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BraunkohlereviereGroßes Potenzial für Solarparks auf Tagebau-Seen

Die 14,5 Megawatt große Floating Photovoltaik-Anlage bei Zwolle in den Niederlanden schwimmt auf einem Baggersee. Ein Modell auch für Deutschland.
Die 14,5 Megawatt große Floating Photovoltaik-Anlage bei Zwolle in den Niederlanden schwimmt auf einem Baggersee. Ein Modell auch für Deutschland. (Foto: © BayWa r.e.)

Schon länger gibt es Ideen, auf Seen ehemaliger Braunkohletagebaue schwimmende Solarparks zu errichten. Eine Analyse zeigt nun: Auf hunderten Gewässern in Ostdeutschland könnten Solaranlagen mit einer Leistung zweier Atomreaktoren entstehen.

05.02.2020 – Knapp 500 Tagebauseen sind in Deutschland durch stillgelegte Braunkohlestätten bereits entstanden, meist große Gruben mit sehr viel Platz, die über viele Jahre geflutet wurden. Renaturierung heißt das im Bergbausprech. Fast 50.000 Hektar Fläche, verteilt auf die Bundesländer Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Das ist viel Fläche, wenn man sich für schwimmende Solarparks interessiert, wie der Konzern BayWa r.e. Bereits im vergangenen Jahr baute das Münchner Unternehmen in den Niederlanden einen 14,5 Megawatt starken, schwimmenden Solarpark.

Im Auftrag des Konzerns untersuchte nun das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE das Potenzial der deutschen Braunkohle-Tagebauseen. Ergebnis: Das technische Potenzial beträgt etwa 56 Gigawatt. Für schwimmende Solarparks wirklich nutzbar sind den Schätzungen zufolge aber nur 4,9 Prozent der Seefläche, das entspricht einer Leistung von 2,74 Gigawatt. Zum Vergleich: Ein mittelgroßer Atomreaktor besitzt eine Leistung von etwa 1,2 Gigawatt – liefert aber deutlich konstanter und deshalb mehr Strom als Solarmodule.

Keine Konkurrenz mit Landwirtschaft

5 Prozent nutzbare Fläche klingt zunächst wenig, denn die Fraunhofer-Experten zogen großzügig Nutzungsflächen für Freizeitaktivitäten, Tourismus, Natur- und Landschaftsschutz ab. Aus Kostengründen schlossen die Wissenschaftler zudem Tagebauseen mit weniger als einem Hektar Fläche oder erheblichen Seetiefenschwankungen aus, sowie Seen, die keine Verankerung der Anlage am Ufer zulassen.

Schwimmende Photovoltaik-Kraftwerke werden immer beliebter, weil sie einige Vorteile gegenüber Freiflächen-Photovoltaikanlagen an Land besitzen: Die Stromproduktion ist höher, weil das Wasser die Module kühlt und sie leistungsfähiger macht. Noch stärker wiegt aber ein anderes Argument: Schwimmende Solarparks, auch „Floating PV“ genannt, haben kein Akzeptanzproblem und konkurrieren nicht mit landwirtschaftlichen Flächen. Sie ähneln damit der Agro-Photovoltaik, die ebenfalls keine Ackerflächen verbaut und als ein mögliches Zukunftsszenario für große Solaranlagen gilt.

Höhere Kosten, aber großes Potenzial

In Deutschland wurde im vergangenen Jahr ein erster schwimmendes Solarpark gebaut, Staaten wie China, Japan oder die Niederlande sind da weiter. Noch liegen die Mehrkosten gegenüber Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Deutschland bei 20 bis 25 Prozent, könnten in absehbarer Zeit aber auf etwa zehn Prozent gesenkt werden. Im derzeitigen Ausschreibungsdesign für neue Solaranlagen haben große schwimmende Solarparks damit keine Chance. Lediglich kleinere Anlagen bis 750 Kilowatt Leistung könnten mit fester Förderung wirtschaftlich gebaut werden.

Dennoch dürften auch in Deutschland in den nächsten Jahren weitere Floating-PV-Anlagen entstehen, das Potenzial ist da: Fast 4.500 künstliche Standgewässer gibt es in Deutschland. Neben den Tagebauseen, die gerade einmal 13 Prozent ausmachen, gibt es unzähliche Bagger-, Kies- oder andere angelegte Seen, die sich für schwimmende Solaranlagen eignen. cw


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