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Energiewende-AkzeptanzBeteiligung mit Wirkung

Im Forschungsprojekt ReWA wurden verschiedene Beteiligungsmodelle von Erneuerbare-Energien-Projekten aus insgesamt sechs Kommunen untersucht (Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien)

Ist finanzielle Beteiligung der Schlüssel zu mehr Akzeptanz für Erneuerbare Energien? Die Vermutung scheint plausibel, die Realität ist jedoch komplexer. Im Forschungsprojekt ReWA wurden Beteiligungsmodelle von Erneuerbaren-Projekten untersucht.

28.04.2023 – Am 1. Februar 2023 trat das „Windenergie-an-Land-Gesetz“ der Bundesregierung in Kraft, laut dem die Bundesländer bis 2032 insgesamt zwei Prozent der Bundesfläche für Windenergie ausweisen müssen. Betroffene Kommunen sehen sich angesichts dessen großen Herausforderungen ausgesetzt. Wie können sie möglichen Konflikten und Widerständen aus der Bevölkerung bei der Errichtung dezentraler Erneuerbarer-Energien-Anlagen begegnen? Eine stärkere Partizipation von Bürgern an der Energiewende könnte hierfür der Schlüssel sein.

Mögliche Wechselwirkungen zwischen Wertschöpfung, Beteiligung und Akzeptanz

Über einen Zeitraum von zwei Jahren führte ein Forschungskonsortium, bestehend aus der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE), dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und dem Institut für Zukunftsenergie- und Stoffstromsysteme (IZES) hierzu Erhebungen in sechs Kommunen durch. In jeder dieser wird ein anderes Modell der finanziellen Beteiligung an den lokalen Energieprojekten genutzt. Im Rahmen des Forschungsprojekts Regionale Wertschöpfung, Beteiligung und Akzeptanz in der Energiewende (ReWA) gingen die Projektpartner der Frage nach, ob und in welchem Umfang Wechselwirkungen zwischen den regionalwirtschaftlichen Effekten, Möglichkeiten der finanziellen Beteiligung sowie der lokalen Akzeptanz bestehen.

Sechs Kommunen mit Möglichkeiten der finanziellen Beteiligung

Unter den betrachteten Energieprojekten befinden sich drei Windparks. Der Windpark Hünfeldener Wald (Hessen) umfasst drei Windenergieanlagen, die im Frühjahr 2020 ans Netz gingen. Das Grundstück gehört der Kommune, die dafür eine Pacht erhält. Sie hat zudem selbst investiert und erhält 100 Prozent der Gewerbesteuer aus dem Anlagenbetrieb. Der Windpark ist als GmbH & Co. KG organisiert, so dass Bürger etwa ein Viertel der Eigenkapitalanteile erwerben und sich somit finanziell beteiligen konnten.

Der Windpark Wölkisch in Lommatzsch (Sachsen) wurde 2015 mit zehn Anlagen in Betrieb genommen. Der Anwohnerschaft bieten die Betreiber an, sich mit einer festverzinslichen Geldanlage der DKB am Windpark zu beteiligen.

Der Bürgerwindpark Reußenköge (Schleswig-Holstein) ist mit ca. 90 Anlagen einer der größten Windparks in Bürgerhand weltweit. Fast alle Einwohner sind Miteigentümer und werden in großem Umfang an den finanziellen Gewinnen beteiligt. In Hünfelden verbleibt ebenfalls ein hoher Anteil der lokalen Wertschöpfung in Form von Beteiligungsgewinnen für Privatpersonen vor Ort. Wohingegen in Lommatzsch die Betreibergewinne vollständig an auswärtige Eigentümer abfließen.

Die Akzeptanzlagen in den drei Kommunen sind unterschiedlich: Reußenköge verzeichnet die vergleichsweise höchste Akzeptanz für ihre Windenergieanlagen. In Hünfelden ist der Park zwar akzeptiert, doch die Wertschöpfungseffekte dringen nur wenig ins öffentliche Bewusstsein. In Lommatzsch zeigt sich ein gemischtes Bild. In der sächsischen Gemeinde steht ein Drittel der Befragten den Windenergieanlagen kritisch bis ablehnend gegenüber. Hingegen zeigten jene, die das Schaffen von Arbeitsplätzen und die Vergabe von Aufträgen für ansässige Unternehmen durch die Windkraftanlagen wahrgenommen hatten, eine höhere Akzeptanz der Anlagen.

Die beiden untersuchten Photovoltaik-Projekte sind der Solarpark Uttenreuth (Bayern) und der Solarpark Tuningen (Baden-Württemberg). An der 2014 realisierten Freiflächenanlage in Uttenreuth sind drei Bürgerenergiegenossenschaften und ein Ökostromanbieter beteiligt. Mit bereits kleinen Beträgen können Beteiligte (mit Stimmrechten) vom wirtschaftlichen Ergebnis der Anlagen profitieren und die Wertschöpfung bleibt in der Region. Da jedoch nur eine der Genossenschaften direkt in Uttenreuth sitzt und nur ein geringer Anteil der Genossenschaftsmitglieder direkt aus der Gemeinde stammt, verteilt sich der ökonomische Nutzen überwiegend auf das Umland. Vor Ort verbleiben vor allem der rechtlich vorgeschriebene Anteil der Gewerbesteuer und kleine Anteile der Betreibergewinne.

Das Beteiligungsmodell des Solarparks Tuningen unterscheidet sich von Uttenreuth deutlich. Hier konnten sich Privatpersonen in Form eines Nachrangdarlehens ohne Stimmrechte in der Betreibergesellschaft beteiligen. Die generierte Wertschöpfung vor Ort setzt sich vor allem aus der Pacht und der Gewerbesteuer für den Park sowie den Zinszahlungen aus den Nachrangdarlehen zusammen.

In beiden Kommunen treffen die Photovoltaik-Anlagen auf Akzeptanz bei den Befragten, wobei die Zustimmung in Tuningen hoch und in Uttenreuth sehr hoch ausfällt. In den Kommunen kamen 50 bzw. 63 Prozent der Befragten zu der Einschätzung, dass die Solaranlagen einen Beitrag zur Entwicklung der Region leisten. Wer davon jedoch die regionalen Wertschöpfungseffekte durch die Solarparks wahrgenommen hatte, zeigte eine deutlich höhere Akzeptanz gegenüber den Anlagen.

Auf positive Resonanz in der Bevölkerung stößt auch das Bioenergiedorf Schlöben. Die thüringische Gemeinde deckt ihre Wärmeversorgung durch Holzhackschnitzel und Biogas ab. Genossenschaftlich konzipiert können sich die Bürger der Gemeinde mit Eigenkapital einbringen und erhalten im Gegenzug Stimmrechte in der Mitgliederversammlung – dazu gibt es einen Anschluss an das Nahwärme- und das Telekommunikationsnetz. Ein hoher und mit dem weiteren Ausbau in anderen Ortsteilen von Schlöben steigender Anteil der Bevölkerung ist finanziell beteiligt.

Mehr Akzeptanz durch bessere Kommunikation

Die Untersuchungen in den sechs Kommunen zeigen exemplarisch, dass zwischen der tatsächlich generierten Wertschöpfung und der allgemeinen Akzeptanz oftmals komplexe Wirkungspfade bestehen. Wichtig ist dabei, dass die finanziellen Angebote und die generierte Wertschöpfung auch von den Bürgern wahrgenommen werden.

Für Kommunen bedeutet dies, dass zur Steigerung der Akzeptanz von Energieprojekten das grundlegende Angebot von fairen Beteiligungsmöglichkeiten für die breite Bevölkerung in der Region zentral ist, die konkreten Vorteile jedoch auch differenziert, transparent und erfahrbar der Bevölkerung vermittelt werden müssen. Eine derartige Akzeptanzstrategie sollte außerdem berücksichtigen: Je mehr Bestandteile der Wertschöpfungskette des Vorhabens (von der Planung über die Investition bis zum Betrieb der Anlagen) von regionalen Akteuren übernommen werden, desto größer der ökonomische Nutzen vor Ort. Vor allem die Kommune selbst kann über Gewerbesteuereinnahmen hinaus als Anlageneigentümerin von den Betreibergewinnen profitieren und zugleich sicherstellen, dass auch für Bürger Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Jan Hildebrand, Valentin Jahnel, Irina Rau, Dr. Steven Salecki

Alles über das ReWA-Projekt und die Kommunen erfahren Sie auf der Webseite der Agentur für Erneuerbare Energien:
https://www.unendlich-viel-energie.de/projekte/rewa


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