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Zukunft GasStadtwerke treten aus Gas-Lobby aus

Ein Plakat von Gelsenwasser vor einer Kundenzentrale
Gelsenwasser Energienetze ist seit kurzem nicht mehr Mitglied bei Zukunft Gas. Der Netzbetreiber betreut in 53 Gemeinden Nordrhein-Westfalens die Gasnetze (Bild: Frank Vincentz - Own work, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Proteste gegen die Mitgliedschaft kommunaler Stadtwerke bei Zukunft Gas zeigen Wirkung. Immer mehr Versorger verlassen den Lobbyverband. Ein Verband, der Gas als Brückentechnologie und Wasserstoff als entscheidenden Bauteil der Wärmewende bewirbt.

17.10.2023 – Vor zwei Wochen demonstrierte zuletzt ein breites Bündnis von gemeinnützigen Verbänden gegen den Lobbyverband Zukunft Gas. Und das nicht nur vor deren Zentrale in Berlin, sondern auch vor mehreren Stadtwerken bundesweit. Denn viele Stadtwerke waren und sind Mitglied des Gas-Lobby-Netzwerks. Doch der Protest und veränderte Lagen in Politik und Wirtschaft zeigen offensichtlich Wirkung. Wie der Verein Lobbycontrol berichtet, haben jüngst drei weitere kommunale Stadtwerke ihren Austritt aus Zukunft Gas vollzogen.

Über 70 Organisationen und Unternehmen riefen im Juli gemeinsam die Stadtwerke dazu auf, den Lobbyverband zu verlassen. Zuvor gab es Recherchen von Lobbycontrol und Correctiv, die die enge Verzahnung von Stadtwerken und Zukunft Gas öffentlich machten. Befeuert durch den öffentlichen Druck, sind inzwischen 26 Stadtwerke von der Mitgliedsseite von Zukunft Gas verschwunden. 20 davon haben ihren Austritt bestätigt. Doch weiterhin verzeichnen Umweltverbände, wie das Umweltinstitut München, 80 Stadtwerke in Deutschland, die nach wie vor zahlende Mitglieder bei Zukunft Gas sind.

Neben den Stadtwerken sind die Mitglieder des Lobbyverbandes vor allem große Energiekonzerne, wie Shell, Uniper oder Wingas, deren Geschäftsmodelle vorwiegend auf fossilen Energien aufbauen. Aufsichtsratsvorsitzender von Zukunft Gas ist Friedbert Pflüger, der schon im Auftrag der Nord Stream AG tätig war. Laut Lobbycontrol positionierte sich der Gas-Verband über weitere Mitglieder wie den Hauseigentümerverband Haus in Medien wiederholt gegen die Heizungspläne aus dem Wirtschaftsministerium. Das fossiles Gas als direkter Wärmeenergieträger auf lange Sicht keine Zukunft hat, erkennt zwar auch Zukunft Gas inzwischen an, sieht aber bis zur Klimaneutralität 2045 Gas als wichtige „Grundlagenenergie“ an. Ersetzt werden soll das Gas nach Willen des Lobbyverbandes dann vor allem durch Wasserstoff.

Gas-Lobby setzt auf Wärmewende mit Wasserstoff

Dafür sollen in den Kommunen lokale Gasverteilnetze so umgebaut werden, dass sie für die Aufnahme von Wasserstoff zum Heizen fitgemacht werden. Dafür gründete Zukunft Gas die Plattform „H2kommunal“, in der zwischenzeitlich 40 Stadtwerke aktiv waren. Henning Peters, Energiereferent beim Umweltinstitut München warnt weiterhin: „Stadtwerke, die sich von Zukunft Gas beraten lassen, werden erhebliche Fehlinvestitionen in Gas- und Wasserstoffinfrastruktur tätigen. Diese Investitionen werden zur Kostenfalle für Stadtwerke, wenn dann nicht ausreichend Wasserstoff für die gebaute Infrastruktur verfügbar ist. Die Wissenschaft ist sich einig, dass Wasserstoff nur in geringem Ausmaß und zu hohen Preisen zur Verfügung stehen wird.“

Aktuell verfügbarer Wasserstoff ist indes vor allem fossil und wird überwiegend aus Gas erzeugt. Ein weiterer Vorteil für das Geschäftsgebaren von Zukunft Gas und seinen fossilen Unternehmen. „Die Debatte um die Zukunft der Energie- und Wärmeversorgung in den Kommunen wird gerade sehr hitzig geführt. Es ist schädlich für die Demokratie, wenn diese zentrale Richtungsentscheidung durch irreführende Lobbybotschaften verzerrt wird“, sagt Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl. Doch genau das tue Zukunft Gas, wenn es teuren und überwiegend fossilen Wasserstoff zum Heizen bewerbe. Das nutze vor allem den großen Gaskonzernen, die weiter Milliardengewinne mit Gas machen wollen. Den Schaden würden die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Kommunen tragen, wenn dadurch die Abkehr vom absehbar teuren und klimaschädlichen Gas hinausgezögert wird.

Doch die Arbeit der Gas-Lobby zeigte im neuen Heizungsgesetz offensichtlich Wirkung. Medienkampagnen, vor allem in der Springer Presse, sowie direkte Treffen mit der Politik und die Haltung der FPD zu dem Thema – Stichwort: „Technologieoffenheit“ – führten dazu, dass auf lange Sicht noch Gas-Heizungen eingebaut werden dürfen, solange die H2-Ready sind, also für den Einsatz mit Wasserstoff ausgelegt. Nun liegt es an den Kommunen und ihren Stadtwerken mit verbindlichen Wärmeplanungen den künftigen Wärmemarkt in ihrer Nachbarschaft festzulegen. Dass immer mehr Stadtwerke aus dem Lobbyverband Zukunft Gas austreten, macht Umweltverbänden Hoffnung, für eine auf Erneuerbare Energien ausgelegte Nah- und Fernwärmeversorgung, unter anderem mit Solar- und Geothermie sowie Abwärme. mg


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