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Alte KohlekraftwerkeReserve ist teuer und überflüssig

Als erstes ging das Kraftwerk Buschhaus im Helmstedter Braunkohlerevier im September 2016 in die Reserve. (Foto: © Axel Hindemith, Creative Commons CC-by-sa-3.0 de)

Im Notfall sollen sie einspringen, gebraucht wurden sie noch nie: 234 Millionen Euro kostet die Reserve alter Kohlekraftwerke alleine für 2017 und 2018. Eine beispiellose Subventionierung der sterbenden Kohleindustrie durch die Bundesregierung.

04.03.2018 – Eineinhalb Jahre ist es her als der damalige Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) laut über die Abschaltung alter und schmutziger Kohlekraftwerke nachdachte. Er wusste: Gebraucht werden sie ohnehin nicht mehr, der deutsche Stromüberschuss ist enorm. Allerdings hatte er sich verkalkuliert, die Kohlelobby sorgte schnell dafür, dass er einknickte. Herausgekommen ist die sogenannte Sicherheitsreserve. Bis 2020 werden schrittweise 13 Prozent der deutschen Braunkohleleistung stillgelegt, insgesamt acht Blöcke mit einer Leistung von 2.700 Megawatt. Dafür erhalten die Betreiber, allen voran RWE, insgesamt 1,6 Milliarden Euro. Bezahlt werden die von den Stromkunden über die Netzentgelte.

Energiewirtschaftlich sinnlos

Die in Sicherheitsbereitschaft befindlichen Kohlekraftwerke wurden noch nicht angefordertDie Anlagen sind nur vorläufig stillgelegt. Kommt es zu extremen Stromengpässen, müssen die Betreiber die Kraftwerke als innerhalb von zehn Tagen hochfahren. Ein Szenario, dass so nie passieren wird, das wissen wohl alle Experten. Denn eine Stromknappheit ist bei den gewaltigen deutschen Stromüberschüssen so gut wie ausgeschlossen, selbst wenn der Wind mal wenig weht und die Sonne nicht scheint. Zudem können Braunkohlekraftwerke nur sehr langsam hochgefahren werden, zehn Tage wären im Notfall ein zu langer Zeitraum.

Eine Anfrage der Grünen im Bundestag fördert jetzt schwarz auf weiß zu Tage, was ohnehin bekannt war: „Die in Sicherheitsbereitschaft befindlichen Kohlekraftwerke wurden noch nicht angefordert“, schreibt das Bundeswirtschaftsministerium als Antwort. Energiewirtschaftlich ergibt die Sicherheitsreserve also keinen Sinn. Logik steckt ohnehin nicht dahinter, sondern knallharte Interessen der fossilen Energiewirtschaft und deren guten Beziehungen zu Union und SPD.

Zweifel an der Verfügbarkeit

Zuletzt wurden sogar Zweifel an der Verfügbarkeit der bereitgehaltenen Kohlekraftwerke laut. Eine Anfrage der Linken brachte ans Licht: Die Bundesregierung prüft nicht nach, ob die stillgelegten Braunkohlemeiler tatsächlich innerhalb von zehn Tagen zur Verfügung stehen können, wie es der Vertrag zwischen dem Bund und den Betreibern vorsieht. „Bei einer Millioneninvestition belässt es die Bundesregierung bei blindem Vertrauen gegenüber den Kraftwerksbetreibern, ohne die materielle Grundlage zu untersuchen“, kritisierte Ende Januar Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, auf Anfrage der Zeitung Welt.

Experten, Linke und Grüne hatten bezweifelt, ob das Kraftwerk Buschhaus im Helmstedter Braunkohlerevier, das im September 2016 als erstes in die Reserve überführt wurde, tatsächlich innerhalb der Zeit aktiviert werden könnte. Es sei nicht genügend Personal vor Ort, zudem könnten innerhalb der kurzen Zeit kaum große Mengen Braunkohle aus dem 200 Kilometer entfernten Tagebau per Schiene herangeschafft werden, so die Vermutungen.

Kritiker bezeichnen die Sicherheitsreserve ohnehin als „Sterbeprämie“ oder „Etikettenschwindel“. Immerhin hat sie auch etwas Gutes: 12,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen sollen bis 2020 eingespart werden. Das hätte man allerdings auch billiger haben können. cw


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