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Atomunfälle sind nicht ausreichend abgesichert

Im französischen Atomkraftwerk Cattenom nahe der deutschen Grenze kam es in den letzten Jahren immer wieder zu Störfällen. Atomkraftgegner fordern daher seit langem die Abschaltung des Atommeilers. (Foto: <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/Fil
Im französischen Atomkraftwerk Cattenom nahe der deutschen Grenze kam es in den letzten Jahren immer wieder zu Störfällen. Atomkraftgegner fordern daher seit langem die Abschaltung des Atommeilers. (Foto: Stefan Kühn / commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Kommt es in einem europäischen Nachbarland zu einem Super-GAU, würden Geschädigte laut einer aktuellen Studie auf dem Großteil der Kosten sitzen bleiben. Grund dafür ist die unzureichende international vereinbarte Haftungs- und Deckungsvorsorge.

26.04.2017 – Die Nuklearkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima haben gezeigt, wie verheerend die Folgen eines Super-GAUs für Mensch und Umwelt sein können – auch noch Jahrzehnte nach dem Unglück. Die dabei anfallenden Kosten lassen sich nur schwer beziffern und werden von Experten mit unterschiedlich hohen dreistelligen Milliardenbeträgen geschätzt. Wenn es in einem an Deutschland angrenzenden Nachbarland zu einem schweren nuklearen Unfall kommen würde, wären hierzulande die Auswirkungen deutlich spürbar. Deshalb gibt es mehrere internationale Abkommen, die eine Haftung auch über Ländergrenzen hinweg regeln sollen.

Die darin festgelegten Haftungssummen sind jedoch viel zu gering, um die Folgekosten eines Super-GAUs in Deutschlands Nachbarländern entsprechend abzusichern. Zu diesem Ergebnis kommen das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und der Atomrecht-Anwalt Hartmut Gaßner in zwei von Greenpeace Energy in Auftrag gegeben Analysen. Abgesehen von fünf sehr grenznahen AKWs befinden sich insgesamt 34 europäische Kraftwerke in einem Radius von 600 Kilometern, die zwischen 30 und 50 Jahre alt sind.

Schadenssummen übersteigen geltende Haftungsgrenzen deutlich

„Die internationalen Übereinkommen sollten dringend neu verhandelt, die Haftungshöchstgrenzen abgeschafft sowie die erforderliche Deckungsvorsorge der AKW-Betreiber deutlich angehoben werden“, empfiehlt FÖS-Studienautorin Lena Reuster. Sie schätzt die Kosten für einen Super-GAU in Europa mit rund 100 bis 430 Milliarden Euro. In fast allen europäischen Ländern müssten die AKW-Betreiber aber lediglich mit Beträgen von weniger als einer Milliarde Euro haften – in Tschechien sogar nur mit 74 Millionen Euro.

Selbst wenn dann eine sehr konservativ geschätzte Schadenssumme von 100 Milliarden Euro angenommen wird, kann diese nur zu rund einem Hundertstel durch den Kraftwerksbetreiber abgedeckt werden. So müssten die Geschädigten 99 Prozent der entstandenen Kosten selbst tragen. Gegenüber dem deutschen Staat hätten die Geschädigten dann auch keinen Anspruch, erklärte Hartmut Gaßner, Jurist mit Tätigkeitsschwerpunkt Atomrecht, am Dienstag in Berlin.

Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy, sieht daher nur einen Ausweg: „Deutschland sollte ernsthaft in Erwägung ziehen, aus den bestehenden Haftungsverträgen auszusteigen, um bei grenznahen Atomunfällen nicht durch völlig unrealistische Haftungshöchstgrenzen daran gehindert zu sein, die tatsächlich entstandenen Schäden bei den Verursachern geltend machen zu können.“ jk


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