Menü öffnen

KlimaneutralitätNoch ist grüner Wasserstoff eine Nische

Luftaufnahme von Solarmodulen in einer Wüste
Eine Solaranlage nahe Keetmanshoop in Namibia: Immenses Potenzial für grüne Wasserstoffproduktion. (Bild: Hp.Baumeler, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Für klimaneutrales Wirtschaften braucht es deutlich mehr Anstrengungen. Weniger als ein Prozent der globalen Wasserstoffproduktion stammte 2021 aus Erneuerbaren Energien. Angesichts vieler neuer Projekte, sind Expert:innen aber zuversichtlich.

31.10.2022 – Grüner Wasserstoff gilt als künftiges Wundermittel für eine klimaneutrale Wirtschaft. Besonders die Industrie hat einen hohen und ständigen Energiebedarf, der mit Wasserstoff gestillt werden kann. Zudem kann Wasserstoff als Speicher fungieren und Gas im Stromsystem als Back-Up ersetzen. Die technischen Mittel für einen Einsatz sind bereits vorhanden und werden in der Praxis erprobt. Noch fehlt es aber an einem ausreichenden und funktionierendem globalen Wasserstoffmarkt, der die fossilen Brennstoffe vollständig ersetzen kann.

Zudem wird Wasserstoff aktuell nicht nur aus Erneuerbaren Energien gewonnen. Ganz im Gegenteil stammte laut der Internationalen Energieagentur (IEA) 2021 gerade einmal 0,6 Millionen Tonnen der Globalen Wasserstoffproduktion aus sogenannten „Low-emission“ – also Niedrigemissionsquellen. Die gesamte globale Produktion an Wasserstoff betrug im letzten Jahr 94 Millionen Tonnen. Für 62 Prozent des produzierten Wasserstoffs war dabei die Grundlage Gas, 19 Prozent Kohle und 18 Prozent Nebenprodukt von Raffinerieprozessen.

Und selbst die 0,6 Millionen Tonnen und damit weniger als ein Prozent der globalen Wasserstoffproduktion stammte nicht vollständig aus Erneuerbaren Energien. 0,7 Prozent wurde mithilfe fossiler Brennstoffe produziert, die durch die Abscheidung und Speicherung der Kohlenstoffe manchen als CO2-neutral gilt. Bezeichnet wird dies als blauer Wasserstoff. Die Speicherung der Kohlenstoffe ist jedoch mit Risiken verbunden. Zudem wird nur 90 Prozent des CO2 abgefangen. Für nur 0,04 Prozent des Wasserstoffs war die Basis elektrische Energie, die aber zum Teil auch mittels Kernenergie und nicht nur mit Erneuerbaren Energien erzeugt wurde. Die IEA klassifiziert Atomenergie ohnehin als Erneuerbare Energie, was zu Kritik führt.

Die Erzeugung von Wasserstoff mittels regenerativer Energie geht mit hohen Verlusten einher. Bei der dazugehörigen Elektrolyse gehen bis zu 40 Prozent der eingesetzten Energie verloren. Dazu kommen noch einmal weitere Verluste, um den Wasserstoff transportbereit zu machen. Bei der Verdichtung sind das bis zu 15 Prozent, bei der Verflüssigung bis zu 25 Prozent.

In Deutschland gehen die Überlegungen vor allem dorthin grünen Wasserstoff dann zu produzieren, wenn Wind- und Solarkraftanlagen wegen Überlastung der Netze eigentlich abgeschaltet werden müssten, in solchen Fällen aber weiterlaufen zur grünen Wasserstoffproduktion. Deutschland strebt die Installierung eigener Wasserstoffelektrolyseure von 5 Gigawattleistung bis 2030 an. In ganz Europa sollen bis dahin 40 GW an Elektrolyse-Kapazitäten entstehen.

Doch das wird gerade mal ein Prozent des Bedarfs decken, prognostizieren Forscher:innen des Kopernikus-Projekts Ariadne. Der zusätzliche Aufbau globaler Wasserstoffimporte nach Europa erscheint daher unvermeidlich. Und das vor allem von dort, wo viel Energie zur Verfügung steht. Als Testlauf bezeichnet die Bundesregierung Importe blauen Wasserstoffs aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Vergangenen Freitag verkündete das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), dass die erste Wasserstofflieferung aus den VAE Hamburg erreicht habe. In den kommenden Jahren strebe man mit den VAE gemeinsame Anstrengungen zum Aufbau von Wind- und Solarparks an, die den Import von grünem Wasserstoff ermöglichen, so das BMWK.

Es muss den Menschen vor Ort nützen

Mit Namibia wurde zuletzt eine weitere Kooperation für den künftigen Import von Wasserstoff vereinbart. Und dort soll die Wasserstoffwirtschaft von Anfang an grün sein und Ammoniak mittels Solar- und Windenergie hergestellt werden. Wind und Sonne sind in dem südwestafrikanischen Staat reichlich vorhanden. Zudem wird für die Elektrolyse viel Wasser benötigt, wofür zusätzliche Meerwasserentsalzungsanlagen geplant werden. Zivilgesellschaftliche Organisationen, wie die Stiftung Brot für die Welt mahnten in der Vergangenheit Nachhaltigkeitskriterien für grünen Wasserstoff aus dem Globalen Süden an und erarbeiteten zu dem Thema eine groß angelegte Studie. Es muss den Menschen vor Ort nützen und nicht schaden, sagte Joachim Fünfgelt, einer der Autoren der Studie.

Laut BMWK habe der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft das Potenzial für einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung für das Land. Während der Bauphase würden 15.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, im Betrieb würden 3.000 Arbeitskräfte benötigt. Namibia arbeite an der Ausbildung und Weiterbildung örtlicher Kräfte, die prioritär eingestellt werden sollen, teilte das BMWK weiter mit. Zudem würden die zusätzlichen Wind- und Solarstromkapazitäten nicht nur für den Wasserstoffexport, sondern auch für das heimische Stromsystem aufgebaut werden.

Die Internationale Energieagentur geht davon aus, dass mit all den Projekten, die aktuell in der Pipeline stehen, 2030 etwa 24 Millionen Tonnen „low-emission“-Wasserstoff produziert werden könne. Gegenüber den Erwartungen vom letzten Jahr ist das eine Steigerung von 40 Prozent. Für das Ziel einer klimaneutralen Wirtschaftsweise 2050, müsste die CO2-arme Wasserstoffproduktion 2030 einen jährlichen Output von 95 Millionen Tonnen erreichen. mg


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft