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Entwaldung stoppenMaßnahmen gegen Abholzung sind viel zu lasch

Pestizideinsatz auf einer Palmölplantage in Ecuador.
Pestizideinsatz auf einer Palmölplantage in Ecuador. (Foto: Klaus Schenck / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0)

Einige EU-Staaten fordern aktuell härtere Maßnahmen gegen die weltweite Abholzung von Wäldern. Eine bessere Waldbewirtschaftung könnte über ein Drittel des Klimaschutzes bis 2030 ausmachen. Doch Soja- und Palmöl-Business treiben die Entwaldung voran.

16.11.2018 – Einige EU-Staaten haben die Europäische Kommission aufgefordert, härtere Maßnahmen gegen die Entwaldung weltweit zu ergreifen. Dafür sollte ein Aktionsplan der EU vorgezogen werden, lautet es in einem Brief der Amsterdam-Gruppe an die Kommission. In der Amsterdam-Gruppe haben sich Deutschland, die Niederlande, Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Frankreich und Italien zum Thema „entwaldungsfreie Lieferketten“ zusammengeschlossen. Ziel dabei soll sein, den Wissensaustausch der Initiativen zu Palmöl, Kakao und Soja zu fördern und dabei u. a. Transparenz hinsichtlich der Lieferketten zu schaffen.

Um das Ziel der Vereinten Nationen zu erreichen, die Entwaldung bis 2020 zu stoppen, sollte die EU „eine führende Bis zu 80 Prozent der weltweiten Waldverluste werden durch das globale Agrobusiness verursacht Rolle spielen, ihren politischen und marktwirtschaftlichen Einfluss mobilisieren und einen breiteren internationalen Dialog und die Zusammenarbeit fördern“, heißt es in dem Schreiben, das vom dänischen Umweltminister Jakob Ellemann-Jensen unterzeichnet wurde. Zudem sollten Maßnahmen ergriffen werden, um „wirtschaftliche Chancen“ mit „verantwortungsvollem Management globaler Lieferketten“ in Einklang zu bringen.“ Studien haben gezeigt, dass bis zu 80 Prozent der weltweiten Waldverluste durch das globale Agrobusiness verursacht werden: Jahr für Jahr werden riesige Waldgebiete für den Ackerbau abgeholzt. Eine optimierte Waldbewirtschaftung könnte mehr als ein Drittel des weltweiten Klimaschutzes bis 2030 ausmachen, sagen Experten.

Anlässlich der jüngsten Wahl des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro zeigen sich die EU-Staaten besorgt. Bolsonaro bezeichnet Landrechtsaktivisten als Terroristen und hat bereits angekündigt, die Entwaldung in Brasilien massiv auszudehnen – im Wahlkampf wurde er denn auch unterstützt von mächtigen Vertretern des Agrobusiness. Die haben ihn nun zu einer taktischen Zurückhaltung aufgefordert: Natürlich wolle man Umweltvorschriften einhalten.

„Sauberer“ Biosprit für Europa

Laut Umweltorganisation Greenpeace könnten starke EU-Gesetze den ökologischen Fußabdruck von Rohstoffen wie Soja und Palmöl reduzieren, die die Entwaldung im Amazonas vorantreiben. Die umwelt- und menschenverachtende Ansage Brasiliens hat die EU-Staaten ein wenig wachgerüttelt. Nachhaltige Produktion und Konsum müssten die ausufernde Ausbeutung der Natur beenden, so der dänische Umweltminister.

Versprochen wurde schon vieles, doch passiert ist bislang viel zu wenig. Mit dem Brief der Amsterdam-Group kommt zumindest wieder etwas Bewegung in das Thema. Auch eine wachsende Anzahl von Unternehmen unterstützen eine Einschränkung des umweltzerstörenden Agrobusiness, wie etwa das Cerrado Manifesto oder die Soy Buyers Coalition.

Soja und Palmöl in unseren Nahrungsmitteln sind quasi unsichtbar – lediglich in Europa müssen sie als Inhaltsstoff deklariert werden – und in vielen Produkten enthalten, wo sie nicht vermutet werden: in Fleisch- und Fischprodukten, in Getreideprodukten vom Bio-Müsli bis zum Keks, in Zahnpasta und Kosmetika und zu großen Anteilen im Biosprit. Zum Anbau von Soja und Palmölplantagen werden Urwälder abgeholzt und Menschen ihrer Heimat und Lebensgrundlagen beraubt. Palmöl stammt zu großen Teilen aus Malaysia und Indonesien, Soja vor allem aus Argentinien, Paraguay und Brasilien.

Frankreichs nationale Strategie gegen die Entwaldung – nur ein Bluff?

Mit Verspätung verabschiedete in dieser Woche die französische Regierung ihre nationale Strategie zur Bekämpfung der Entwaldung. Der damals noch amtierende Umweltminister Nicolas Hulot hatte diese im Zuge des Nationalen Klimaplanes ursprünglich für März 2018 angekündigt, mit dem Ziel, „die Abholzung der Wälder durch die Einfuhr von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen oder landwirtschaftlichen Erzeugnissen bis 2030 zu beenden“ – etwa Palmöl aus Südostasien, gentechnisch verändertes Soja aus Lateinamerika das vor allem als Tierfutter eingesetzt wird, oder auch Kakao aus Afrika.

Nach aktuellen Berechnungen der NGO Envol Vert führten bspw. die Konsumgewohnheiten der Franzosen – vom Fleischkonsum bis hin zum Biospritverbrauch – jährlich  zu einer massiven Abholzung von Waldflächen, einem Gebiet so groß wie der Bretagne entsprechend. Vor allem sollte Palmöl nicht mehr für Biosprit verwendet werden, forderte Hulot 2017. Denn mehr als 75 Prozent der rund 900.000 Tonnen Palmöl, die in Frankreich verbraucht werden, würden zum Fahren von Fahrzeugen verwendet.

Die Maßnahmen, die nun angekündigt wurden, seien allerdings dürftig, so Kritiker aus Reihen der Umweltorganisationen, da mal wieder völlig unverbindlich. Die französische Entwicklungsagentur solle jährlich 60 Millionen Euro für „Projekte zur nachhaltigen Bewirtschaftung, Bekämpfung der Entwaldung und Wiederaufforstung“ in der EU bereitstellen. Durch die Schaffung einer „nationalen Plattform zur Bekämpfung der Entwaldung, die Unternehmen, NGOs und Behörden zusammenbringt“, soll u. a. ein neues Label zéro déforestation entwickelt werden, um die Verbraucher bei ihren Entscheidungen zu unterstützen. Umweltorganisationen befürchten, dass der „gute Wille“ der Marktakteure damit wohl kaum gestärkt wird und es strenge gesetzlich verbindliche Vorgaben von Seiten der Politik braucht. Denn Zertifizierungen haben auch bislang nicht zum Schutz der Wälder geführt – und private Gewinne werden so weiterhin vor Umweltschutz stehen. na


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