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Globale KlimakriseMilliardensummen fließen weiter in fossile Mega-Projekte

Teilnehmer der Aktion Fossil Free Berlin im Juni 2018 rufen die deutsche Bundesregierung zum Divestment auf
Gemeinsam die Erde schützen: Immer mehr Menschen fordern konkrete Richtlinien von der Finanzindustrie, Geld aus dem fossilen Sektor abzuziehen. (Foto: Willem Thomson/Fossil Free Berlin / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0)

Weltweit sind riesige fossile Energieprojekte geplant und werden von Banken kräftig finanziert. Allein zwölf der größten Vorhaben würden bei Umsetzung drei Viertel des CO2-Budgets ausmachen, das noch bleibt, um die globale Erwärmung zu begrenzen.

11.12.2020 – Pünktlich zum fünften Jahrestag der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens hat eine NGO-Allianz einen gemeinsamen Bericht veröffentlicht, der zwölf der größten klimaschädlichen Kohle-, Öl- und Gas-Projekte vorstellt, die derzeit geplant oder erweitert werden. Rund um den Globus unterstützen Banken mit Milliardenkrediten Unternehmen, die hinter einigen der klimaschädlichsten fossilen Energieprojekte stehen. Vorne mit dabei ist auch die Deutsche Bank.

Mit der neuen Studie Five Years Lost haben Umweltschutz- und Nichtregierungsinstitutionen die Finanzierung von zwölf internationalen Megavorhaben zur Gewinnung von Kohle, Erdöl und Erdgas untersucht. Sollten die zwölf Megaprojekte wie geplant umgesetzt werden, würden sie laut Studie rund 175 Gigatonnen zusätzliche CO2-Emissionen produzieren – das wären 75 Prozent des verbleibenden Kohlenstoffbudgets von 235 Gigatonnen, um die globale Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, heißt es im Bericht. Und bereits jetzt wird dieses Ziel von Klimaforschern in Frage gestellt.

Klimaschädlich um die ganze Welt

Von Australien über Asien, Afrika, Europa bis in die USA und Südamerika werden solche klimaschädlichen und umweltzerstörenden Megaprojekte unterstützt: Dazu zählen Chinas Kohlepipeline, Kohle und Gas im Payra Hub in Bangladesch, Indiens Kohleminen, Kohleexpansion in den Philippinen, Gasförderung in Mosambik, Öl- und Gasförderung in Surinam, Bohrungen im Permischen Becken in den USA, Öl- und Gasförderung in der argentinischen Region Vaca Muerta, Gasförderung im Rahmen des australischen Burrup Hub, Bohrungen für Öl und Gas in der norwegischen Barentssee, Öl- und Gasprojekte und Pipelinebau im östlichen Mittelmeerraum sowie Offshore-Bohrungen in Großbritannien.

Finanzierung fossiler Brennstoffe läuft fast ungebremst weiter

Seit Anfang 2016 haben laut Studie Finanzinstitute Kredite und Bürgschaften in Höhe von 1,6 Billionen US-Dollar vergeben sowie 1,1 Billionen US-Dollar in Anleihen und Aktien der 133 Unternehmen investiert, welche die zwölf fossilen Mega-Projekte vorantreiben. Zu den größten Unterstützern zählen nach wie vor die US-Finanzkonzerne wie Bank of America und J. P. Morgan Chase. Zu den europäischen Top-Investoren gehören die britische Barclays oder der Norwegische Staatliche Pensionsfonds mit 31,9 Milliarden US-Dollar, die Schweizer UBS und der britische Konzern Legal & General.

Deutsche Bank bis Sparkasse – deutsche Banken mischen mit

Die Deutsche Bank stelle Darlehen und Bürgschaften in Höhe von über 27 Milliarden Dollar bereit, und sei zudem mit Aktien und Anleihen der beteiligten Unternehmen in Höhe von 10,4 Milliarden Dollar beteiligt. „In allen Projekten sind Firmen dabei, die von der Deutschen Bank und anderen deutschen Finanzinstitutionen über Kredite, Bürgschaften und Investitionen unterstützt werden“, berichtet Katrin Ganswindt, Finanzexpertin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald, die an der Studie beteiligt war.

Über neun Milliarden Euro an Krediten stellte auch die Commerzbank bereit. Auch einige deutsche Landesbanken machen bei der klimaschädlichen Finanzierung mit, die DZ-Bank, die Zentralbank der Volks- und Raiffeisenbanken sowie der Sparkassen-Fondsanbieter Deka sind laut Studie mit Milliardeninvestments engagiert. Selbst die staatseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gibt nach Aussage der NGO-Allianz millionenschwere Darlehen und Bürgschaften.

Klimakiller Blackrock hält die Kontrolle

Die internationalen Finanzkonzerne halten dazu noch Aktien oder Anleihen im Wert von über 1.000 Milliarden Dollar an den beteiligten Unternehmen wie BP, ExxonMobil oder Total. Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock bleibt wichtigster Investor mit 110 Milliarden Dollar. Dabei hatte das Unternehmen erst vor kurzem angekündigt, sich von „Anlagen mit erheblichem Nachhaltigkeitsrisiko“ zu trennen. Auch der große Versicherer Allianz hält laut Studie Anleihen und Aktien der fossilen Projekt-Betreiber im Wert von mehr als 9,6 Milliarden Dollar; dabei hatte auch Allianz versprochen, sein Portfolio bis 2050 klimaneutral zu stellen.

Zerstörte Umwelt und gestrandete Werte

„Diese zwölf Fallstudien veranschaulichen das bedauerliche Versagen der Banken, auf die Dringlichkeit der Klimakrise zu reagieren“, kommentiert Lucie Pinson, Geschäftsführerin der an der Studie beteiligten NGO Reclaim Finance, die Ergebnisse. „Anstatt einen rigorosen Ansatz zu verfolgen, der einerseits die Expansion fossiler Brennstoffe verhindert und andererseits deren schrittweisen Ausstieg erleichtert, weigern sich die globalen Banken, mit dem fatalen Trend des ewigen Wachstums Schluss zu machen.“

Dabei werden nicht nur CO2-Emissionen,verursacht; die Umsetzung der Projekte bedeutet auch eine enorme Umweltzerstörung und Gesundheitsschäden, Menschenrechte werden verletzt und die Rechte Indigener Völker missachtet, deren Lebensgrundlagen zerstört werden. Das NGO-Bündnis fordert konkrete Richtlinien von der Finanzindustrie, Geld aus dem fossilen Sektor abzuziehen. Der Neu- und Ausbau von den im Bericht genannten Kohle Öl- und Gasprojekten dürfte nicht weiter ermöglicht werden.

Mit ihren Forderungen sind sie nicht allein. Denn die untersuchten Projekte werden zum größten Teil auch trotz lokalem Widerstand und zahlreicher Forderungen führender Wissenschaftler und Politiker nach einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen weiter vorangetrieben.

Five Years lost - verlorene Jahre

„Neue Kohle-, Öl- und Gas-Quellen zur erschließen, obwohl wir den Klimawandel bereits am eigenen Leibe erfahren, ist völlig verrückt“, findet denn auch Katrin Ganswindt, Finanz-Campaignerin bei urgewald. „Die vor fünf Jahren in Paris vereinbarten Reduzierung der CO2-Emissionen erscheinen so wie blanker Hohn.“ Zudem setzten sich die Finanzkonzerne dem Risiko eines enormen Werteverfalls ihrer Investitionen aus. Schließlich könne es auch passieren, dass die Förderung aus Klimaschutzgründen vorzeitig gestoppt werde. Dann hätten nicht nur die Projektbetreiber ein Problem, sondern auch ihre Finanziers.

„Die einzig vernünftige Entscheidung für solche Investoren ist es, ihr Portfolio klimaverträglich umzubauen und fossile Firmen sofort von der Finanzierung und dem Investment auszuschließen“, mahnt die Expertin. Die zwölf Fallstudien seien zwar keineswegs die einzigen Beispiele für eine ungehinderte Expansion fossiler Brennstoffe – sie sollten aber als „Lackmustest für die Branche“ angesehen werden. na


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