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BürgerenergiewendeBessere Bedingungen für Energiegemeinschaften gefordert

Bürgerenergiegemeinschaft versammelt sich vor ihrem Windrad
Bürger machen Wind bei der Energiewende – und sollten nun mehr denn je von der Politik unterstützt statt ausgebremst werden. (Foto: Jörg Farys / Bündnis Bürgerenergie BBEn)

Die Bundesregierung verspricht, den Anteil Erneuerbarer Energien so schnell wie möglich zu erhöhen. Eine Potenzialanalyse zeigt indes, dass über 90 Prozent aller Haushalte in Deutschland Teil der Energiewende werden und von ihr profitieren könnten.

06.05.2022 – Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) werden zwar die Ausschreibungsmengen und Ausbauziele für Erneuerbare Energien deutlich erhöht und das Ziel der Klimaneutralität im Stromsektor in den Blick genommen. Doch die ambitionierten Anstrengungen drohen in der Realität an der Akzeptanz- und Flächenfrage zu scheitern, mahnte das Bündnis Bürgerenergie (BBEn) bei der Diskussion „Geteilter Strom – Doppelter Gewinn“  auf den Energietagen Berlin noch einmal an.

Angesichts des Kriegs in der Ukraine und steigenden Energiepreisen habe die Bundesregierung jedoch keine Zeit zu verschenken. Der Anteil Erneuerbarer Energien muss drastisch und so schnell wie möglich erhöht werden, mahnen die Energiewende-Akteure. Ein großer Hebel wäre das bereits seit 2019  im EU-Recht verankerte Konzept Energy Sharing, die Erneuerbaren-Richtlinie RED II, die einen zusätzlichen Marktrahmen schafft, mit dem Mitglieder von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften den gemeinschaftlich erzeugten Strom über das regionale Verteilnetz vergünstigt nutzen können.

Im Auftrag des Bündnis Bürgerenergie hat das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) untersucht, wie ein Energy Sharing von Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften im Idealfall aussehen könnte. Die Analyse zeigt: Rund 90 Prozent aller Haushalte in Deutschland könnten Mitglied in Energiegemeinschaften sein und dann auch von günstigeren Strompreisen profitieren. Die Studie untersucht ein Energy Sharing, bei dem Wind- und Solaranlagen von der Energiegemeinschaft betrieben und der erzeugte Strom bis in eine Entfernung von max. 25 Kilometern geliefert wird. Dafür könnten bundesweit rund 5.900 neue Energiegemeinschaften geschaffen werden, die rund 66.000 Megawatt Windkraft an Land und 9.000 Megawatt Photovoltaik neu installieren würden.

Doch was im Osterpaket der Bundesregierung für die Bürgerenergie enthalten ist, sei unzureichend. Mit der Definition der Bürgerenergiegesellschaft im EEG 2023 ist das Bündnis Bürgerenergie unzufrieden. Der Aktionsradius der Energiewendeaktivisten werde darin räumlich stark begrenzt, bei der Eigenversorgung fehle noch eine Klarstellung. Dabei könnten und sollten die Bürger die Energiewende beschleunigen.

Wird angenommen, dass Mitglieder der sich neu bildenden Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften, wie im BBEn-Konzept vorgeschlagen, mindestens zwölf Prozent der Investitionskosten ihrer Anlagen beisteuern, ergäben sich Investitionen in Höhe von 6,5 bis 12,8 Milliarden Euro. Jedes Mitglied wäre so im Durchschnitt mit rund 100 bis 200 Euro selbst an den Anlagen beteiligt. Energy Sharing erlaube also auch Haushalten mit geringen finanziellen Mitteln eine Teilnahme an der Energiewende, betont das BBEn die sozial-ökologische Dimension. Als Beteiligte an einer Energy-Sharing-Gemeinschaft hätten die Bürger das Recht auf einen vergünstigten Strombezug. Die gesamten und verbleibenden Investitionskosten sollten von Unternehmen, privaten Investoren und öffentlichen Kassen sowie über Kredite aufgebracht werden.

Zudem könnte die verbrauchsnahe Energieerzeugung entlastend auf die Stromnetze wirken – vor allem, wenn ein Anreiz für eine Lastverschiebung geschaffen wird, d. h., dass der Strom vor allem zu Zeiten verbraucht wird, wenn die Erneuerbaren-Energien-Anlagen ihn erzeugen. Damit sich Bürger aus ihren eigenen Anlagen übers Verteilnetz selbst versorgen können, sei aber auch ein genügend großes Beteiligungsgebiet nötig, das einen wirtschaftlichen Betrieb ermögliche, sagte Viola Theesfeld vom Bündnis Bürgerenergie bei der Diskussion auf den Berliner Energietagen. Zudem müsse die Teilnahme am Energy-Sharing so einfach wie der Wechsel des Stromtarifs sein. Das stärke auch die Akzeptanz an Wind- und Solarenergie-Anlagen, wenn Menschen am Projekt beteiligt sind und profitieren könnten.

Die Europäische Union hatte Energy Sharing bereits 2019 in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (Art. 22) mit einer Umsetzungsfrist bis Mitte 2021 verankert. Die neue Bundesregierung habe sich folgerichtig die Umsetzung von Energy Sharing in den Koalitionsvertrag geschrieben. Der regulatorische Rahmen müsse jetzt geschaffen werden, mahnt das BBEn, damit sich Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften bilden und wirtschaftlich arbeiten können.

Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Oliver Krischer nannte in der Diskussion das Förderprogramm im Osterpaket, um Bürgerenergie-Gesellschaften bei den Vorlaufkosten zu Projekten zu unterstützen. Im neuen EEG sei zudem eine Regionalkennzeichnung für Strom vorgesehen. Ob es noch zu den geforderten Änderungen zugunsten der Bürgerenergie im Osterpaket kommen und wann die Erneuerbaren-Richtlinie der EU vollständig umgesetzt wird, blieb derweil offen. na


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Schutz-( Fach)Mann 28.10.2022, 12:25:30

Alles schön und gut was die Theorie anbelangt, aber die real-technische Umsetzung für dieses theoretische Gebilde ist meiner Meinung nach sehr komplex wenn nicht gar unmöglich. Allein die erforderlichen Redundanzen, die Grundlastversorgung, Regellast um die Netz-Stabilität bzgl. Nenn-Frequenz 50 Hz und die Nenn-Netz-Spannungen zu gewährleisten, das alles sind technisch sehr aufwendige Vorgaben die mit diesen angedachten Energieerzeugungs-Modellen nur sehr begrenzt wenn überhaupt durchführbar sind. Dazu kommen die überregionalen und europäischen Verbundnetz-Infrastrukturen, die mit diesen regionalen dezentralen Energieerzeugungsmodellen nicht realisierbar sind. Der technische Aufwand für diese sogenannten Schwarm-strom-Erzeuger um diese in die vorhanden Verteiler- Netz-Strukturen technisch korrekt ein zu binden ist höchst aufwendig und kostenintensiv. Es müssen adäquate Reserve-Erzeugungseinrichtungen vor gehalten werden die im Störungsfalle die Weiterversorgung gewährleisten können. Das gesamte Versorgungskonzept muss den VDE-Richtlinien entsprechen. Das heißt die notwendigen Sicherungseinrichtungen, Netzschutzeinrichtungen müssen angepasst oder bedarfsgerecht neu geplant und installiert werden. Ein Mammutaufgabe die mehr erfordert als theoretisches Brian-Storming. Die elektrischen Energieversorgungs-Strukturen der Bundesrepublik Deutschland wurden über viele Jahrzehnte geplant, gebaut und den Bedarfs-Erfordernissen sukzessive angepasst. Der Umbau eines solch hochkomplexen Systems wie der elektrischen Energie-Versorgung ist nicht in wenigen Jahren zu schaffen. schon gar nicht wenn es an der realisierbaren Machbarkeit und die ist meines Erachtens zu Zeit nicht vorhanden fehlt. Grau ist alle Theorie solange sie Utopisch ist und bleibt.


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