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LEAG und die RekultivierungIn Zeiten hoher Gewinne mehr Geld einzahlen

Luftaufnahme von Bergbaulandschaft
Ein Teil des Tagebaus Nochten in der Lausitz wird bereits geflutet. Eine Flutung gilt als kostengünstigste Lösung für eine Rekultivierung, ist aber aufgrund zunehmender Dürre in der Lausitz in der Kritik. (Bild: LEAG, flickr, CC BY-SA 2.0)  

Wegen der Gaskrise macht die LEAG aktuell hohe Gewinne mit der Kohleverstromung. Eine neue Analyse zeigt, dass der Bergbaubetreiber jetzt höhere Rückstellungen für Rekultivierungskosten bilden sollte, denn die sind bei weitem nicht ausreichend.

05.07.2022 – Selbst Energieexpert:innen wie Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung oder Anke Herold vom Ökoinstitut sehen den kurzfristigen Einsatz von mehr Kohlestrom als notwendiges Mittel, um die Gaskrise aufgrund des Konflikts mit Russland abzumildern. Zugleich müsse der Ausbau Erneuerbarer Energien vehementer denn je vorangetrieben werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nannte die Maßnahme eine „bittere Entscheidung“. Was für den Klimaschutz ein Rückschlag ist, ist für die LEAG eine gute Nachricht. Der Energiekonzern in der Lausitz macht aufgrund gestiegener Gaspreise schon seit Monaten Gewinne mit der Kohleverstromung in seinen Kraftwerken und kann nun sogar hoffen, Braunkohletagebaue zum Teil länger zu betreiben.

Doch solch hohe Gewinne waren in der Vergangenheit keine Selbstverständlichkeit. Vielmehr hatte die LEAG mit schweren Krisen zu kämpfen. Im November 2019 veröffentlichte das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) eine Analyse auf Grundlage von Daten des Thinktanks Sandbag, wonach Kraftwerksblöcke zuvor nicht mehr wirtschaftlich betrieben wurden und hohe Verluste einfuhren. Dafür sorgte unter anderem der steigende CO2-Preis im Europäischen Emissionshandel, sowie hohe Einspeiseraten von Wind- und Solarenergie.

Das gleiche Bild zeigte sich noch im Frühjahr letzten Jahres. Felix Matthes, Experte für Energie- und Klimapolitik am Ökoinstitut sagte zu diesem Zeitunkt, dass die LEAG am Strommarkt ihre kurzfristigen Betriebskosten zwar noch decken könne, doch für größere Reparaturen, Investitionen oder Personalkosten könnte schnell Geld fehle. „In dem Moment, wo etwa im Kraftwerk eine größere Reparatur ansteht, stellt sich die Frage, ob sie das Kraftwerk weiterbetreiben können“, sagte Matthes gegenüber der energiezukunft. Über zwei bis drei Jahre sei es noch möglich, ein Kraftwerk auf Verschleiß zu fahren, doch dann könnte „die Stunde der Wahrheit“ gekommen sein und selbst die fixen Betriebskosten seien nicht mehr zu decken, so Matthes weiter.

Fokus Rekultivierung

In einer neuen Analyse kommt das FÖS zu dem Ergebnis, dass die Braunkohlekraftwerke momentan erstmals seit dem Jahr 2012 ihre Vollkosten wieder decken können. Die Entwicklungen auf den Terminmärkten würden jedoch darauf hindeuten, dass mittelfristig die Stilllegungsanreize für Braunkohlekraftwerke durch hohe CO2-Preise und dem Ausbau erneuerbarer Energien wieder stark steigen werden. Wie 2019 legte das FÖS den Fokus der Analyse auf die Rekultivierungskosten nach dem Ende der Tagebaue, die gesetzlich von der LEAG gestemmt werden müssen und sich aus der Liquidität des Energiekonzerns speisen.

Es gilt die Tagebaue nach deren Schließung wieder für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Damit die LEAG in Zukunft Rekultivierungsmaßnahmen leisten kann, hat sie mit den Ländern Brandenburg und Sachsen 2019 Vorsorge auf zwei Ebenen geschaffen. Zum einen gibt es Rückstellungen aus dem Kohlegeschäft, zum anderen Vorsorgegesellschaften, in die Sondervermögen gezahlt werden, die sich etwa aus neuen Geschäftsaktivitäten der LEAG ergeben, wie auch Zahlungen des Bundes von 1,75 Millionen Euro nach dem Kohleausstiegsgesetz, die jedoch wegen des EU-Beihilferechts auf der Kippe stehen.

Neben Unternehmen in der Region, investiert die LEAG inzwischen vermehrt ins Erneuerbare Energien Geschäft. Das Sondervermögen soll die Wiedernutzbarmachungspflichten für die Tagebaue finanziell absichern. Zudem würden Wirtschaftsprüfer:innen die Rückstellungen regelmäßig Prüfen und bei einer Insolvenz hätten die Länder Brandenburg und Sachsen Zugriff auf das Sondervermögen, wie die LEAG Mitte Mai auf Anfrage der energiezukunft mitteilte.

Bezüglich der Rückstellungen warnt das FÖS in seiner Analyse, dass die Verfügbarkeit der Rückstellungen davon abhängt, ob ein Unternehmen künftig zahlungsfähig ist – auch dann, wenn es gar keine Einnahmen aus dem Kohlebergbau mehr hat. Denn die Rückstellungen werden beglichen aus dem Vermögen, das in Grundstücken, Kraftwerken, Maschinen oder auch Finanzanlagen wie Unternehmensbeteiligungen oder Wertpapiern steckt, so die Expert:innen des FÖS. Das habe zur Folge, dass die Rückstellungen bei Bedarf nicht unmittelbar als liquide Mittel verfügbar sind.

Schon in der Analyse 2019 wies das FÖS daraufhin, dass bei einer drohenden Insolvenz, die Mutterkonzerne EPH und PPF-I nicht haftbar gemacht werden könnten, aufgrund verzweigter Firmenkonstrukte. Beim Aufbau des Sondervermögens vermerkt das FÖS positiv, dass das dort angesparte Geld sicher für Rekultivierungsmaßnahmen bereitstehen wird. Zugleich kritisieren die Wirtschaftsexpert:innen fehlende Transparenz des Ansparkonzepts. Unklar sei etwa mit welchem Zinsertrag die LEAG rechnet.

Unklare Kosten

Zudem ist weiterhin unklar, wie hoch die zu erwartenden Wiedernutzbarmachungskosten der Tagebaue tatsächlich seien werden. Das FÖS kritisiert auch hier fehlende Transparenz. Schätzungen des Brandenburger Ministeriums für Wirtschaft und Energie zufolge betragen die Rekultivierungskosten rund drei Milliarden Euro. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Brandenburg geht mit Blick auf die weiterhin laufenden Kosten für ehemalige DDR-Tagebaue von bis zu 10 Milliarden Euro aus. Zuletzt klagte der BUND Brandenburg, gemeinsam mit der Umweltrechtsorganisation ClientEarth, gegen die getroffenen Vorsorgevereinbarungen für den Tagebau Welzow-Süd, verlor jedoch in erster Instanz. Die Organisationen beklagen, dass das Gericht in zu großem Maße Angaben der LEAG vertraut habe. Vor allem die Folgen des Bergbaus für den Wasserhaushalt in der Lausitz würden nicht ausreichend berücksichtigt.

Das FÖS fordert nun mehr Transparenz seitens der LEAG. Im Rahmen künftiger Betriebspläne müsse klar ersichtlich sein warum und mit welchen Mitteln für die Rekultivierung zu rechnen ist. Für die Öffentlichkeit müsse auch nachvollziehbar sein, wann die LEAG wie viel Geld in die Zweckgesellschaften zahlen wird – und welche Investitionen davon getätigt werden können. Zudem müssten die geplanten Einzahlungen nun beschleunigt werden. „Da die LEAG momentan durch die hohen Gas- und Strompreise hohe wirtschaftliche Einkommen hat, sollte jetzt die Gelegenheit zur Einzahlung hoher Beträge in die Zweckgesellschaft genutzt werden“, so die Wirtschaftsexpert:innen. Auch sollten Brandenburg und Sachsen zusätzliche Sicherheitsleistungen verlangen.

Zwar könnten durch Verkleinerungen der Tagebauplanungen im Falle eines Kohleausstiegs 2030 Kosten für die Rekultivierung eingespart werden, doch das FÖS kritisiert des Weiteren, dass mit den 1,75 Milliarden Euro aus dem Kohleausstiegsgesetz, ein großer Teil der Wiedernutzbarmachung aus der öffentlichen Hand stammen würde. Sollte die EU diese Mittel nicht genehmigen, würde dieser Teil fehlen. Umso mehr müsse die LEAG jetzt aus den hohen Gewinnen deutlich höhere Beiträge für die Rekultivierung zurückstellen. mf


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