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KlimagerechtigkeitEinnahmen aus CO2-Bepreisung an Entwicklungsländer vergeben

Schwarzweiß-Bild einer Industrieanlage mit vielen Emissionen
Für den Klimaschutz muss der Ausstoß von Emissionen einen Preis haben. Einnahmen daraus könnten helfen Armut zu bekämpfen (Photo by Mike Marrah on Unsplash)              

Das Ziel der Vereinten Nationen, extreme Armut zu beseitigen, wird bislang deutlich verfehlt. Dabei könnte schon ein kleiner Teil aus Einnahmen wie dem Europäischen Emissionshandel helfen, Armut in Entwicklungsländern wirksam zu reduzieren.

29.04.2021 – Die Anzahl der weltweit in extremer Armut lebenden Menschen ist in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich gesunken. Laut Weltbank sind Menschen dann von extremer Armut betroffen, wenn sie in Haushalten mit Einkommen von weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag und Kopf leben. Lebten 1990 noch knapp zwei Milliarden Menschen und damit 44,4 Prozent der Weltbevölkerung in absoluter Armut, sank diese Zahl  bis Ende 2019 auf 767 Millionen, also etwas mehr als acht Prozent der Weltbevölkerung.

Die Vereinten Nationen verfolgen das Ziel, extreme Armut bis 2030 komplett zu beseitigen. Doch das wird mit der aktuellen sozioökonomischen Entwicklung nicht gelingen. Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) haben in einer neuen Studie errechnet, dass 2030 noch immer 350 Millionen Menschen in extremer Armut leben werden, die negativen Folgen der Corona-Pandemie und Auswirkungen der Klimakrise nicht einmal mitberechnet. Und der letzte Bericht der Weltbank von Oktober 2020 offenbarte, dass die Corona-Pandemie erstmals wieder 150 Millionen Menschen zusätzlich in extreme Armut stürzte.

Doch die Forscher des PIK zeigen in ihrer Studie, erschienen im Fachjournal Nature Communications, auch auf, wie sich der Anteil der Menschen in extremer Armut zusätzlich verringern ließe – und zwar mit einer gerechteren Klimapolitik und Mithilfe von Einnahmen aus der Emissionsbepreisung. Bjoern Soergel vom PIK und Hauptautor der Studie weist daraufhin, dass Klimapolitik die Menschen vor den Folgen des Klimawandels wie extremen Wetterereignissen oder Ernteausfällen schütze. „Sie kann aber auch zu höheren Energie- und Nahrungsmittelpreisen führen“, sagt Soergel.

Armutsbekämpfung muss in die Gestaltung der Klimapolitik einbezogen werden

Bjoern Soergel, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Dies könne zu einer zusätzlichen Belastung vor allem für arme Bevölkerungsschichten weltweit führen, die ohnehin schon anfälliger für Klimafolgen sind. Laut Studie könnten mit einer ehrgeizigen Klimapolitik sogar 50 Millionen Menschen zusätzlich in extremer Armut verbleiben.  „Armutsbekämpfung muss daher in die Gestaltung der Klimapolitik einbezogen werden“, so Soergel.

Um weitere Armut zu vermeiden und abzubauen, müsste die weltweit zunehmende Bepreisung von Emissionen an eine progressive Verteilung der daraus entstehenden Einnahmen gekoppelt werden, fordern die Autoren der Studie. Die Einnahmen sollten dabei zu gleichen Teilen an alle Bürger zurückgegeben werden, wodurch ärmere Haushalte insgesamt profitieren, da sie meist geringere Emissionen verursachen und dadurch weniger für die Verursachung von CO2 zahlen.

Die Ergebnisse beruhen auf einer Modellierung mit höheren Emissionspreisen in Industrieländern und zunächst niedrigeren Preisen in Entwicklungsländern. Auch untersuchten die Forscher, wie sich die globale Armut ohne und mit progressiver Verteilung der Einnahmen entwickelt. Nationale Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung und deren Verteilung, etwa in Sub-Sahara-Afrika, würden demnach nur geringfügig Verbesserungen bringen und zu einer Reduzierung von extremer Armut um etwa 6 Millionen Menschen im Jahr 2030 führen.

Um die Kosten des Klimaschutzes gerecht zu verteilen, sollten Industrieländer Entwicklungsländer finanziell unterstützen

Nico Bauer, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Ein sehr viel größerer Effekt ließe sich erzielen, wenn ein kleiner Teil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in Industriestaaten an die Entwicklungsländer fließen würde. Schon fünf Prozent der Einnahmen würden ausreichen, um bis 2030 den Anteil in extremer Armut lebender Menschen um 45 Millionen Menschen zu senken, berechneten die Autoren in ihrer Studie. Und Nico Bauer, Co-Autor der Studie mahnt: „Um die Kosten des Klimaschutzes gerecht zu verteilen, sollten Industrieländer Entwicklungsländer finanziell unterstützen.“

Seit 2009 verhandelt die internationale Staatengemeinschaft über eine angemessene Klimafinanzierung der Industriestaaten für Entwicklungsländer. 2020 wurde ein jährliches Finanzierungsniveau von 93 Milliarden US-Dollar erreicht. Doch die Zusagen der Industriestaaten sind weiter freiwillig und etwa aus Deutschland sind über die Hälfte der bereitgestellten Gelder private Investitionen und Kredite, die zum Teil zurückgezahlt werden müssen.

Bei der nächsten Klimakonferenz in Glasgow soll über eine Anhebung der Klimafinanzierung ab 2025 und mehr Verbindlichkeit verhandelt werden, indem der Finanzbedarf in den ärmeren Ländern ausgehandelt und formal beschlossen wird. Der Vorschlag vom PIK könnte dabei Teil der Debatte sein. mf


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