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Starke Stimme für Europas Energiebürger

Die Europäische Union hat ein Mitsprachrecht bei der Energiewende. Daher müssen sich Akteure auch auf europäischer Ebene einbringen und vernetzen. In einem ersten Schritt machen das die BürgerEnergieGesellschaften der EU – und demonstrieren damit die große soziale und politische Kraft der Bewegung.

17.05.2014 – REScoop heißt das europäische Netzwerk – Renewable Energy Sources COOPerative, auf Deutsch „Erneuerbare-Energien-Genossenschaft“. Das Netzwerk ist nicht auf Genossenschaften im engen juristischen Sinn beschränkt: Alle Initiativen im Bereich Erneuerbare Energien sind hier eingeladen, ihr Wissen und ihre Erfahrung zu teilen. Eine REScoop besteht aus einer Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern, die im Bereich Erneuerbare Energien zusammen tätig sind, sei es in der Entwicklung von Energieprojekten, in Produktion oder Vertrieb von Strom und Wärme. Aber auch Gruppen, die neue Initiativen unterstützen und beraten, sollen Teil des Netzwerks sein.

Das Projekt REScoop wird über das Programm „Intelligente Energie Europa“ der Europäischen Kommission finanziert. Ziel des Projektes ist es, den Ausbau grüner Energien mit Bürgerbeteiligung in Europa weiter voranzutreiben. Bis 2020 soll der Anteil der Erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch in der EU auf mindestens 20 Prozent steigen. Die BürgerEnergieGesellschaften spielen für dieses Ziel eine große Rolle, um die Akzeptanz für Erneuerbare zu erhöhen: Das Phänomen NIMBY – „not in my backyard“ gibt es in ganz Europa, will heißen: Erneuerbare Energien sind prima, aber bitte kein Windrad vor der eigenen Haustür! Werden die Projekte jedoch von Kooperativen initiiert, die von Bürgern mitgegründet und kontrolliert werden und von denen sie selbst profitieren, tritt NIMBY weit seltener auf: Eine Windkraft-, Solar- oder Biogasanlage in der eigenen Kommune kann plötzlich attraktiv werden.

Wirtschaftsmotor Energiegenossenschaften

Wie in Deutschland, so braucht Bürgerenergie auch eine Stimme in Europa. Das REScoop-Prinzip muss den Politikern in den verschiedenen Regionen, Mitgliedsstaaten und in ganz Europa näher gebracht werden. Dazu werden konkrete Projekte mit Pilotcharakter unterstützt, aber auch eine Übersicht über bestehende REScoops und ihre Projekte gegeben. Das Wissen der einzelnen Kooperativen und ihre Erfahrungen werden gesammelt, aufbereitet und anschließend weitergeben.

Die Vorteile der wachsenden Dezentralisierung des Energiemarktes sind überall in Europa spürbar. Seit der Liberalisierung des europäischen Energiemarktes hat sich viel getan. Diese Wandlung des Energiesystems hin zu Erneuerbaren Energien wird angeführt von EU- Bürgern durch tausende lokale und regionale Initiativen. Mehr als 2.000 Bürgergesellschaften im Bereich der Erneuerbaren Energien gibt es in der Europäischen Union. Diese BürgerGesellschaften sind laut EU Statistiken gemeinsam mit sozialen und öffentlichen Unternehmen verantwortlich für 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und mehr als 14 Millionen Jobs in Europa.

Das wirtschaftliche Potenzial dieser Initiativen ist beachtlich und deutlich spürbar, zum Beispiel in Schweden: Die Genossenschaft Lantmännen hat mehr als 8.600 Mitarbeiter und setzt Projekte im Bereich Wind, Photovoltaik und Biomasse auf den Ländereien der beteiligten Landwirte um. Ebenso produzieren sie Bioethanol als Kraftstoff.

Oder Energy4all in Großbritannien, die in den letzten Jahren mehrere genossenschaftliche Projekte – vor allem im Bereich der Windenergie – initiiert hat. Die Genossenschaft steht anderen Genossenschaften, Kommunen, Landbesitzern und auch Unternehmen beratend zur Seite. In Dänemark betreibt die Genossenschaft Middelgrunden den wohl am meisten fotografierten Windpark der Welt. Vor dem Hafen Kopenhagens stehen die Windräder in Kurvenform, ihre optische Anordnung wurde unter Beteiligung der Anwohner ausgewählt. Der Windpark ist weltberühmt und wird von Besuchern aus aller Welt besichtigt und fotografiert – und transportiert so die Idee des Bürgerwindparks in alle Welt.

Energie wird kostbar

Auch die Kleinsten werden mit eingebunden und innovative Ideen können sich so über ganz Europa verbreiten: So hat Bernhard Delville von REScoop Belgien die Idee der „Kinder-Windmühle“ ins Leben gerufen. Delville vertritt die Ansicht, dass das Engagement für eine lebenswerte Zukunft der Kinder ganz wörtlich genommen werden kann. Er gründete eine Genossenschaft, an der zu 95 Prozent nur Kinder beteiligt sind. Sie betreibt ein Windrad – ohne Akzeptanzprobleme bei den Anwohnern. Solche Genossenschaften haben in ihren Ländern oftmals Pioniercharakter und sind Vorbild und Ansprechpartner für Viele.

Das beweist auch die belgische Energiegenossenschaft Ecopower: Sie produziert Strom in eigenen Anlagen und versorgt ihre Mitglieder auch mit dieser Energie. Ecopower zählt mit 23 festangestellten Mitarbeitern zu den größten Energiegenossenschaften in ganz Europa. Die Genossenschaft betreibt nicht nur Anlagen, sondern ist auch Energieversorger für 37.000 Haushalte. Ecopower zeigt auch, dass Bürgerbeteiligung ein ganz anderes Bewusstsein schafft: In den vergangenen sieben Jahren verringerte sich der Stromverbrauch der Kunden von Ecopower um 46 Prozent. Etwa ein Drittel der Einsparung geht auf die Nutzung von Solarstrom vom eigenen Dach zurück, der überwiegende Teil kommt aber durch eine aktive Verhaltensänderung bei den Mitgliedern: Sie beschäftigen sich bewusst mit dem Thema und sparen aktiv Energie ein.

Lobby für die Energiebürger

Einer der Gründer von Ecopower ist Dirk Vansintjan, er ist gleichzeitig auch Präsident von RESCoop und betont dessen Bedeutung für die Energiewende in Europa: „Dieser Zusammenschluss von Bürgergesellschaften ist ein großer Schritt für ihre Bedeutung in Europa. Um gemeinsame Barrieren und Hürden zu bewältigen, ist die Zusammenarbeit auf EU-Ebene sehr wichtig“ so Vansintjan. Er sieht eine große Herausforderung in der Lobbyarbeit auf europäischer Ebene.

Der europäische Energiemarkt ist noch von sehr großen Akteuren dominiert. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dürfen aber kleinere Bürgergesellschaften nicht benachteiligen. Dafür setzt sich REScoop ein: „Gemeinsam müssen wir der europäischen Kommission gegenüber deutlich machen, dass die Umsetzung ihrer geplanten Richtlinien negative Auswirkungen auf Bürgerinnen, Bürger und Bürgergesellschaften hat. Die Energiewende muss Sache der Bürgerinnen und Bürger sein.“ Lena Dohmann


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Kommentare

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Räbiger 03.07.2014, 10:58:55

+207 Gut Antworten

Nur wenn es gelingt, über nationale Grenzen hinaus, einen Energieverbund von Genossenschaften zu vernetzen und dadurch eine Marktmacht sichtbar zu gestalten, können die großen Energieunternehmen nicht den Strom verbilligt über die Strombörse unter den Gestehungskosten anbieten.

 

In Deutschland wird die indirekte Subvention durch die Energieumlage von den Bürgern bezahlt. Die Differenz darf nicht der Preis an der Strombörse sein,sondern der betriebswirtschaftliche Preis der Erstellung.


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