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TTIP: Regierungsberater haben starke Bedenken

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen warnt in einer aktuellen Stellungnahme eindringlich vor den Folgen des Freihandelsabkommens TTIP für Umwelt, Verbraucher und Demokratie. Zudem macht das Beratergremium der Bundesregierung konkrete Vorschläge.

27.02.2016 – Seit dem Beginn der Verhandlungen um die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) ist der Widerstand groß. Zahlreiche Verbände fürchten große Risiken für den Umwelt- und Verbraucherschutz. Die konsequente Geheimhaltung der Verhandlungsdokumente bestärkt diese Skepsis zusätzlich. Nun hat auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), der die Bundesregierung seit 45 Jahren zu umweltpolitischen Fragen berät, am Donnerstag eine Stellungnahme zum Thema Umwelt und Freihandel veröffentlicht. Darin erkennen die Forscher zwar die Chancen und Perspektiven eines gemeinsamen Freihandelsraums durch TTIP an, sie sind allerdings auch der Meinung, dass den Schutzstandards die gleiche Bedeutung wie den Handelsinteressen beigemessen werden sollte.

Insgesamt gibt es viele kritische Punkte bei dem Freihandelsabkommen. So sollen unter anderem Umwelt- und Verbraucherschutzvorschriften in der EU und den USA angeglichen werden, obwohl sich diese insbesondere in den Bereichen der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion sehr stark voneinander unterscheiden. Deshalb sprechen sich die Wissenschaftler des SRU dafür aus, dass keine Standards gesenkt oder Regelungen zum Schutz der Umwelt durch TTIP verzögert werden dürfen.

Vorsorgeprinzip konkret in Vertragstexten verankern

Zudem wird in den USA und der EU sehr unterschiedlich mit wissenschaftlicher Unsicherheit umgegangen. Europa ist von dem sogenannten Vorsorgeprinzip geprägt. Dies erlaubt auch bei unsicherer Erkenntnislage ein staatliches Handeln gegen Umweltrisiken. Im Zweifel für Umwelt und Verbraucher, heißt es hierzulande. In den USA gibt es ein solches Prinzip hingegen nicht. „Das Vorsorgeprinzip sollte deshalb in den Vertragstexten konkret verankert werden“, empfiehlt das federführende Ratsmitglied Christian Calliess.

In den USA gibt es für die Produktion von Gütern oder die Bereitstellung von Dienstleistungen eine weitaus größere Freiheit als in der EU. Demgegenüber steht ein Klagesystem, das den Unternehmen Grenzen setzen kann. Genau dann ist es aber oft bereits zu spät. Daher sollte das Vorsorgeprinzip, das für die europäische Umweltpolitik maßgeblich ist, auf keinen Fall über Bord geworfen werden, so die Wissenschaftler.

Die Einbeziehung der Zivilgesellschaft

Für den SRU ist es außerdem von zentraler Wichtigkeit, dass die Zivilgesellschaft ausgewogen und effektiv mit in die Vorbereitung und Umsetzung von TTIP einbezogen wird. Dazu gehören auch transparente Verhandlungen. Allerdings wurden die Verhandlungspositionen der USA noch überhaupt nicht bekannt gemacht. „Auch der jetzt eingerichtete Leseraum für die Abgeordneten des Bundestages schafft keine hinreichende Bedingungen, um die für die demokratische Meinungsbildung wichtigen Debatten zu ermöglichen“, so Calliess.

Für eine umweltgerechte Ausgestaltung von TTIP spricht der SRU gleich mehrere Empfehlungen aus. In Anbetracht der regulatorischen Kooperation werden Ratschläge im Hinblick auf die Wahrung von Gemeinwohlinteressen, einer demokratischen Legitimation, die Beteiligung der Zivilgesellschaft sowie zum Thema der Nachhaltigkeit ausgesprochen. In Punkto Investitionsschutz begrüßt der SRU zwar den Vorschlag der Europäischen Union, empfiehlt jedoch trotzdem Regelungen bezüglich des materiellen und prozeduralen Investitionsschutzes.

„Die TTIP-Verhandlungen müssen gestoppt werden“

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht durch die Stellungnahme des SRU die Kritik am TTIP-Abkommen bestätigt. „Wenn die EU-Kommission und die Bundesregierung tatsächlich hohe Schutzstandards für Mensch und Umwelt wollen, sollten sie international verbindliche ökologische und soziale Pflichten für Unternehmen durchsetzen“, sagt der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Weder bei TTIP noch bei CETA, dem Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Canada und der EU, sei davon jedoch die Rede. „Der Auftrag an die Bundesregierung ist klar: Die TTIP-Verhandlungen müssen gestoppt werden“, so Weiger weiter.

Inwiefern die Vorschläge des Sachverständigenrates für Umweltfragen auch tatsächlich von der Bundesregierung berücksichtigt werden, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall zeigt sich einmal mehr, dass das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA für einen kritischen Diskurs sorgt. jk


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