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Fossile FinanzierungEuropäische Zentralbank bevorzugt klimaschädliche Unternehmen

EIne brennende Weltkugel vor einem Hochhaus in Frankfurt am Main.
Am Mittwoch entzündeten Klimaaktivsten vor der Europäischen Zentralbank symbolisch eine Weltkugel, um auf die klimaschädliche Geldpolitik der EZB aufmerksam zu machen. (Bild: 350.org / KoalaKollektiv)

Mit dem Kauf von Anleihen begünstigt die EZB Firmen mit hohen CO2-Emissionen, obwohl diese in Europa weniger zur Wirtschaftskraft beitragen als klimafreundlichere Unternehmen. Eine Korrektur des klimaschädlichen Kurses ist möglich.

23.10.2020 – Als Währungsbehörde der Europäischen Union ist es Hauptaufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) für einen stabilen Euro zu sorgen. Es gilt große Schwankungen des Geldwertes zu vermeiden. Eine Rezession soll vermieden werden. Als eine Maßnahme kauft die EZB regelmäßig Anleihen von Unternehmen, um so Renditen zu drücken. Dadurch werden die Zinsen gesenkt, was den Firmen, sowie Investoren und Anlegern zugutekommt.

Doch 63 Prozent der von der EZB gehaltenen Anleihen stammen aus klimaschädlichen Unternehmen, wie eine gemeinsame Studie von Greenpeace, der New Economics Foundation (NEF), der SOAS University of London, der University of the West of England und der University of Greenwich nun zeigt. Darunter sind Unternehmen wie Shell, RWE und Uniper, die mit ihrem CO2-Austoß massiv zur Klimakrise beitragen. Der Umfang der Unternehmensanleihen klimaschädlicher Firmen ist bei der EZB inzwischen auf 242 Milliarden Euro gewachsen.

Den Kauf der Anleihen vollzieht die EZB unter ihrem Prinzip der Marktneutralität, der, ihrer Ansicht nach, eine Bevorzugung oder Benachteiligung ausschließt. Ob die EZB Anleihen kauft und wie viele hängt vor allem von Ratingagenturen ab, die die Unternehmen ihrem Wert nach einstufen. Diese und andere Kriterien begünstigen jedoch große, etablierte Unternehmen, mit hohem Finanzierungsbedarf und einer passenden Bonitätseinschätzung durch die etablierten Ratingagenturen, kritisieren die Macher der Studie. Vielen Ratingagenturen fehle es aktuell noch an einem sinnvollen Umgang mit Klimarisiken, so Greenpeace und Co. weiter.

Auch die Wirtschaftskraft rechtfertigt keine Bevorzugung

Abgesehen von den katastrophalen Folgen für das Klima rechtfertigt auch die Wirtschaftskraft der Unternehmen nicht die Bevorzugung durch die EZB. Die 63 Prozent der kohlenstoffintensiven Firmen von denen die EZB Anleihen hält, tragen lediglich 18 Prozent zur Beschäftigung und 29 Prozent zur Bruttowertschöpfung in der Eurozone bei.

„Die EZB braucht eine klimafreundliche Neuausrichtung“, sagte Mauricio Vargas, Finanzexperte von Greenpeace am Dienstag. Einen Tag später folgten Greenpeace und weitere zivilgesellschaftliche Organisationen einer Einladung der Europäischen Zentralbank, um über eine mögliche Neuausrichtung zu diskutieren. „Wir müssen unseren engen Blick auf Geldpolitik erweitern", sagte die EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei dem Treffen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete. Dazu gehöre auch die Forderung nach einer "grünen Geldpolitik".

"Die Notenbanken dürfen nicht länger stur am Bewertungssystem der Ratingagenturen festhalten, sondern müssen Klimarisiken deutlich stärker miteinbeziehen", so Vargas. Er kritisiert vor allem die Deutsche Bank als integralen Bestandteil des EZB-Systems. Diese agiere „beim Klimaschutz als Bremsklotz“. Sie ist die fünftgrößte fossile Bank in Europa und hat im Kohlebereich zwar die Finanzierung konkreter Projekte inzwischen ausgeschlossen, nicht aber die Finanzierung verantwortlicher Unternehmen, wie die indische Adani-Gruppe.

Konkrete Forderungen der Zivilgesellschaft

Unter Einbeziehung von Klimarisiken müsste die EZB nun schnellstmöglich anfangen den Ankauf von Anleihen aus kohlenstoffintensiven Unternehmen zu reduzieren und mehr Anleihen von Firmen mit besserer CO2-Bilanz zu erwerben, fordern Greenpeace und Co. in ihrer Studie. In einem noch radikaleren Schritt könnten alle Anleihen von klimaschädlichen Unternehmen aus dem Portfolio entnommen und Anleihen klimafreundlicherer Firmen hinzugefügt werden, unter veränderten Kaufkriterien.

Rückendeckung kommt von vielen Bürgerinnen und Bürgern in Europa. Mehr als 150.000 Menschen unterzeichneten eine Petition, mit der Forderung nach einer sofortigen Abkehr der Unterstützung klimaschädlicher Unternehmen. Dabei geht es auch darum, dass Rettungsgelder im Zuge der Corona-Krise nicht dazu dienen dürfen die Klimakrise weiter zu befeuern.

Mit einer bildgewaltigen Aktion gaben Frankfurter Klimaaktivsten des KoalaKollektivs am Mittwoch den Forderungen der Zivilgesellschaft Nachdruck. Im Vordergrund des EZB-Gebäudes entzündeten sie symbolisch eine Weltkugel. Lagarde erklärte nach dem Treffen mit den NGOs zwar, dass man ihren Vorschlägen grundsätzlich folgen werde, aber als Europäische Zentralbank sei sie auch abhängig von Beschlüssen innerhalb der Europäischen Union. mf


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