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Die Meinung
13. August 2018

Energiewende – was hab ich davon?

Für die Planung, Umsetzung und Vermittlung der Energiewende ist es unerlässlich, die Perspektive der Energienutzenden anzunehmen. Nur so wird es uns gelingen, nachhaltig die Akzeptanz und Unterstützung der Menschen zu erhalten.

Friederike Skorning und Barbara Hennecke, 100 prozent erneuerbar stiftung

Friederike Skorning und Barbara Hennecke, 100 prozent erneuerbar stiftung
Foto: © 100 prozent erneuerbar stiftung

13.08.2018 – „Tierschützer bemühen sich um den Eisbären aber schauen weg wenn Adler, Milan, Bussard oder Tausende anderer Vögel und Fledermäuse von Windrädern erschlagen werden.“ – „Dreht ihnen für zwei Wochen den Saft ab. Da ist die Diskussion schnell beendet.” – „Ich weiß nicht, was Energiewende bedeutet, habe auch keine Intentionen mich daran zu beteiligen. Ich wüsste nicht wie.“ – „Wer sich ernsthaft an Windrädern stört, der möge bitte einfach seinen Stromanschluss im Keller kappen oder ein Atomabfallendlager bei sich im Ort aufmachen, dann steht ihm diese Kritik zu.” – „Mal vom Klima abgesehen. WAS hat denn der Normalverbraucher von der Wende außer teurem Strom? Nichts!“ „Investoren sind Leute, die mal eben 100k auf der hohen Kante haben.“ „Und dann darf man sich noch das Brummen anhören und den Schlagschatten...ist doch gut initiiert worden von Rot Grün.”

Das sind Zitate aus der Kommentarspalte unter Online-Artikeln über die Energiewende und aus Straßenbefragungen, die wir selbst durchgeführt haben. Sie scheinen so gar nicht zu dem Versprechen zu passen, das die Menschen häufig von der Politik oder Verbänden zu hören bekommen: „Strukturwandel bietet die Chance, Modellregionen für zukunftsfähige Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien und für Sektorenkopplung zu schaffen.“

Finde den Fehler

Diese Aussagen visualisieren eine große Distanz zwischen den Menschen „da draußen”, also den EnergieanwenderInnen, und den EntscheiderInnen, die darüber bestimmen, was „da draußen” an Projekten und Maßnahmen umgesetzt wird. Die Notwendigkeit und die Vorteilhaftigkeit der Energiewende werden aus einer Top Down Logik, gerne auch aus der Berliner Perspektive, kommuniziert. Verbunden mit abstrakten Worthülsen und dem Unwillen, sich in die Lage der Menschen und Betroffenen hineinzuversetzen. Vielmehr wird versucht, mit Katastrophenszenarien („Gelingt es künftig nicht, die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten, werden Inselstaaten untergehen und ganze Landstriche verwüsten.“) und jeder Menge Fakten, Zahlen und Maßeinheiten die Sinnhaftigkeit einzuflößen. Hinzu kommt eine Politik, die zunehmend auf eine Steuerung der Energiewende von oben setzt. Das Ergebnis: Wenige Möglichkeiten für die Menschen, die Energiewende selbst in die Hand zu nehmen und von ihr zu profitieren, und folglich vor Ort wachsender Widerstand gegen Energiewendeprojekte – zumindest wenn es sich um größere Vorhaben handelt.

What’s in it for me?

Eine einfache Frage hilft, die Energiewende wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen: „Was springt für mich dabei raus?” Welchen Nutzen haben Anwendende, Energieanwendende, von der Energiewende? Was ist das Tolle an Ökostrom? Warum ist der Ausbau eines spezifischen Windrads an Ort und Stelle (und nicht irgendwo anders) notwendig und sinnvoll? Wie erfährt die Nutzerin oder der Nutzer im Alltag den Wert der Energiewende? Wie sieht ihr Nutzenerlebnis aus?

Allein über die (An-)Sprache könnten wir bereits einiges verändern. Außer vielleicht ein paar Technik-Freaks überzeugen wir niemanden mit der Nennung von CO2-Kennzahlen oder Terawattstunden. Und nicht jeder will und kann dem Leitbild des Klimaschutzes folgen. Dafür äußern Menschen den Wunsch nach einem „guten Leben”, bestehend zum Beispiel aus Werten wie: gemeinschaftliche Verbindung, Autonomie, Mitgestaltung, Sicherheit, Anerkennung, wirtschaftliche Perspektiven und Gesundheit. Diese Werte können wir mit der Energiewende verbinden! Jedoch nicht pauschal, denn das Energienutzungserlebnis ist individuell. Eine Berlinerin erlebt Energie anders als ein Thüringer. Sie konsumiert meist das, was ihr vorliegt, und er ist dabei, wenn Energie erzeugt wird.

Es braucht Kommunikations-angebote und Beteiligungs-möglichkeiten an der Energiewende, die an die unterschiedlichen Nutzungsgruppen angepasst sind.Es braucht also Kommunikationsangebote, Produkte und Beteiligungsmöglichkeiten an der Energiewende, die an die unterschiedlichen Nutzungsgruppen angepasst sind. Da gibt es beispielsweise die Sparfüchse – die ließen sich mit flexibleren Stromverträgen motivieren. Es gibt den Kiezfreund, der sich für seine direkte Umgebung einsetzt und eine Gemeinschaftssolaranlage auf dem Mehrfamilienhaus plant. Da sind die Vielverbraucher, die ihren Energiekonsum nicht einschränken und mit gutem Gewissen ihre Server betreiben wollen. Wir kennen die Autarken, die sich von externen Kräften maximal unabhängig machen und selbst entscheiden wollen. Selbstverständlich gibt es den Ideologen, dem nichts anderes als grüne Energie aus erneuerbaren Quellen in den Jutebeutel kommt. Da ist die Visionärin, die unternehmerisch denkt und arbeitet und kreativ an Energielösungen schraubt. Und es gibt noch viele mehr, die in ihrer Lebenswelt von uns abgeholt werden möchten.

Uns muss es also gelingen, all diesen individuellen Lebenstypen die Losung „Die Energiewende ist näher als du denkst“ zu vermitteln. Kiezfreunde engagieren sich für ein nachhaltiges Energiekonzept für den Berliner Möckernkiez. Für Überzeugte gibt es Initiativen wie das Bündnis Bürgerenergie. Auch die 100 prozent erneuerbar stiftung erprobt in kleineren und größeren Kommunikationsformaten neue Formulierungen und Ansprachen für „Energieferne. In dieser Kommunikation wird die Energiewende aus der Sicht der NutzerInnen erzählt, von den Vorteilen, welche sie im Alltag der Menschen hat. Genau hier besteht ein großes ungenutztes Potential. Denn alle können von der Energiewende profitieren, wenn diese sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Nicht andersherum.




Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

S Berner 13.08.2018, 17:23:47

+290 Gut Antworten

Es geht bzgl. der wichtigsten Frage für die Menschheit des 21.Jahrhunderts nicht um Befindlichkeiten, sondern um das Überleben auf unsere m Planeten Erde. Die bedeutendste Entdeckung der Energienutzung von Neutrino-Energy ( Nobelpreis 2015) für die Energiewende könnte hier Neuanfang bieten. Es strömen Billliarden Neutrinos Tag und Nacht weltweit mit der solaren Strömung, die wir seit neuestem Wissen (Physik Nobelpreis 2015 " etliche internationale, universitäre Studien) in Energie wandeln können - für die mobile " dezentrale Haushaltsenergie und die Elektromobilität! Bei dieser Technologie braucht es keine Grosskraftwerke und demzufolge keine Speicher mehr. Auch materialaufwendige Akkus und Batterien werden durch kleinere Powercubes und Neutrino-Chips ersetzt. Ein Grosses Umdenken in Politik und Wirtschaft, wie etwa in den 80iger Jahren steht an: weg von Festnetztelefonie zur Mobilen Telekommunikation oder die Verbreitung von News anstelle mit Drucksachen über das Internet " Social Media, so auch in der Energienutzung hin zur mobilen und dezentralen Energie. Die Berliner Neutrino Group und ihr wissenschaftliches Team und internationalen Partner, bieten Lizenzen aus weltweiterForschung für die Nutzung von Neutrino-Energy. Das ist machbar Hier und Jetzt und Neutrino-Energy wird zukünftig 30-50% des Strombedarfs Abdecken können. Neue Produktionsstätten in schwachen Wirtschaftsregionen könnten hier auch zum Ausgleich und Aufschwung weltweit beitragen.

Rudolf Tarantik 14.08.2018, 21:53:12

+325 Gut Antworten

Bitte keine Scharlatan Kommentare hier einstellen. "Neutrino"

https://www.psiram.com/de/index.php/Neutrino_Inc

Andreas Kühl 15.08.2018, 11:34:51

+327 Gut Antworten

Sehr schöner Artikel, vielen Dank. Das zeigt, dass wir viel mehr Angebote in der Kommunikation und in der gelebten Energiewende, welche die Menschen direkt anspricht und ihnen einen spezifischen Nutzen bietet. Die genannten Beispiele sprechen nur die Menschen an, die ohnehin von der Energiewende überzeugt sind. Aber was ist mit den gleichgültigen Menschen und den Skeptikern?

 

Mir fehlt auch der Aspekt des regionalen Bezugs. Für viele Menschen ist es wichtig, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt, dass der Strom aus dem lokalen Umfeld kommt.

 

Trotz der Kritik bin ich froh, dass es diesen Artikel gibt. Vielen Dank dafür!


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