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Fossile IndustrieGlobale Kohlekraft erstmals gesunken

Rückbau eines französischen Kohlekraftwerks
Im französischen Seine-et-Marne wurde schon 2010 ein Kohlekraftwerk abgebaut. Inzwischen folgen immer mehr weltweit. (Bild: Tangopaso / WikiCommons, Public Domain)

Die Zahlen im ersten Halbjahr 2020 stimmen positiv: Erstmals wurde weltweit mehr Kohlekraft abgeschaltet als in Betrieb genommen. Vor allem Europa verzeichnete einen deutlichen Rückgang. Für die Pariser Klimaziele reicht das jedoch nicht.

05.08.2020 – Zwar gingen auch im ersten Halbjahr 2020 Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 18,3 Gigawatt (GW) ans Netz, gleichzeitig aber wurden Kohlemeiler mit einer Leistung von 21 GW stillgelegt, wie eine Analyse der Klimaschutz-Organisationen "Global Coal Plant Trackers" und "Global Energy Monitor" zeigt. Erstmals im Zeitalter der Kohleindustrie ging damit mehr Leistung vom Netz als neue hinzukam. Während in China, wie in den letzten Jahren, auch 2020 Kohlekraftwerksleistung hinzukam, sorgen Europa und die USA seit Jahren für sinkende Kohlekraftleistung. Vor allem in Europa war im ersten Halbjahr 2020 ein deutlicher Abwärtstrend zu beobachten.

8,3 GW wurden im ersten Halbjahr stillgelegt, weitere sechs Gigawatt sollen im zweiten Halbjahr folgen, wie auch Christine Shearer vom Global Energy Monitor bei Carbon Brief berichtete. In Spanien etwa wurden pünktlich zum Ende des Halbjahres sieben der 15 verbliebenen Kohlekraftwerke dichtgemacht. Aufgrund Europäischer Umweltregularien müssten die Kraftwerke aufrüsten, um den Ausstoß schädlicher Gase zu vermindern. Da die Kohlemeiler jedoch wirtschaftlich nicht mehr konkurrenzfähig sind, sehen die zuständigen Energiekonzerne von einer Aufrüstung ab. Bei vier weiteren Meilern wird die Schließung vorbereitet.

Portugal steigt indes bis Anfang nächsten Jahres komplett aus der Kohlekraft aus. Und vollzieht den Kohleaussteig damit sogar zwei Jahre früher als noch 2019 geplant. 2017 war sogar noch das Jahr 2030 als Ausstiegsziel vorgegeben. Weitere europäische Staaten, wie Frankreich, Großbritannien und eben Spanien werden in den nächsten Jahren folgen. Sogar in Polen wird wegen fehlender Wirtschaftlichkeit über ein Kohleausstieg bis 2036 debattiert. Damit wären sie zwei Jahre früher soweit als bislang Deutschland. Hierzulande ging mit Datteln 4 sogar ein neues Kohlekraftwerk ans Netz.

Die USA geht seit Jahren voran

Über mehrere Jahre hinweg verzeichnet die USA derweil den größten Rückgang an Kraftwerksleistung. Unter der Präsidentschaft Donald Trumps nahm die Schließung von Kohlekraftwerken gegenüber der Obama-Ära sogar um 67 Prozent zu. In den Jahren 2017 bis 2019 wurden durchschnittlich 13,7 GW Kraftwerksleistung pro Jahr dichtgemacht, obwohl sich Trump wiederholt für den Weiterbetrieb der Kohleverstromung aussprach.

Gleichzeitig fördert er auch in erheblichem Maße günstigeres Gas. Die Marktmechanismen begünstigen jedoch ebenfalls Wind- und Solarkraft, die als inzwischen konkurrenzfähiger Energieträger in den USA einen deutlichen Aufschwung erleben. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurde im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres 23 Prozent mehr Solarenergie installiert. Die Windkraft verzeichnete ein Plus von 11,5 Prozent. Gleichzeitig wurden im ersten Halbjahr 2020 5,4 GW Kohlekraftwerksleistung abgeschaltet.

China torpediert die Pariser Klimaziele

Dass die weltweite Kraftwerksleistung indes nur in geringem Maße sank, liegt vor allem an China. 11,4 GW der insgesamt neu hinzugekommenen 18,3 GW gingen in China ans Netz. Inzwischen befindet sich dort die Hälfte der weltweiten Kraftwerksleistung. Auch die Planungen weiterer Kohlekraftwerke konzentriert sich fast zur Hälfte (48 Prozent) in China. Trotz Corona-Pandemie planten die Chinesen auch im ersten Halbjahr 2020 neue Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 53,2 GW. Das macht ca. 90 Prozent der weltweit neu geplanten Kapazitäten aus.

Neben China macht auch Japan negative Schlagzeilen. Im Ersten Halbjahr wurde 1,8 GW an neuer Kraftwerksleistung in Betrieb genommen. Zwar plant Japan bis 2030 114 seiner 140 Kohlekraftwerke zu schließen, doch nur um, neben der Atomkraft, weiter auf Kohleenergie zu setzen und neue Kohlemeiler zu bauen.

In vielen anderen Teilen der Welt hingegen nahm die Planung neuer Kohlekraftwerke rapide ab. Darüber hinaus wurden viele Pläne für neue Kohlemeiler gestoppt. Indien etwa plante noch Mitte 2018 etwa 17 Prozent der weltweiten neuen Kraftwerksleistung. Bis Mitte dieses Jahres fiel der Wert auf 12 Prozent. Im ersten Halbjahr 2020 kam kein neuer Kohlemeiler hinzu. Im Nachbarstaat Bangladesh werden lediglich drei im Bau befindliche Projekte fertig gebaut. Weitere 17,9 GW geplante Kraftwerksleistung wurden annulliert.

Zwar sind dies gute Nachrichten, doch für die Erreichung der Pariser Klimaziele muss die Kraftwerksleistung sehr viel stärker sinken als bislang und in Zukunft vorgesehen. Allein der vorgesehene Weiterbetrieb der bestehenden Kohlemeiler übersteigt den CO2-Ausstoß für eine nachhaltige Begrenzung der globalen Erwärmung bei weitem. mf


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