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Rechtsgutachten GreenpeaceEU-Mercosur-Abkommen ist rechtswidrig

Übrig gebliebenes Waldstück in einem Baumwollfeld im Nordwesten des brasilianischen Bundesstaates Mato Grosso.
Waldrodung für Anbauflächen: Übrig gebliebenes Waldstück in einem Baumwollfeld im Nordwesten des brasilianischen Bundesstaates Mato Grosso. (Foto: Pedro Biondi/ABr, Agência Brasil, wikimedia commons, CC BY 3.0 BR)

Das geplante EU-Mercosur-Freihandelsabkommen ist laut Rechtsgutachten der Umweltorganisation Greenpeace unvereinbar mit geltendem EU- und internationalem Recht, da es zum Anstieg von CO2-Emissionen und Regenwald-Zerstörung führen würde.

29.02.2024 – Mit dem Mercosur-Vertrag wollen die EU und der südamerikanische Wirtschaftsbund Mercosur die größte Freihandelszone der Welt aufbauen. Das Freihandelsabkommen wurde nach 20 Jahren Verhandlungen Mitte 2019 unterzeichnet, muss jedoch noch von den nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten sowie im Anschluss vom Europaparlament ratifiziert werden. Ziel dabei ist es, großen Unternehmen in der EU Milliarden Euro an Zöllen zu ersparen und so die Exportraten zu steigern.

Nach Protesten von Umweltschützern und vor allem Landwirten im Jahr 2019 zögerte Frankreichs Regierung zunächst, das Freihandelsabkommen zu unterzeichnen. Doch Europas Rohstoffhunger ist groß. Das Mercosur-Abkommen soll Exportbedingungen in Bereichen erleichtern, die bereits jetzt überdurchschnittlich zur Klimakrise beitragen. Dazu gehört die Auto- und Fleischindustrie, die Produktion von Agrokraftstoffen sowie der Bergbau – nicht zuletzt mit steigender Rohstoffnachfrage für eine grüne Wirtschaftswende in Europa.

Vertrag konterkariert die Pariser Klimaziele

Ein von Greenpeace Deutschland in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten macht nun deutlich, dass das Freihandelsabkommen Mercosur gegen EU-Klimagesetze verstößt. Zu diesem Schluss kamen nach eingehender Prüfung die beiden Umweltanwälte Roda Verheyen und Gerd Winter. Verheyen hatte bereits 2021 die Kläger vertreten, die die Bundesregierung wegen Verfehlungen der Klimaziele erfolgreich vor Gericht zogen. Mit dem Ergebnis des Rechtsgutachtens könnten EU-Staaten oder das Europäische Parlament jetzt das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Ländern Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay vor dem Europäischen Gerichtshof anfechten, so die Juristen.

Klimaschädlicher Größenwahn

Umweltorganisationen und nur wenige Politiker bemängeln, dass das Abkommen klima- und umweltschädliche Produkte fördert. Mit den Pariser Klimazielen sowie dem European Green Deal ist es nicht vereinbar. „Nun ist auch rechtlich klar, dass das EU-Mercosur-Abkommen klimaschädlicher Größenwahn ist”, sagt Greenpeace-Handelsexpertin Lis Cunha. Denn es würde CO2-Emissionen und die Zerstörung von Ökosystemen massiv fördern. „Wir können es uns im Jahr 2024 schlicht und ergreifend nicht mehr leisten, diesen Deal zu unterzeichnen. Die Bundesregierung muss diesem giftigen Abkommen endgültig ein Ende setzen.“, fordert die Umweltorganisation.

Verzerrtes Bild der negativen Umweltauswirkungen

Die bisherige Emissionsberechnung unterschlage die Bereiche Entwaldung und Transport, so der Vorwurf. Denn das Freihandelsabkommen soll die Zölle auch auf bestimmte klima- und umweltschädliche Güter, wie Rindfleisch, Soja, Pestizide, Autos und Einwegplastik senken oder abschaffen. Das würde voraussichtlich deren Exportmengen erhöhen. Dadurch würde mehr Wald in Südamerika zerstört werden, um landwirtschaftliche Flächen zu schaffen.

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind etwa 20 Prozent der gesamten Amazonas-Fläche verschwunden – durch brutale Abholzung und Brandrodung. Tropenholz, Bodenschätze, Soja und Fleisch aus Südamerika werden in großen Mengen nach Europa exportiert. Werden Entwaldung und Klimawandel nicht gestoppt, könnte der Regenwald langfristig kippen.

Die Oberhäupter zweier indigener Völker hatten 2021 beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag eine Klage gegen Brasiliens damaligen Staatschef eingereicht – wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen und Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes.

Auch der See- und Lufttransport nähme infolge des Mercosur-Deals zu, und ließe die Treibhausgasemissionen ansteigen. Diese Emissionen sind in der offiziellen Abschätzung der Folgen für die Nachhaltigkeit des Freihandelsabkommen, auf die sich die EU-Kommission bisher beruft, nicht berücksichtigt. „Es ist skandalös, diese Emissionen einfach auszuklammern. Das hat das Bild über die wahren Auswirkungen des EU-Mercosur-Abkommens auf Klima und Natur komplett verzerrt. Eine Nachhaltigkeitsfolgenabschätzung muss nach EU-Recht alle relevanten Auswirkungen berücksichtigen”, sagt Cunha.

Verstoß gegen das Pariser Klimaabkommen

Das neue Gutachten hat die rechtlichen Folgen dieser Missachtung untersucht: Werden diese Emissionen einkalkuliert, verstoße das EU-Mercosur-Abkommen eindeutig gegen EU-rechtliche Verpflichtungen unter internationalen Gesetzen wie das Pariser Klimaabkommen, erläutern die Umweltanwälte. Denn dieses sieht vor, den globalen Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Zudem verstoße das Freihandelsabkommen gegen Artikel 2 des EU-Klimagesetzes, der die EU verpflichtet, Maßnahmen zur Erreichung ihrer Emissionsreduktionsziele zu ergreifen, sowie gegen Artikel 6, der die Kommission verpflichtet, „die Vereinbarkeit von EU-Maßnahmen mit den EU-Zielen der Klimaneutralität zu bewerten“, schließen die Juristen. na


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