Menü öffnen

KlimaschutzNatürliche CO2-Speicher im Kampf gegen Klimawandel fördern

Holzsteg durch Moorlandschaft
Der Weg zu mehr Klimaschutz führt auch durchs Moor. Moore sind natürliche CO2-Senken und müssen geschützt werden. (Foto: Pixabay / Free License)

Die Hälfte der global produzierten CO2-Emissionen wird von Ökosystemen aufgenommen und gelangt so nicht in die Atmosphäre. Diese natürlichen Senken haben daher enorme Bedeutung im Kampf gegen den Klimawandel und müssen besser geschützt werden.

20.08.2021 – Um die Erderwärmung zu stoppen, muss vor allem der Ausstoß von CO2 massiv verringert werden – was durch den Ausbau Erneuerbarer Energien und ein Ende des fossilen Zeitalters eingeleitet werden muss. Die Hälfte aller vom Menschen ausgestoßenen Treibhausgase gelangen aber gar nicht in die Atmosphäre, sondern werden von natürlichen Ökosystemen aufgenommen.

Diese sogenannten natürlichen Senken haben daher global eine große Bedeutung im Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel. Sie müssen auch in Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität eine große Rolle einnehmen, heißt es einem Kurzgutachten, welches das Öko-Institut im Auftrag der Deutschen Energieagentur (dena) erstellt hat.

Das Gutachten Natürliche Senken. Die Potenziale natürlicher Ökosysteme zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen und Speicherung von Kohlenstoff benennt die Möglichkeiten und Herausforderungen beim Einsatz natürlicher Senken: die Arten der Kohlenstoffpools, ihre jeweiligen Potenziale für den Klimaschutz und ihre Wechselwirkungen und möglichen Zielkonflikte.

Der Landnutzungssektor (Land use land use change and forestry, kurz LULUCF) ist auf dem Weg zur Klimaneutralität Deutschlands als sogenannte Netto-Senke fest eingeplant. Eine Netto-Senke liegt laut Kurzstudie des Öko-Instituts dann vor, „wenn insgesamt mehr CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen und gebunden wird, als durch das Ökosystem wieder in die Atmosphäre gelangt.“

Bislang größter CO2-Speicher – der Wald

Deutschlands wichtigste natürliche Senke sei dabei der Wald, wo Bäume auf 11 Mio. ha Fläche CO2 aufnehmen und speichern. Die Senkenleistung des Waldes liegt laut Gutachten derzeit bei minus 60 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr, werde aber aktuellen Projektionen zufolge – infolge von Klimawandel-Schäden – stark zurückgehen, so das Gutachten. Um eine ausreichende Netto-Senkenleistung zu erreichen, müssten daher u. a. die Emissionen aus der Landnutzung aus Acker- und Grünland von heute über 40 Mio. CO2-Äquivalenten mindestens halbiert werden. Die Senkenleistung des Waldes müsste wieder „ungefähr auf das derzeitige Niveau gebracht werden.“

Dieses Ziel sei höchst ambitioniert, so die Studienautoren, vor allem wenn man die aktuellen Trends mit Rückgang der natürlichen Senken und der Gefährdung für den Zustand von Wäldern und natürlichen Öko-Systemen durch den Klimawandel berücksichtige. Viele Zusammenhänge und Wechselwirkungen in diesem komplexen System seien noch gar nicht gut verstanden, räumen die Wissenschaftler ein.

„Zur Erreichung von Klimaneutralität müssen wir alle Potenziale erschließen“, sagt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung. Das gelte insbesondere auch für natürliche Senken. Maßnahmen in diesem Bereich würden laut Gutachten nicht nur einen Beitrag durch die Kohlenstoffspeicherung leisten – sondern hätten auch positive Effekte auf die Biodiversität, den Wasserhaushalt und die ökologische Stabilität in Deutschland insgesamt.

Änderung in der Land- und Waldbewirtschaftung notwendig

„Ökosysteme tragen bereits wesentlich zur Reduktion von CO2 aus der Atmosphäre bei“, sagt Judith Reise, wiss. Mitarbeiterin für Energie & Klimaschutz beim Öko-Institut. Allerdings seien diese insbesondere durch intensive Bewirtschaftungsweisen und den voranschreitenden Klimawandel gefährdet. „Durch eine Umstellung der Bewirtschaftung hin zu einer extensiveren Nutzung, z.B. weniger Holzeinschlag in resilienten Waldbeständen, sowie durch Regeneration und Schutz durch die Wiedervernässung von Moorböden, können Ökosysteme ihr Potenzial als natürliche Senken erhöhen und gleichzeitig zum Schutz der Biodiversität beitragen“, erläutert Reise.

Maßnahmen mit größtem Effekt

Das Kurzgutachten des Öko-Instituts macht deutlich, dass insbesondere die Wiedervernässung von organischen Böden einen hohen spezifischen Klimaschutzbeitrag pro Flächeneinheit hat: Dadurch könnten Emissionen aus der Landnutzung vermieden werden und gleichzeitig wertvolle Lebensräume für verschiedene an Feuchtgebiete gebundene Arten entstehen,

Ein großes und bislang ungenutztes Potenzial schreiben die Experten auch der Agroforstwirtschaft zu, in der Gehölze mit Ackerkulturen oder Viehhaltung kombiniert und positive Wechselwirkungen genutzt werden. Für den Erhalt und Ausbau natürlicher Senken wären Wiederaufforstung und nachhaltige Waldbewirtschaftung besonders relevant. Durch eine extensivere Bewirtschaftung in bereits resilienten Misch- und Laubwäldern, durch Aufforstungen und über die Etablierung von Gehölzstrukturen auf landwirtschaftlichen Flächen könnte langfristig Kohlenstoff im Holz gebunden werden, empfehlen die Gutachter.

Potenzial vorhanden – aber auch begrenzt

Das Potenzial natürlicher Senken in Deutschland zur Minderung der Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre sei allerdings begrenzt, so die Wissenschaftler. Die meisten Maßnahmen würden auch teilweise erhebliche Änderungen in der Bewirtschaftung erfordern und könnten miteinander im Konflikt stehen, oder mit anderen Landnutzungen wie etwa der Ausweitung von Siedlungsflächen – darauf weist das Gutachten auch deutlich hin. Wenn Minderungsmaßnahmen die land- oder forstwirtschaftliche Produktion betreffen, müssten daher Verlagerungseffekte berücksichtigt werden – etwa durch begleitende Maßnahmen wie die Reduzierung des Viehbestands und veränderte Konsummuster.

Gesellschaftlichen Nutzen mitbewerten

Der Bedarf an finanziellen Investitionen – etwa für Ausgleichszahlungen – werde von vielen verschiedenen Faktoren abhängen, heißt es im Gutachten. Generell könnten Minderungsmaßnahmen im Landnutzungssektor Chancen für die Entwicklung in ländlichen Räumen anstoßen und von gesellschaftlichem Vorteil sein. „Sie sind oft nicht quantifizierbar, aber haben vermutlich einen positiven Einfluss“, resümiert das Expertenteam.

Bestehende Instrumente zum Schutz der Ökosysteme nutzen

In der Landwirtschaft stünden bereits mehrere Instrumente zur Verfügung, um Maßnahmen zum Klimaschutz zu unterstützen, berichten die Studienautoren. Bereits seit 2015 werde der Grünlanderhalt als Greening-Auflage der GAP erfolgreich umgesetzt. Dabei muss die Umwandlung von Dauergrünland behördlich autorisiert sein. „War eine Fläche bereits vor dem 1. Januar 2015 Dauergrünland, so muss bei Umwandlung von Dauergrünland zu Ackerland auf einer gleich großen Ersatzfläche neues Dauergrünland etabliert werden“, schreibt es die Auflage vor.

Zudem plane die EU im Rahmen der Carbon Farming Initiative die Anwendung klimafreundlicher landwirtschaftlicher Praktiken sowie einen konkret erbrachten Klimanutzen zu entlohnen. Auch für die Wiedervernässung organischer Böden stehen Förderungen auf EU-Ebene bereit. Auf Länderebene benennt das Gutachten die Moorschutzstrategie, die in der laufenden Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Moorbodenschutz abgestimmt werde. Moore entziehen der Atmosphäre weltweit jährlich rund 150-250 Mio. Tonnen CO2 und wirken damit als hervorragende Kohlenstoffsenke. Das von den Pflanzen während ihres Wachstums aufgenommene CO2 wird nach deren Absterben im Torf festgelegt – daher gehöre zum Moorschutz auch die Aufgabe des Torfabbaus. Nun ist es wichtig, diese Förderinstrumente auch alle zu nutzen und die Maßnahmen zügig umzusetzen. na


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft