenieure waren leider tot“, so Iffert. „Damit war das ganze Know-How überhaupt gar nicht da, mit einer solchen Situation umzugehen.“ Dieser Umstand erschwerte die ohnehin schon katastrophale Lage zusätzlich.

Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren Energien verbessert

Etliche Akteure hoben positiv hervor, wie schnell die Energiewende in den letzten Jahren vorangeschritten ist. Klaus Töpfer, Vorsitzender des Rats der Agora und ehemaliger Vorsitzender der Ethik-Kommission für eine sichere Energieversorgung, erwähnte in dem Kontext, dass diese Entwicklung aber auch einem oft vernachlässigten Umstand geschuldet ist: Während die Kosten für Erneuerbare gesunken sind, konnten die Erträge gesteigert werden. Die Wettbewerbsfähigkeit von Erneuerbaren Energien ist damit verbessert worden.

Trotz der Kohleschwemme aus den USA und den damit einhergehenden Preissenkungen fossiler Brennstoffe ist sich Iffert sicher, dass unsere Energiewende auch in den nächsten Jahren erfolgreich und damit auch exportfähig sein wird. Hierbei müssen vor allem infrastrukturelle Probleme überwunden werden. Weitaus stärker sollte außerdem der Verkehrssektor gewichtet werden, da dieser einen großen Einfluss auf die gesamte Energiewende hat. Auch der Wärme- und Kältesektor müssten eine wichtigere Rolle spielen.

Gesellschaftliche Akzeptanz für Energiewende groß

Regine Günther vom WWF Deutschland erinnert an die von BP ausgelöste Ölpest im Golf von Mexiko von 2010, bei der große Ölmengen ins Meer gelangt sind. „Es kann Unfälle geben, die keine Konsequenzen haben“, so Günther. Bei Fukushima war dies jedoch anders. Atomkraftwerke waren vielen Bürgern schon immer ein Dorn im Auge gewesen. Dadurch haben sie sich mit dem Thema der Energiewende auch direkt angesprochen gefühlt.

Abschließend sollten die Podiumsteilnehmer die Zukunft der Energiewende in Deutschland bewerten. Für Florian Bieberbach von den Stadtwerken München steht fest, dass die Abschaffung der Kernenergie ein realer und unumkehrbarer Vorgang ist. Eine Laufzeitverlängerung einzelner Kraftwerke hält er für extrem unwahrscheinlich. Allein technisch sei dies überhaupt nicht mehr möglich, da vielerorts die entsprechenden Mitarbeiter bereits abgebaut werden.

Jedoch wird es als eine Bedrohung für die schnelle Umsetzung der Energiewende angesehen, dass die Preise fossiler Brennstoffe immer weiter absinken. Der Ausstieg aus der Atomenergie sei ein wichtiger Schritt, dürfe jedoch nicht mit einem Ausbau der Kohleenergie einhergehen. Bieberbach ist jedoch optimistisch. Er geht nicht nur davon aus, dass in fünf Jahren gerade die letzten Atomkraftwerke vom Netz gehen, sondern vermutet auch, dass zu diesem Zeitpunkt bereits ein Beschluss für den Ausstieg aus der Kohleenergie feststehen wird. jk


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