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Banken und InvestorenNoch immer Billionen für die Kohleindustrie

Der Commerzbank-Tower in Frankfurt am Main von der Straße aus fotografiert.
Der Commerzbank-Tower in Frankfurt am Main. Von hier aus vergibt die Bank fleißig Kredite an die Kohleindustrie. (Bild: Fred Romero, flickr, CC BY 2.0)   

Trotz Klimaschutzzusagen stecken Banken Jahr für Jahr mehr Geld in die Kohleindustrie. Für Investoren ist die Kohleverstromung ebenfalls kein Ausschlusskriterium. Es geht um Billionen US-Dollar, die auch aus Deutschland fließen.

25.02.2021 – Der weltweit mächtigste Finanzverwalter Blackrock hatte vor einem Jahr angekündigt, seine Investitionen aus dem Kohlegeschäft sukzessive zurückzuziehen. Doch ein Jahr später liegt Blackrock mit Investitionen von über 84 Milliarden US-Dollar in die Kohleindustrie noch immer auf Platz zwei der weltweit größten institutionellen Investoren. Nur die US-Fondgesellschaft Vanguard hält mehr Aktien und Anleihen in diesem Bereich, sie belaufen sich auf einen Wert von fast 86 Milliarden. Insgesamt dominiert die US-Finanzindustrie mit Investitionen von 602 Milliarden US-Dollar die weltweiten Geldflüsse in die Kohleindustrie.

Die Zahlen gehen auf eine neue Recherche zivilgesellschaftlicher Organisationen zurück, die heute veröffentlicht wird. Sie basiert unter anderem auf der globalen Kohlefirmendatenbank Global Coal Exit List, die von der deutschen Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald gepflegt wird. Demnach besaßen 4.488 untersuchte institutionelle Investoren im Januar dieses Jahres Aktien und Anteile an der Kohleindustrie im Wert von 1,03 Billionen US-Dollar.

Darüber hinaus haben die NGOs 665 Banken weltweit analysiert. Das Ergebnis: Die Banken haben Kohlefirmen in den vergangenen zwei Jahren mit Krediten und Investmentbanking-Geschäften in Höhe von 1,12 Billionen US-Dollar unterstützt. Mit Verabschiedung des Pariser Klimaschutzabkommens haben Banken ihre Kredite und Geschäfte mit Investmentbanking zwischen 2016 und 2019 sogar gesteigert. 2020 lagen sie geschätzt auf ähnlich hohem Niveau wie 2019.

Inzwischen haben 88 Banken weltweit Richtlinien zum Ausschluss von Kohlegeschäften verabschiedet. Doch von diesen Dutzenden Geldhäusern haben nur vier verbindliche Regeln eingeführt, die auch Klimaschutz-Maßstäben standhalten. Das teilt die französische NGO Reclaim Finance mit, die mit der Datenbank Coal Policy Tool angekündigte Richtlinien der Finanzinstitutionen sammelt und vergleicht. Yann Louvel, Richtlinien-Analyst bei Reclaim Finance, sagt: „Die überwiegende Mehrheit der Kohle-Richtlinien der Banken hat so viele Schlupflöcher, dass ihre Wirkung fast bedeutungslos ist.“

Vor allem deutsche Banken fallen negativ auf. Katrin Ganswindt, Finanz-Campaignerin bei urgewald, kommentiert: „Die Commerzbank hat 2016 eine aus heutiger Sicht sehr schwache Kohlerichtlinie verabschiedet, die insbesondere noch viele Geschäfte mit dem Kohlebergbausektor zulässt.“ 5,1 Milliarden US-Dollar an Krediten vergab die Commerzbank in den vergangenen zwei Jahren an die Kohleindustrie.

Der Recherche zufolge gingen allein 2,5 Milliarden US-Dollar an den Bergbaukonzern Anglo American. Weitere dreistellige Millionensummen flossen an den Bergbaukonzern Glencore (546 Millionen US-Dollar) und den größten russischen Kohleexporteur SUEK (240 Millionen US-Dollar). Die Deutsche Bank vergab in dieser Zeit Kredite in Höhe von drei Milliarden US-Dollar an die Kohleindustrie.

Darüber hinaus hält die Deutsche Bank auch Aktien und Anleihen von Kohlunternehmen in einem Wert von sechs Milliarden US-Dollar. Insgesamt haben deutsche Finanzinstitutionen 18,9 Milliarden in die Kohleindustrie gesteckt. Mit acht Milliarden US-Dollar investiert die Allianz-Versicherung sogar noch mehr als die Deutsche Bank in die klimaschädlichen Konzerne.

Ein schneller Ausstieg aus Kohlefinanzierung und -investitionen ist machbar und letztlich eine Frage des Überlebens

Yann Louvel von Reclaim Finance

Zwar hat auch die Allianz seit 2015 eine Kohlerichtlinie, die sie immer weiter verschärft hat. Dennoch bleibt diese weiter beschränkt, kommentiert Regine Richter, Versicherungs-Expertin bei urgewald: „Die Allianz hat in Bezug auf ihre Eigenanlagen bereits große Schritte zum Ausstieg aus der Kohle unternommen. Umso unverständlicher ist es, dass sie die Anlagen, die sie für Dritte verwaltet, immer noch in die Kohle investiert. Sie sollte sich an AXA ein Vorbild nehmen und diese offene Flanke endlich schließen.“ Die französische AXA wendet Kohlebeschränkungen auf sämtliches Vermögen an, weshalb ihre Kohlerichtlinie von Reclaim Finance unter „Best Practice“ geführt wird.

Auch Banken wie Crédit Mutuel, UniCredit und Desjardins oder Vermögensverwalter wie Ostrum hätten gezeigt, was getan werden muss, sagt Louvel von Reclaim Finance. Diese haben die Global Coal Exit List als Grundlage genommen, die dort gelisteten Unternehmen aus ihren Portfolios auszuschließen. „Ein schneller Ausstieg aus Kohlefinanzierung und -investitionen ist machbar und letztlich eine Frage des Überlebens“, so Louvel. mf


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