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KommentarMarktmacht von RWE ist bedenklich

Weg, Felder, zwei Kraftwerksblöcke eines Braunkohlekraftwerkes
Das Kraftwerk Neurath ist das größte Braunkohlekraftwerk in Deutschland. Betreiber ist RWE. (Foto: TelepermM auf Wikimedia / CC BY-SA 4.0)

Der RWE-Konzern wird marktbeherrschend bei der Stromerzeugung, so die Analyse des Bundeskartellamtes. NATURSTROM-Vorstand Thomas E. Banning mahnt das Europäische Gericht, die Klage gegen den RWE-Eon-Deal nun endlich zu bearbeiten.

18.02.2022 – Zum dritten Mal hat das Bundeskartellamt die Wettbewerbsverhältnisse bei der Stromerzeugung in Deutschland untersucht und dazu einen Marktmachtbericht veröffentlicht. Anders als in den Berichten zuvor, sieht die Behörde nun durch RWE die Schwelle zur Marktbeherrschung überschritten. Der Präsident des Bundeskartellamtes Andreas Mundt, begründet diese Entwicklung mit der gestiegenen Stromnachfrage und den ersten Kraftwerksabschaltungen im Zuge des Kohleausstieges im Jahr 2021. Parallel habe es eine vergleichsweise niedrige Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien gegeben.

„Dadurch wurde der Kraftwerkspark des unverändert größten Stromerzeugers RWE erwartungsgemäß in einer deutlich größeren Anzahl von Stunden unverzichtbar für die Deckung der Stromnachfrage. Nach unseren Ermittlungen liegt RWE damit über der Schwelle für eine marktbeherrschende Stellung. Die Abschaltung dreier weiterer Kernkraftwerke am Jahresende 2021 sowie der fortschreitende Kohle- und Atomausstieg verstärkt die Marktstellung von RWE tendenziell weiter“, erklärte Mundt.

Thomas E. Banning, Vorstandvorsitzender des unabhängigen Öko-Energieversorgers NATURSTROM, kritisiert scharf, dass es zu dieser Situation gekommen ist. Er verweist auf die langjährigen Warnungen vor dem Deal zwischen Eon und RWE von 2018, der eine solche Kraftwerkskonzentration überhaupt erst möglich machte. Das Europäische Gericht müsse die Klage gegen diesen Deal, die von NATURSTROM und zehn kommunale Energieunternehmen eingereicht wurde, nun endlich beschleunigt bearbeiten und dabei auch diese neuen Entwicklungen berücksichtigen.

RWE wird zum Krisengewinnler

Thomas E. Banning kommentiert: „Nachdem ihre Zukunft wenig rosig aussah, wollten RWE und Eon mit dem Ende 2018 verabredeten Megadeal den Energiemarkt untereinander aufteilen. Nun wird deutlich, dass unsere Warnungen vor den Folgen dieses Deals zutreffend waren: Die Strategie der beiden Konzerne zeigt Erfolg - zum Nachteil von Stromabnehmern und Wettbewerb. Nachdem bei RWE in dem Tausch von Unternehmensteilen die Erzeugungskapazitäten konzentriert wurden, hat der Energieriese nun nicht nur in den Augen anderer Marktteilnehmer, sondern auch in denen des Bundeskartellamtes eine marktbeherrschende Stellung erreicht.

Vor dieser absehbaren Entwicklung und ihren Folgen haben wir schon lange gewarnt. Dass sie sich nun ausgerechnet mitten in einer Energiepreiskrise manifestiert, muss als ein Schlag ins Gesicht aller Verbraucher und ein erheblicher Rückschlag für die liberalisierten Energiemärkte gewertet werden. Während die gesamte Wirtschaft unter hohen Energiepreisen ächzt, kann RWE aufgrund der extremen Situation an der Strombörse als größter Erzeuger, leider vor allem aus konventionellen Kraftwerken, seine Gewinnprognose deutlich anheben.“

Insgesamt würde RWE laut dem Marktmachtbericht mehr als ein Viertel der Stromerzeugung des Erst-Absatzmarktes stellen. Entscheidend sei aber vor allem, dass die Nachfrage an vielen Zeitpunkten nicht mehr ohne die RWE-Kapazitäten gedeckt werden könnten und damit das Unternehmen den Markt und die gehandelten Preise beeinflussen kann. Diese Dominanz würde auch dadurch verstärkt, dass RWE mit weiteren Strommengen anderer Stromerzeuger am Markt handelt. Die Situation würde sich laut Bundeskartellamt durch die anstehenden Abschaltungen von Atom- und Kohlekraftwerken sogar weiter verschärfen.

Banning fordert nun eine zügige Bearbeitung der Klagen, die NATURSTROM sowie zehn kommunale Energieversorger bereits im Mai 2020 beim Europäischen Gericht gegen die Freigabe des Deals durch die EU-Kommission eingereicht haben: „Es war absehbar, dass der Deal von RWE und Eon zu Lasten des Wettbewerbs geht, weshalb wir und andere auch schnell auf eine juristische Überprüfung der Freigabe hingearbeitet haben. In dem Prozess fallen die Gegenparteien allerdings vor allem durch Verzögerungstaktiken sowie das Aufblasen der Kosten zur Abschreckung der Klägerinnen auf – und auch das Europäische Gericht behandelt die Sache nicht mit dem aus unserer Sicht notwendigen Nachdruck. Während sich in Luxemburg das Verfahren immer weiter hinzieht, werden von den Energiekonzernen Fakten geschaffen – mit den nun sichtbar werdenden schädlichen Folgen. Die Verhandlung muss nun endlich beschleunigt und dabei auch die aktuellen Entwicklungen berücksichtigt werden, die ja genau das abbilden, was wir prognostiziert haben.“

Bundesregierung muss neutral bleiben

Von der neuen Bundesregierung erhofft sich der NATURSTROM-Chef dabei eine neutralere Rolle als die der zuvor regierenden Großen Koalition, die die Wünsche von RWE und Eon wohlwollend begleitet hatte und dann sogar als Streithelferin auf Seiten der Konzerne dem Verfahren beigetreten ist. „Die Ampelkoalition hat sich vollkommen zurecht eine dezentrale Energiewende, mehr Innovation und eine Stärkung des Wettbewerbs auf die Fahnen geschrieben. Diese Ansinnen vertragen sich aber nicht mit zwei Megakonzernen, die einerseits die Stromerzeugung, andererseits das Netz- und Endkundengeschäft zu großen Teilen unter ihren Fittichen haben. Ich hoffe daher sehr, dass die nun Verantwortlichen im Kanzleramt und den Ministerien nicht mehr einfach Unternehmen allein ihrer Größe wegen protegieren, sondern verstärkt Wettbewerb und Verbraucherschutz als Leitmotive nutzen. Die Energiewende und unsere ganze deutsche Wirtschaft leben vom innovativen Mittelstand, nicht von Marktaufteilung und -beherrschung. Diese Stärken müssen wieder in den Fokus der Politik rücken!“, so Banning abschließend. pf


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