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WasserstoffNotwendig aber mit großen Unwägbarkeiten

Flugzeug im Landeanflug
Große Flugzeuge für den Fernreiseverkehr zu elektrifizieren wird schwierig. Hier müssten voraussichtlich E-Fuels oder Wasserstoff zum Einsatz kommen, um den Flugverkehr zu dekarbonisieren. (Bild: pixabay, Public Domain)

Für ein klimaneutrales Deutschland sehen Forscher:innen grünen Wasserstoff und E-Fuels als wichtige Bausteine. Doch die technologischen Herausforderungen sind groß und müssen angegangen werden. Aktuell gelte es die Elektrifizierung voranzutreiben.

18.11.2021 – Als „Raum der Unwägbarkeiten“ bezeichnen Fachleute des Kopernikus-Projekts Ariadne den technologischen Fortschritt und Verfügbarkeit von Wasserstoff und E-Fuels in der Zukunft. Forscher:innen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG und weitere zeigen in einer Untersuchung verschiedener wissenschaftlicher Szenarien Eckpunkte für eine anpassungsfähige Wasserstoffstrategie auf.

Demnach sei die Rolle von Wasserstoff und E-Fuels in den nächsten Jahren vor allem durch ihre geringe Verfügbarkeit begrenzt, da die Technologien noch an ihrem Anfang stehen. „Für die Politik ergibt sich daraus die besondere Herausforderung, trotz technischer Unwägbarkeiten zielführend zu navigieren“, so Falko Ueckerdt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Aktuell gebe es eine deutliche Dynamik bei der Entstehung und Ankündigung neuer Elektrolyse- oder E-Fuel-Projekte in Deutschland und der Europäischen Union.

Politischer Nachdruck erforderlich

Die historischen Wachstumsraten von Elektrolyse-Kapazitäten lagen demnach in der EU bis 2020 bei 22 Prozent pro Jahr. 2021 wird sich diese voraussichtlich auf 60 Prozent verdreifachen. Weiteres Wachstum ist wahrscheinlich. Doch zugleich gibt es für 80 Prozent der angekündigten Kapazitäten ab 2023 noch keine Investitionsentscheidung. Die Fachleute des Kopernikus-Projekts Ariadne mahnen den Markthochlauf von Wasserstoff bereits heute mit großem politischem Nachdruck zu verfolgen.

Selbst wenn das europäische Ausbauziel von 40 Gigawatt an Elektrolyse-Kapazitäten bis 2030 erreicht wird, könnte dann nur etwa ein Prozent der Energienachfrage in der EU mit heimischem grünem Wasserstoff gedeckt werden, so die Forscher:innen. Daher rechnen die politisch Verantwortlichen zusätzlich mit Wasserstoffimporten, für die jedoch strenge Kriterien gelten und etwa Klimaschutzbemühungen in den exportierenden Ländern nicht konterkarieren sollten.

Auch über den möglichen Anteil von Wasserstoff und E-Fuels in einem klimaneutralen Deutschland bestehen laut den Fachleuten vpm Kopernikus-Projekt Ariadne große Unsicherheiten. Zwischen 10 und 35 Prozent schätzen sie deren Anteil 2045. „In den nächsten Jahren wird sich zunehmend herauskristallisieren, welche Wasserstoffkosten und -mengen realisierbar sind und inwieweit der Wasserstoffeinsatz nach einem ambitionierten und fokussierten Start schrittweise verbreitert werden kann“, sagt Benjamin Pfluger von der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG.

Dekade der Elektrifizierung

Zunächst sollten Wasserstoff und E-Fuels aber nur dort eingesetzt werden, wo es keine Alternativen durch eine direkte Elektrifizierung gebe – wie Wasserstoff für die Industrie, etwa bei der Stahlproduktion, oder E-Fuels im Flug- und Schiffsverkehr. Um Klimaneutralität 2045 zu erreichen, sollte jetzt eine „Dekade der Elektrifizierung“ angestrebt werden, fordern die Forscher:innen. Batterieelektrische Fahrzeuge sollten bis 2030 die Pkw-Neuzulassungen dominieren und im Gebäudesektor etwa fünf Millionen Wärmepumpen installiert werden. Damit der dafür benötigte Strom auch grün ist, müssten die Kapazitäten Erneuerbarer Energien mindestens verdreifacht werden.

Damit der Wasserstoff ebenfalls grün ist, werden dafür ebenfalls regenerative Energiekapazitäten benötigt. Als Zwischenlösung erwägen die Forscher:innen des Kopernikus-Projekts Ariadne auch sogenannten blauen Wasserstoff aus Erdgas mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS). Diese Zwischenlösung müsse jedoch klar reguliert werden und der gesamte Prozess mit steigenden CO2-Preisen begleitet werden, sodass deren Einsatz gegenüber Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien zunehmend unrentabler wird. Ohnehin sei ein stark steigender CO2-Preis, neben technischem Fortschritt und staatlicher Förderung, unumgänglich für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff. Allein auf Basis eines Preises von 100 bis 200 Euro pro Tonne CO2 sei keine Wettbewerbsfähigkeit von Wasserstoff zu erwarten. mf


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