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Global Oil and Gas Exit ListÖl- und Gasunternehmen expandieren weiter

LNG-Schiff
Die Öl- und Gasindustrie expandiert weiter. Besonders viele Unternehmen setzen auf Flüssiggas (Bild: Roy Kim / pexels).

Die Öl- und Gasindustrie bleibt trotz Klimakrise auf Wachstumskurs. Die Global Oil and Gas Exit List 2023 zeigt, dass die fossilen Unternehmen planen, Öl- und Gasmengen zu fördern, die die Klimaziele unerreichbar werden lassen.

21.11.2023 – Die Global Oil and Gas Exit List der deutschen NGO urgewald bietet umfassende Daten zu den Wirtschaftsaktivitäten der Öl- und Gasindustrie. Die Analyse zeigt: Die fossilen Unternehmen bleiben auf Expansionskurs. Besonders investiert wird in den Ausbau von LNG-Kapazitäten.

„Das Ausmaß dieser fossilen Expansionspläne ist erschreckend. Um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten, ist ein schneller, kontrollierter Rückgang der Öl- und Gasproduktion essenziell“, kommentiert Nils Bartsch, Leiter der Öl- und Gas-Recherche bei urgewald im Medienbriefing. „Stattdessen sorgt die Industrie dafür, dass sich die Klimakrise immer weiter zuspitzt.“

Fossile expandieren

Nahezu zwei Drittel der Unternehmen aus der Liste planen LNG-Terminals, Gaskraftwerke oder Pipelines. Etwas weniger als die Hälfte erschließen derzeit aktiv neue Öl- oder Gasfelder. Das sind fast alle der 700 Förderunternehmen auf der Liste.

Investitionen der Öl- und Gasindustrie sind seit 2021 nicht etwa gesunken, sondern jährlich um etwa ein Drittel gestiegen. Allein für die Suche nach neuen Öl- oder Gasfeldern gaben die analysierten Unternehmen seit dem ersten GOGEL-Report 2021 rund 170,4 Milliarden US-Dollar aus.

Die Internationale Energieagentur (IEA) stellte vor drei Jahren bereits fest, dass keine neuen fossilen Projekte mehr genehmigt und erschlossen werden dürfen, wenn das Pariser Klimaziel erreichbar bleiben soll. Die Expansionspläne fossiler Energieunternehmen stehen in direktem Widerspruch zu allen Bestrebungen, Emissionen zu reduzieren und die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Fossile expandieren im Globalen Süden

Besonders aktiv expandieren einige der größten fossilen Energieunternehmen. Saudi Aramco, QatarEnergy, Gazprom, Petrobras, ADNOC, TotalEnergies und ExxonMobil teilen rund ein Drittel der kurzfristigen Öl- und Gasprojekte unter sich auf. TotalEnergies erkundet Vorkommen in über 50 Ländern, besonders in Afrika.

„Öl- und Gasunternehmen wie TotalEnergies, Shell und ihre lokalen Partner geben Milliarden Dollar aus, um afrikanische Länder in eine fossile Gaszukunft zu treiben. Gas ist keine sinnvolle Option für Afrika. Es ist schmutzig, teuer und die meisten neuen Projekte brauchen 5 bis 7 Jahre, bevor sie überhaupt einen Beitrag zur Energiesicherheit leisten können“, kommentiert Leanne Govindsamy von der südafrikanischen NGO Centre for Environmental Rights. „Was wir brauchen, ist ein gerechter Übergang zu bezahlbarer und erneuerbarer Energie für alle.“

Deutschland liegt bei LNG-Ausbau gleich hinter China

Weltweit werden LNG-Transportkapazitäten massiv ausgebaut. Fossilunternehmen planen, Export- und Importkapazitäten um mehr als das 2,5-fache zu steigern. Weltweit führt China den Ausbau an, gefolgt von Deutschland, das in Europa auf Platz eins liegt.

Vor der Energiekrise hatte Deutschland keine eigenen LNG-Terminals. Um ausbleibende Gaslieferungen aus Russland auszugleichen, werden nun im Rekordtempo Terminals an fünf Standorten gebaut – Brunsbüttel, Stade, Rügen, Wilhelmshaven und Rostock.

Der Ausbau ist umstritten und wurde von NGOs heftig kritisiert. Verschiedene Gutachten wiesen darauf hin, dass hier eine Überkapazität an fossiler Infrastruktur aufgebaut wird. Diese verwandle sich im besseren Fall zeitnah in ein Stranded Asset, im schlimmeren Fall verzögere sie ein Umstellen auf klimaneutrale Energielösungen weiter. Hinzu kommt, dass Europa und Deutschland so – durch die Hintertür – weiter auch russisches Gas kaufen.

Fossile Industrie in Daten fassen

Die Global Oil and Gas Exit List (GOGEL) ist nach Angaben der NGO urgewald die umfangreichste öffentliche Datenbank zur Öl- und Gasindustrie. Untersucht werden die Aktivitäten von 1.623 Unternehmen, die zusammen für rund 95 Prozent der globalen Öl- und Gasproduktion verantwortlich sind. Urgewald veröffentlichte GOGEL gemeinsam mit über 50 weiteren Organisationen erstmals vor zwei Jahren. Im Vorfeld der anstehenden COP 2023 wurde sie nun zum zweiten Mal aktualisiert.

Die aufbereiteten Daten sollen es insbesondere dem Finanzsektor erleichtern, Finanzströme der Fossilindustrie bewusst zu beschränken. Speziell herausgestellt werden deshalb Projekte, die die Grenzen des Netto-Null-Emissions-Szenarios der Internationalen Energieagentur sprengen sowie solche, die gewaltsame Konflikte verschärfen.

Die Liste wird bereits von 234 Finanzinstituten genutzt. Internationale Banken finanzieren die fossile Expansion bisher jedoch ungebremst mit Milliardensummen. Ein nachhaltiges Energiesystem fördern sie nur in seltenen Fällen aktiv. Das muss sich ändern, fordert Regine Richter, Energie- und Finanz-Campaignerin bei urgewald. „Geldgeber und Investoren müssen erkennen, dass sich diese Industrie nicht freiwillig verändern wird. Private und öffentliche Finanzinstitutionen, Versicherer, Aufsichtsbehörden und Zentralbanken müssen der fossilen Expansion den finanziellen Boden entziehen.“

Das fossile Zwillingsrechercheprojekt Global Coal Exit List, die urgewald bereits seit mehreren Jahren erstellt, wird seit Kurzem auch von MSCI genutzt, einem führenden Anbieter von ESG- und Klimadaten sowie Analysetools für die Finanzbranche. jb


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